In zwei wissenschaftlichen Heimaten
Elf Fragen an Jun.-Prof. Dr. Henriette Dausend, die seit April 2014 Inhaberin der Juniorprofessur Grundschuldidaktik Englisch ist
Jun.-Prof. Dr. Henriette Dausend (31) ist seit April 2014 Inhaberin der Juniorprofessur Grundschuldidaktik Englisch am Zentrum für Lehrerbildung. In elf Antworten gibt sie den Lesern von „Uni aktuell“ Einblicke in ihren Werdegang, ihre Ziele und ihre Zeit in Chemnitz.
Was versteht man eigentlich unter Ihrem Fachgebiet Grundschuldidaktik Englisch?
Die Grundschuldidaktik Englisch beschäftigt sich in Forschung und Lehre mit der Frage, wie ein guter Englischunterricht im Bereich der Grundschule zu gestalten ist. In Forschungsprojekten wird hinterfragt, wie Schülerinnen und Schüler Sprachen erlernen und – im Umkehrschluss – wie Lehrer ihren Unterricht bestmöglich gestalten können. Die Studierenden und angehenden Englischlehrkräfte reflektieren diese Ergebnisse aus der Forschung in Seminaren und planen einen lerner- und handlungsorientierten Englischunterricht.
Die TU Chemnitz ist für mich als Juniorprofessorin die richtige Wahl, weil…
…ich zwei wissenschaftliche Heimaten erhalten habe. Zum einen bietet sich mir im neugegründeten Zentrum für Lehrerbildung die Chance, über die Grenzen meines Faches hinaus gemeinsam mit den Didaktiken der anderen Fächer zu arbeiten. Zum anderen ist es die herzliche Aufnahme im Institut für Anglistik/Amerikanistik, welche mir eine Forschung und Lehre im Bereich meines Faches Englisch ermöglicht. Darüber hinaus besteht auch außerhalb der Universität eine enorme Freude über die Rückkehr des Lehramtsstudiums nach Chemnitz, so dass sich viele Projektmöglichkeiten mit Außenstehenden, wie der Neuen Sächsischen Galerie, dem Schlingel Filmfestival sowie Schulen, Fachleitern und Lehrkräften aus der Region anbieten.
Stellen Sie uns kurz Ihre akademische Laufbahn vor.
Nach dem Studium habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich der Didaktik der englischen Sprache und Literatur an der Universität in Vechta geforscht und gelehrt. Während dieser Zeit entwickelte sich die Forschungsfrage meiner Dissertation, wie ein Englischunterricht gestaltet werden könnte, welcher Inhalten sowie den Herkunftssprachen der Lerner mehr Platz einräumt. Nach Studienaufenthalten in Istanbul und Edinburgh habe ich die Promotion während meiner dreijährigen Tätigkeit am Lehrstuhl von Professorin Daniela Elsner an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main zu Ende bringen und vor meinem Start in Chemnitz im Februar 2014 publizieren können.
Beschreiben Sie Ihre Studienzeit in maximal 15 Worten.
Gut, spannend, bunt, kurzweilig, erklärend, fragend, textlich, befreiend, frischluftig, verrückt, prägend, verspielt, unbedingt notwendig!
Hatten Sie während Ihrer Studienzeit Vorbilder, die Sie zur wissenschaftlichen Karriere ermutigt haben?
Einen ganz wunderbaren Professor, der uns in seinen Seminaren mit wissenschaftlichen Fragestellungen überfordert hat. Diese Überforderung hat bewirkt, dass ich unglaublich viele Fragen entwickelt habe, die ich immer noch mit mir trage, erweitern konnte und hoffe – wenigstens in Ansätzen – beantworten zu können.
Was geben Sie jungen Studierenden und Absolventen mit auf den Weg?
In dem Modul-, Noten- und Leistungszirkel öfter mal anhalten, sich umschauen, durchatmen und weitergehen: Der Weg ist das Ziel!
Was möchten Sie künftig in der Lehre erreichen?
Die Studierenden zu reflektierten Lehrkräften befähigen, welche einen kompetenzorientierten und inhaltlich ansprechenden Unterricht gestalten. Sie sollen lernen, sich wissenschaftliche Erkenntnisse zu besorgen, diese vor ihrem Lehr-Lernkontext zu hinterfragen und in einen Unterricht umsetzen, welcher die Bedürfnisse der Lerner aufgreift.
Welche Impulse setzen Sie in der Forschung an der TU Chemnitz?
Aktuell sind drei Forschungsprojekte an der Professur verankert: Im Projekt "BILI 2015" werden die Vorteile des bilingualen Lernens in der Grundschule in einer longitudinalen Studie seit 2010 erforscht. Dieses Projekt bietet Impulse für die bilingual unterrichtenden Schulen in Sachsen. Im Rahmen des im Frühjahr gestarteten Forschungsprojektes "meLT - mehrperspektivisches Lernen mit Tablets" werden die Chancen eines Einsatzes von Tablets unter anderem im Englischunterricht der Grundschule erprobt. Im Kontext der Fragestellung "Auf welche Weise können durch Tablets im Englischunterricht sprachproduktive und handlungsorientierte Kompetenzen erweitert werden?" werden Lehrkräfte im Umgang mit Tablets geschult, Unterricht geplant, durchgeführt und mittels Videografie, Befragungen und Lernstandtests. Im Projekt "Fundament Mehrsprachiger Unterricht" werden die Einstellungen von Schülern mit Migrationshintergrund zum Einbringen ihrer Herkunftssprachen in den Englischunterricht hinterfragt. An der TU Chemnitz bietet sich die Chance, erste Ergebnisse in die Unterrichtspraxis fließen zu lassen. Des Weiteren sind kleinere Projekte mit Kollegen des Zentrums für Lehrerbildung sowie dem Institut Anglistik/Amerikanistik in Planung, vor allem im Bereich des handlungsorientierten und verbindenden Unterrichts.
Es gibt rund 45.000 Professoren an deutschen Hochschulen. Was hebt Sie ab?
Was mich auszeichnet? Die Fokussierung auf wissenschaftliche Fragen in Zeiten der Effizienzsteigerung der Wissenschaft; die Demut gegenüber meines Jobs, welcher immer noch ein Privileg für mich darstellt; die Muße nicht jede Hürde persönlich zu nehmen, sondern sportlich zu sehen; meine unbändige Lust, Fragen zu stellen und den Antworten hinterher zu laufen.
Welchen Ort in Chemnitz zeigen Sie Gästen am liebsten?
Den Sonnenberg, denn seinen schlechten Ruf ist das Viertel dank junger engagierter Menschen, leckerem veganen Essen, gemütlichen Cafés und einem tollen Friseur bald nicht mehr wert.
Wie bringen Sie sich ins Leben der Stadt ein?
Als Rezipient von Lesungen, Museen und Schauspiel, Restaurants und Cafés; in der Unterstützung des Schlingel-Filmfestivals; in der Planung eines mehrsprachigen Jugendmuseums; in Projekten mit Schulen und Lehrkräften.
Weitere Informationen zur Professur: https://www.tu-chemnitz.de/zlb/professuren/gsd_englisch/grundschuldidaktik_englisch.php
Katharina Thehos
10.11.2014