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Workshop und Tagung der Prinz-Albert-Gesellschaft

Professur für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts widmete sich in zwei Veranstaltungen den historischen Verbindungslinien von Großbritannien und Europa

“Taking back control!“ ist eines der wohl einschlägigsten Slogans der Brexit-Debatte. Das Wort back verdeutlicht, dass aktuelle oberflächliche Ursachenzuschreibungen die Entscheidung vom 23. Juni 2016 nicht ausreichend zu erklären vermögen. Vor diesem Hintergrund veranstalteten die Prinz-Albert-Gesellschaft (Franziska Bartl, Geschäftsführerin) und die Professur für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts der Technischen Universität Chemnitz (Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Vorsitzender der Prinz-Albert-Gesellschaft) in Kooperation mit der Katholischen Universität Eichstätt (Prof. Dr. Stefan Schieren) in Coburg eine wissenschaftliche Konferenz, deren Hauptaugenmerk den historischen Beziehungen des Vereinigten Königreichs zum Kontinent galt.

Im Vorfeld der Tagung fand vom 29. bis 30. August 2018 ein Workshop für Studierende unter der Leitung von Archivdirektor Horst Gehringer (Bamberg) und Dr. Oliver Walton (London) statt. Ziel des Workshops war es, Nachwuchshistorikern grundlegende Kompetenzen im Umgang mit Quellen und in der Archivrecherche zu vermitteln. Dieses Jahr nutzten von den acht Teilnehmern auch drei Chemnitzer Studierende die Chance zur Schulung in diesen für Historiker so essenziellen Fähigkeiten. Dabei wurden praxisnahe Einblicke in das deutsche und englische Archivwesen offeriert.

Im Anschluss daran diskutierten renommierte Historiker, Politikwissenschaftler und Anglisten vom 30. August bis zum 1. September 2018 zum Thema „Britannien und Europa. Entwicklungslinien und Perspektiven vom Mittelalter bis in das 21. Jahrhundert“ im ehemaligen Residenzschloss der Herzöge von Sachsen-Coburg, Schloss Ehrenburg.   

Das Tagungsrepertoire erstreckte sich von den „Wirtschaftsbeziehungen zwischen den britischen Inseln und dem Kontinent im späten Mittelalter“ (Prof. Dr. Jörg Rogge, Mainz) bis zu aktuellen juristischen und verfassungspolitischen Analysen wie denen von Prof. Dr. Stefan Schieren (Eichstätt) in seinem Referat „Zu den Folgen unvereinbarer Staatskonzepte“. Die Technische Universität Chemnitz war mit zwei Vorträgen auf der Coburger Tagung vertreten: Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll gliederte in „Das Dritte Reich, England und Europa“ das nationalsozialistische Englandbild in drei Entwicklungsphasen und thematisierte die irrationale Vorstellung Hitlers von einem Bündnis mit Großbritannien. Eine derartige Fehlperzeption sei erfolgt, weil Hitler die Briten hinsichtlich ihrer Wünsche nach maritimer Hegemonie falsch eingeschätzt hatte – die dafür eingeforderte Gegenleistung einer kontinentalen Hegemonie der Deutschen mit „freier Hand im Osten“ war für das britische Gleichgewichtsdenken vollkommen inakzeptabel.

Die historischen Perspektiven wurden durch die aktuellen Analysen des Chemnitzer Anglisten Prof. Dr. Klaus Stolz in seinem Vortrag „Der Brexit und die staatliche Einheit des Vereinigten Königreiches“ erweitert, in welchem er die Dimensionen des EU-Austritts skizierte. Der Brexit löse, ihm zufolge, nicht nur Großbritannien von Europa, sondern bürge ebenso das Potential, dass sich Großbritannien als Staat auflöse. Nicht nur Schottland strebt weiterhin eine EU-Zugehörigkeit an, sondern auch Teile von Nord-Irland, das somit intern zu zerreißen droht. Diese Spaltung basiert primär auf der unterschiedlichen Religionszugehörigkeit.

Die Konferenz verdeutlichte, dass die Beziehungen zwischen Großbritannien und Europa stets durch konjunkturelle Schwankungen gekennzeichnet waren und die Brexit-Entscheidung daher in einer langen historischen Traditionslinie gesehen werden muss. Sie resultiert nicht nur aus der aktuellen politischen und vermeintlich wirtschaftlichen Krisensituation, welche eine Angst vor Souveränitätsverlusten grundiert; Der Brexit ist vielmehr auch Ausdruck der komplexen historisch gewachsenen kulturellen, ideologischen und politischen Bedingtheiten – dennoch war und wird England auch immer ein Teil von Europa sein.

(Autorin: Antonia Sophia Podhraski)

Mario Steinebach
09.09.2018

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