Bessere betriebliche Gesundheitsförderung im Zeitalter von Industrie 4.0
Psychologen der TU Chemnitz entwickeln Zertifizierungsverfahren für die betriebliche Gesundheitsförderung
„Die Mitarbeitergesundheit muss ganzheitlich in der Unternehmensstruktur verankert werden“, betont Prof. Dr. Bertolt, Inhaber der Professur Organisations- und Wirtschaftspsychologie der Technischen Universität Chemnitz. Meyer und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelten gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG, der Betriebskrankenkasse (BKK) Bahn-BKK und dem BKK Dachverband ein neues Verfahren zur Zertifizierung der betrieblichen Gesundheitsförderung von Unternehmen: das „Deutsche Siegel Unternehmensgesundheit“. Durch dieses Siegel können Unternehmen nun besser feststellen, wie wirksam ihre betrieblich Gesundheitsförderung ist. Das Neue: „Es geht nicht nur um die Sicht des Unternehmens, vor allem die Perspektive der Beschäftigten steht für die Bewertung im Vordergrund“, macht Meyer deutlich. Das „Deutsche Siegel Unternehmensgesundheit“ sei Produkt eines rund zweijährigen Forschungs- und Entwicklungsprozesses.
Vor wenigen Tagen wurde das neue Verfahren in Berlin vorgestellt. Damit können es alle 78 im BKK Dachverband organisierten Betriebskrankenkassen in Deutschland nutzen.
TU Chemnitz leistet substanziellen Beitrag
„Ein solch wissenschaftsseitig begleitetes Bewertungssystem für die betriebliche Gesundheitsförderung und das Betriebliche Gesundheitsmanagement in Unternehmen hat es bisher noch nicht gegeben“, macht TU-Professor Meyer deutlich. Zwar habe die Idee schon länger bei der Bahn-BKK bestanden, allerdings habe es bisher am Know-how gemangelt, dieses Projekt umzusetzen. „Die an unserer Professur gebündelte Erfahrung und Expertise in den Bereichen Betriebliches Gesundheitsmanagement, Mitarbeiterbefragungen und Organisationsentwicklung hat die Verantwortlichen überzeugt, dieses sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer wichtige Projekt voranzutreiben. In Zeiten stark steigender Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen haben wir nun ein wirksames Instrument zur Prävention vorliegen“, sagt Bertolt Meyer.
Mehrere Schritte waren bis zum fertigen Siegel notwendig. Zunächst die Entwicklung des Gesamtkonzeptes gemeinsam mit den Projektbeteiligten. Im weiteren Schritt die Erstellung der Befragungs- und Bewertungsinstrumente und schließlich der Fragebögen selbst – das Kernstück des Bewertungsverfahrens. Es erfolgte schließlich der Aufbau eines lernfähigen, statistischen Verfahrens zur Gewichtung und Bewertung. Im Anschluss testeten die Kooperationspartner um Bertolt Meyer das Verfahren an drei Standorten der Deutsche Bahn AG.
Für die kommenden zwölf Monate haben bereits 20 Unternehmen bzw. Standorte eine Zertifizierung beantragt, darunter die Deutsche Bahn AG. Auch künftig laufen die Fäden des Projektes in Chemnitz zusammen. Meyers Professur übernimmt die Auswertung sämtlicher Daten im Rahmen einer Forschungs- und Entwicklungsvereinbarung mit dem BKK Dachverband. Diese sieht auch die Übernahme einer halben Mitarbeiterstelle für das Projekt vor.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Bertolt Meyer, Professur Organisations- und Wirtschaftspsychologie, Tel. +49 371 53132972, E-Mail bmeyer@hrz.tu-chemnitz.de
Matthias Fejes
30.10.2017