Von der Faserherstellung bis zum fertigen Produkt
Elf Fragen an Prof. Dr. Holger Cebulla, der seit Mai 2014 Inhaber der Professur Textile Technologien ist
Prof. Dr. Holger Cebulla (42) ist seit Mai 2014 Inhaber der Professur Textile Technologien an der Fakultät für Maschinenbau. In elf Antworten gibt er den Lesern von „Uni aktuell“ Einblicke in seinen Werdegang, seine Ziele und seine Zeit in Chemnitz.
Was versteht man eigentlich unter textilen Technologien?
Die textilen Technologien beinhalten alles, was mit textilen Materialien oder Verfahren zu tun hat, das heißt von der Faserherstellung bis zum fertigen Produkt. Das Spektrum der Materialien reicht dabei von Naturfasern wie Baumwolle über Metalle bis hin zu Hightech-Materialien wie Keramik oder Karbon. Die Endprodukte können klassische Bekleidungsstücke, Medizinprodukte, vor allem aber Hochleistungstextilien für Beton-, Metall- oder Kunststoffverbunde sein. Ein weiterer Bestandteil der textilen Technologien sind die Maschinen zur Herstellung von Textilien.
Die TU Chemnitz ist für mich als Professor die richtige Wahl, weil...
…es das beste existierende Arbeitsumfeld für einen Textilforscher bietet. Die Professur ist am größten Institut für Strukturleichtbau in Deutschland angesiedelt und dort für die Herstellung der Verstärkungsstrukturen verantwortlich. Des Weiteren ist die Professur für Sportgerätetechnik am Institut beheimatet, die wiederum die textilen Hochleistungsmaterialien in den Sportartikeln und -geräten einsetzt. Ergänzt wird dieses Umfeld durch die beiden Chemnitzer Textilinstitute Cetex und STFI. Fasst man die Manpower in Zahlen zusammen, so sind dies über 400 Wissenschaftler, die sich mit Textil- bzw. Leichtbauthemen befassen – eine Einmaligkeit in Europa.
Stellen Sie uns kurz Ihre akademische Laufbahn vor.
Studium des Maschinenbaus und der Textiltechnik in Heidenheim und Dresden. Promotion an der TU Dresden bei den Koryphäen Prof. Peter Offermann und Prof. Karl-Heinz Modler. Diese Arbeit wurde unter anderem mit dem Innovationspreis der Techtextil sowie dem Förderpreis des Deutschen Textilmaschinenbaus (VDMA) für Dissertationen ausgezeichnet. Während dieser Zeit entstanden 30 Veröffentlichungen. Es folgten über zehn Jahre globale Industrietätigkeiten in verschiedenen leitenden Positionen.
Beschreiben Sie Ihre Studienzeit in maximal 15 Worten.
Lernen, Lernen, Lernen, Schlafmangel, weltweite Tagungen, Partys, katholische Studentengemeinde, Jahrhunderthochwasser, Philharmonie, Semperoper, Kunstmuseen, Elbufer
Hatten Sie während Ihrer Studienzeit Vorbilder, die Sie zur wissenschaftlichen Karriere ermutigt haben?
Ich hatte vier sehr gute Professoren, die mich inspirierten, förderten und forderten.
Was geben Sie jungen Studierenden und Absolventen mit auf den Weg?
Die unendlichen Möglichkeiten einer Universität zu nutzen, um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und so ein breites Spektrum an Kompetenzen zu erwerben. Egal, ob es in anderen Studiengängen, in der Mensa, im außeruniversitären studentischen Leben oder bei der Weltreise mit dem Rucksack ist.
Was möchten Sie künftig in der Lehre erreichen?
Dass es für jeden Maschinenbaustudenten selbstverständlich ist, die Textile Vorlesung zu besuchen und textiles Know-how zu haben.
Welche Impulse setzen Sie in der Forschung an der TU Chemnitz?
Durch die Wiederbelebung des ältesten Textillehrstuhls Deutschlands (von 1995 bis 2014 geschlossen) an der Universität ergänzen wir die Hochschullandschaft durch die textile Kompetenz, die heute in vielen Fachdisziplinen benötigt wird. Unser Fokus liegt dabei auf der Entwicklung neuer hochproduktiver textiler Verfahren für Faserkunststoffverbunde, die die Anforderungen seitens der Industrie erfüllen.
Es gibt rund 45.000 Professoren an deutschen Hochschulen. Was hebt Sie ab?
Nichts – ich hoffe, dass jeder dieser 45.000 Professoren ein Spezialist in seinem Gebiet ist und die Motivation aufweist, die Forschung voran zu bringen und dieses Wissen an die Studenten weiter zu geben.
Welchen Ort in Chemnitz zeigen Sie Gästen am liebsten?
Die Villa Esche aus dem Jahr 1903 vom damaligen Stararchitekten Henry van de Velde. Sie stellt für mich das Bindeglied zwischen der textilen Vergangenheit des sächsischen Manchesters-Chemnitz und heute sowie das Bindeglied zwischen Industrie und der Kunst dar. So sollte es auch heute vermehrt wieder sein.
Wie bringen Sie sich ins Leben der Stadt ein?
Ich versuche, die Leute dafür zu sensibilisieren, dass sie nicht in irgendeiner Stadt wohnen, sondern in der Textilhauptstadt Europas. Um 1910 war Chemnitz die zweitreichste Stadt Deutschlands dank der Textilindustrie und in der Folge davon des Maschinenbaus.
Weitere Informationen zur Professur: https://www.tu-chemnitz.de/mb/tt/
Katharina Thehos
11.02.2015