Ein preisgekrönter Meilenstein mit Chemnitzer Wurzeln
Zwei Forscher erhalten am 27. November 2014 den Max-Planck-Forschungspreis, darunter Prof. Dr. Jörg Wrachtrup, der sich 1998 am Institut für Physik der TU Chemnitz habilitierte
"Als ich erfuhr, dass Professor Jörg Wrachtrup von der Universität Stuttgart und Fellow des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in diesem Jahr den Max-Planck-Forschungspreis erhält, habe ich mich natürlich gleich an unsere gemeinsame Zeit in Chemnitz erinnert", sagt Prof. Dr. Christian von Borczyskowski, der an der TU Chemnitz die Professur Optische Spektroskopie und Molekülphysik leitete. Wrachtrup forschte nach seiner Promotion an der FU Berlin vier Jahre an dieser Professur und habilitierte sich 1998 am Institut für Physik der TU Chemnitz mit einer Arbeit über Optische Spektroskopie an einzelnen Quantensystemen im Festkörper. Während dieser Zeit wurden die wissenschaftlichen Grundlagen für die Auszeichnung an der Chemnitzer Professur gemeinsam mit Prof. von Borczyskowski gelegt und unter anderem in den führenden wissenschaftlichen Zeitschriften "Nature" und "Science" veröffentlicht.
Der Max-Planck-Forschungspreis ist einer der höchstdotierten Wissenschaftspreise in Deutschland und wird seit 2004 jährlich an zwei Forscher vergeben. Die Preisträger erhalten jeweils 750.000 Euro für ihre Forschung und Kooperationen mit deutschen und ausländischen Wissenschaftlern. Die Preisverleihung findet am 27. November 2014 in Berlin statt. Die Ausschreibung erfolgt in jährlichem Wechsel für spezielle Teilgebiete der Natur- und Ingenieurwissenschaften, der Lebenswissenschaften bzw. der Geistes- und Sozialwissenschaften. Mit ihrem gemeinsamen Forschungspreis verfolgen Max-Planck-Gesellschaft und Alexander von Humboldt-Stiftung das Ziel, insbesondere jenen Fachgebieten Impulse zu geben, die in Deutschland noch nicht etabliert sind oder weiter ausgebaut werden sollten.
Wrachtrup erhält die Auszeichnung, da er ein völlig neuartiges und sehr erfolgreiches Forschungsgebiet an der Schnittstelle zwischen Festkörperphysik und Quantenoptik erschlossen hat. Ihm gelang es erstmals, die Orientierung eines einzelnen Spins in einem Diamanten auszulesen und zu schalten. Die einzelnen Spins befinden sich im Diamanten dort, wo ein Stickstoff- statt eines Kohlenstoffatoms in dessen Kristallgitter eingebaut ist. Der Spin eines solchen NV-Zentrums – kurz für Nitrogen-Vacancy- oder Stickstoff-Leerstellen-Zentrum – reagiert sehr empfindlich auf andere Spins in seiner Umgebung. Diese NV-Zentren zeichnen sich durch eine außergewöhnliche Fotostabilität aus. Wrachtrup erkannte als erster Wissenschaftler die Bedeutung dieser NV-Zentren für die Quanteninformationstechnologie und die Messtechnik. Das damit von ihm wesentlich begründete Forschungsfeld strahlt jedoch weit über die Festkörperphysik und die Quantenoptik hinaus bis in die Material- und Lebenswissenschaften hinein. Wrachtrups 50-köpfiges Team arbeitet aktuell daran, einen nanoskopischen Kernspintomografen für einzelne Zellen zu entwickeln – so wie inzwischen manch andere Forschungsgruppe in der Welt. Der sensible Kern dieses Kernspintomografen wird der einzelne Spin eines Diamanten sein. Diese Quantensensoren könnten vollkommen neue Einblicke in Materialien auf der Nanometerskala ermöglichen. Die Spins der NV-Zentren eignen sich auch als kleinste Recheneinheit eines Quantencomputers.
Übrigens: 2012 wurde Wrachtrup für seine Forschungsleistungen mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis geehrt. Die mit 2,5 Millionen Euro dotierte Auszeichnung gilt als der bedeutendste Forschungspreis in Deutschland und wird auch als "deutscher Nobelpreis" gehandelt. Er ist auch Preisträger des „ERC Advanced Investigator Grant“ des Europäischen Forschungsrats.
Weitere Informationen zum Max-Planck-Forschungspreis: http://www.mpg.de/mpForschungspreis
Mario Steinebach
14.11.2014