Feuchtfröhliches Gautschfest auf der Gutenbergwiese
Anno Domini 2016, am 21. Tage im Juni: Institut für Print- und Medientechnik pfleget uralten Brauch und nahm Kornuten in die Druckerzunft auf
"Pakket an! Lasst seinen Corpus posteriorum fallen auf diesen nassen Schwamm, bis triefen beide Ballen. Der durstgen Seel´ ein Sturzbad gebet obendrauff! Das ist dem Jünger Gutenbergs die allerbeste Tauff!" - so schallte es am 21. Juni 2016 wieder auf der "Gutenbergwiese" hinter dem Institut für Print- und Medientechnik der Technischen Universität Chemnitz an der Reichenhainer Straße 70. Gemäß dem bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Brauch der Buchdrucker wurden auch auf dem Uni-Campus fünf ausgewählte Auszubildende, Studierende und Mitarbeiter mit einer feierlichen Wassertaufe in den Kreis der Jünger Gutenbergs aufgenommen.
Die sogenannte Kornuten (Anwärter) wurden vom Gautschmeister Martin Mellendorf aufgerufen und anschließend von den Packern in einen mit Wasser gefüllten Büttenfass mit Haut und Haar getaucht. Nach der Wassertaufe wurde den Gäutschlingen ein übler Trank, dessen Rezept geheim ist, eingeflößt. Den Abschluss des feuchtfröhlichen Rituals bildete die Übergabe des schmucken Gautschbriefes an die von allen beruflichen Unarten befreiten Schwarzkünstler.
Das Wort "Gautschen" stammt übrigens aus der Papierherstellung. Wenn das Papier frisch geschöpft ist, wird der feuchte Papierbogen vom Sieb auf eine Filzunterlage abgelegt. In früheren Jahrhunderten hatten die Drucker einen sehr engen Kontakt mit der Geisteswelt der Akademiker und Studenten. So kam es, dass dadurch Bräuche entstanden, wie sie damals von den Studenten einmal im Jahr gefeiert wurden. So wie bei den Zimmerleuten ein Richtfest abgehalten wird, so erhalten die Schriftsetzer und Drucker nach Abschluss ihrer Ausbildung die Wassertaufe - also das Gautschen. Das Gautschfest wurde und wird auch an der TU Chemnitz als Zeremonie für die Aufnahme der Auszubildenden, Studierenden und Mitarbeiter des Instituts für Print- und Medientechnik in den Kollegenkreis abgehalten. Das erste Gautschfest fand übrigens am 25. Juni 1978 anlässlich eines Gartenfestes der Polygraphen statt.
Mario Steinebach
22.06.2016