„Ultraschalltechnik hat noch viel Potenzial“
Matthias Ahnert gründete bereits während des Diplomstudiums sein erstes Unternehmen – Heute führt der Informationstechniker zwei erfolgreiche Firmen in Chemnitz
Beamer, Mikrophon, die Live-Übertragung der Physik-Weihnachtsvorlesung in das Foyer der des Hörsaalgebäudes – hinter der Mediensteuerung steckt immer jemand, der sie eingerichtet hat. Im Falle des Zentralen Hörsaalgebäudes der Technischen Universität Chemnitz oder des modernen Projekthauses „MeTeOr“ („Mensch – Technik – Organisation“) in der Erfenschlager Straße ist es ein Alumnus der TU Chemnitz. Denn Matthias Ahnert ist dem Standort Chemnitz treu geblieben. Im Jahr des Mauerfalls, 1989, erhielt er nach drei Berufsjahren sein Abiturzeugnis. „Das ist eine Kombination, die in der DDR typisch war, es aber heute so nicht mehr gibt. Statt an einem klassischen Gymnasium habe ich das Abitur und die Berufsausbildung gleichzeitig gemacht“, erzählt der Informationstechniker. Nach verkürzter Armeezeit bei der NVA immatrikulierte er sich 1990 an der Technischen Universität Chemnitz. Heute leitet er als Geschäftsführer zwei Chemnitzer Unternehmen.
Über einen Austausch der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik studierte Ahnert ein Semester in England, genauer gesagt in Hatfield nördlich von London. „Fachlich hat es mir nichts gebracht. An der britischen Uni haben wir im Prinzip nur wiederholt, was ich schon aus dem vorigen Semester in der Heimat kannte. Ich konnte viel mehr die Sprache verbessern und Land und Leute kennenlernen“, erinnert sich Ahnert. Zurück aus England begann für Matthias Ahnert das, was er heute die „Grundlage“ seiner späteren Unternehmensbildungen nennt. „Ich wollte mein Studium selber finanzieren und nicht meinen Eltern auf der Tasche liegen. Deshalb habe ich einen Job gesucht.“ In einer Tageszeitung stieß der junge Student auf eine Anzeige der TKI GmbH. Das Chemnitzer Ingenieurbüro suchte eigentlich ausgebildete Planungsingenieure. Obwohl Ahnert sein Studium bei weitem noch nicht abgeschlossen hatte, bewarb er sich mit einem Kommilitonen und sie erhielten einen Nebenjob. Die Beiden bekamen zunächst Hilfsaufgaben wie Pläne kopieren und Botengänge, „nichts wirklich Aufregendes“. Aber recht bald kamen verantwortungsvolle Aufträge hinzu mit eigenen Planungen und Projekten.
In Ultraschall investieren – Reinigungssysteme für Medizintechnik und Industrie
1996 kam Matthias Ahnerts Chef, Dr. Wolf Unger, auf ihn zu. „Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, in einem bestimmten Bereich selbständig zu werden.“ Dies geschah zu einem Zeitpunkt, an dem die TKI viele Aufträge durch Unternehmen wie der Telekom erhielt und am Aufbau des Netzes in Ostdeutschland half. Die neuen Bundesländer hingen in Deutschland hinterher, weshalb der Nachholbedarf und das Auftragsvolumen bis Mitte der 1990er Jahre in diesem Bereich groß waren. Allerdings zeichnete sich ab, dass der Ausbau zu Ende ging und die Aufträge zurückgeschraubt wurden. Deshalb sollte Matthias Ahnert mit Unterstützung eine eigene Firma gründen und die betroffenen Mitarbeiter aus der TKI GmbH übernehmen. Dabei hat Ahnert noch nicht einmal seine Diplomarbeit begonnen. „Das war eine Chance, die mein Leben entschieden hat“, sagt Ahnert heute.
Mit Startkapital der TKI und einigen wenigen Mitarbeitern gründete der Student 1996 sein erstes Unternehmen, die Diplomarbeit schrieb der Geschäftsführer neben der Arbeit. Die Syskom GmbH trieb als Kommunikationsdienstleister die Errichtung von Datennetzen mit Kupfer- und Glasfaserkabeln voran. So errichtete das Unternehmen einen Großteil des Glasfasernetzes der Chemnitzer Stadtwerke und heutigen eins energie in sachsen. Kurz nach der Jahrtausendwende eröffnete Syskom für einige Jahre eine weitere Niederlassung in Berlin, um an der Einrichtung der neuen Regierungs- und Parlamentsgebäude mitzuarbeiten. „20 Jahre nach Gründung sind wir nun ein gestandenes Unternehmen mit über 60 Mitarbeitern, welches in unserem Markt bekannt ist“, so Ahnert.
2001 hat der Unternehmer seine Netze weiter ausgeworfen, als ein Insolvenzverwalter ihn auf eine interessante Produktionsfirma aufmerksam machte. Die Firma war im Bereich der Ultraschallreinigung tätig; ein Feld, welches mit Ahnerts Kommunikationsdienstleistung wenig zu tun hatte. Aber die anspruchsvolle Ultraschalltechnik weckte schnell sein Interesse. Der Informationstechniker war begeistert und sah Potenzial. Er gründete die Firma DeSonic. „Der Erfolg von DeSonic macht mich stolz, denn wir fertigen und programmieren die Ultraschallanlagen komplett selber. In den neuen Bundesländern sind wir zudem das einzige Unternehmen in diesem Bereich“, sagt der 47-Jährige. Die von DeSonic verkauften Ultraschallanlagen reinigen Gegenstände mit Hilfe von schnellen Schallfrequenzen bis auf die kleinsten Partikel. Deshalb finden sich ihre Abnehmer vor allem in der Medizintechnik, in der Prothesen und chirurgische Instrumente vor Einsatz im Körper von allen Unreinheiten beseitigt werden müssen. In der Automobilindustrie wird jedes Bauteil im Getriebe nach der Herstellung von Spänen und Dreck gereinigt, damit das Öl sauber bleibt. „Bei der Herstellung von Autos wird mittlerweile fast jedes Teil ultraschallgereinigt, auch die Knöpfe und Armaturen mit ihren Bedruckungen und beleuchteten Symbolen“, erklärt Ahnert. Auch der internationale Optikkonzern Carl Zeiss aus Jena bestellt seine Reinigungsanlagen beim Chemnitzer Hersteller.
Der Versuch, die DDR Polylux-Lichtprojektoren zu retten
2002 versuchte Matthias Ahnert die Marke „Polylux“ zu retten. In der DDR stellte die Firma Polytechnik die Lichtprojektoren her, welche jeder aus dem Schulzimmer, Hörsaal oder Konferenzraum kennt. Ahnert übernimmt die Angestellten zu DeSonic. Er versuchte die Marke zu erhalten und die Produktion fortzusetzen, allerdings ohne Erfolg. „Die Produktion war zu teuer, allein die Materialkosten haben sich nicht gelohnt, da in Asien billiger produziert wird.“ Zudem setzten sich digitale Techniken wie Beamer und interaktive Whiteboards immer mehr durch.
An die TU Chemnitz verschlägt es Matthias Ahnert heute nur noch, wenn seine Firma Syskom einen Auftrag der Universität erhält. „Als wir DeSonic gegründet haben, hat ein Student seine Diplomarbeit über Ultraschallgeneratoren bei uns geschrieben. Seitdem haben wir aber leider weniger Kontakt mit Studierenden gehabt, weil die Chemnitzer Nachwuchswissenschaftler vor Ort hart umkämpft werden. Dabei würden wir uns sehr über studentische Hilfskräfte im physikalischen und elektrotechnischen Bereich freuen. In der Ultraschalltechnik sehe ich noch viel Entwicklungs- und Forschungspotenzial.“
(Autor: Timon Ostermeier)
Mario Steinebach
18.05.2017