Bildungsgerechtigkeit
TU-Absolventin Maria Schumann arbeitet nach ihrem Studienabschluss zwei Jahre als Fellow an einer Chemnitzer Oberschule
Als Maria Schumann in der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Chemnitz saß, um an ihrer Masterarbeit in Management & Organisation Studies zu schreiben, erreichte sie eine Rundmail des Career Service der TU Chemnitz. Eine darin aufgeführte Stellenausschreibung von Teach First Deutschland sprach sie sofort an. „Ich wollte mich zu dem Zeitpunkt eigentlich noch mit meiner Masterarbeit befassen, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass das genau das Richtige für mich sein könnte.“ Teach First Deutschland entsendet Fellows an sogenannten Brennpunktschulen. Dort unterstützen die meist jungen Absolventen und Absolventinnen Kinder und Jugendliche. Das Programm spricht gezielt Hochschulabsolventen und -absolventinnen an, die Interesse an Bildungsgerechtigkeit haben und dazu einen Beitrag leisten wollen. „Spannend ist für mich daran auch, dass an die Tätigkeit ein Leadership-Stipendium angeschlossen ist. Während der zwei Jahre als Fellow bekommen wir eine Ausbildung und Weiterbildungen, die uns als Führungspersönlichkeiten reifen lassen“, erklärt Schumann ihre Motivation.
Gut ausgebildet in die Berufswelt
Maria Schumann war 2009 zum Studium nach Chemnitz gekommen und hat zunächst an der TU Chemnitz ihren Bachelor-Abschluss in Soziologie gemacht. Während ihres anschließenden Masterstudiums wählte sie die Vertiefung Personal und Führung. „Ich habe während des Studiums auch verschiedene Praktika in Personalabteilungen gemacht, aber ich habe schnell erkannt, dass mir reine Büroarbeit nicht so viel Spaß macht.“ Auch deshalb hat sie zum Beginn des Schuljahres 2018/2019 als Fellow an einer Chemnitzer Oberschule angefangen. Nach einer dreimonatigen Schulung, die vor allem online absolviert werden konnte, folgte die Ausbildung vor Ort.
Agieren auf Augenhöhe
An einer Schule erwartet einen jeden Tag etwas anderes. Besonders dann, wenn man es mit jungen Menschen im Alter von 13 bis 16 Jahren zu tun hat. Maria Schumann hat dazu eine klare Einstellung: „Ich komme in der Regel mit meinen Schülerinnen und Schülern klar. Das Schöne ist, dass man als Fellow in einer ganz anderen Rolle ist, als ein Lehrer oder eine Lehrerin. Ich vergebe keine Noten, versuche auf Augenhöhe zu agieren und habe ein offenes Ohr für ihre Probleme. Das macht das Verhältnis wesentlich einfacher.“
Die Beschäftigung als Fellow ist eine Vollzeitstelle. „Insgesamt bin ich 22 Wochenstunden an der Schule. Ich biete pro Woche vier Stunden Förderunterricht und habe auch Schüler in der Einzelförderung mit Deutsch als Zweitsprache“, sagt Schumann. Außerdem ist sie auch beim Fachunterricht Mathematik, Informatik und Physik mit im Raum und jederzeit für die 14 Schülerinnen und Schüler ihrer Klasse da. „Ich denke, dass nach anfänglicher Skepsis, meine Anwesenheit jetzt von den Lehrerinnen und Lehrern als Entlastung wahrgenommen wird“; ergänzt die TU-Absolventin.
Aber wie setzt man ohne pädagogische Ausbildung Regeln durch? Funktioniert das überhaupt? Durch die vorangegangen Ausbildung sei sie auf viele Situationen vorbereitet. „Neben den 22 Stunden in der Schule habe ich auch 18 Stunden Zeit, die ich damit verbringe meinen Unterricht vorzubereiten, Elterngespräche zu führen und mich fortzubilden. Man möchte den Schülern ja schließlich auch etwas bieten“, sagt sie.
Die Fellows in Sachsen
Maria Schumann gehört zum ersten Jahrgang von Fellows, die über Teach First Deutschland in Sachsen eingesetzt werden. Derzeit sind es hier 37 Fellows, die an verschiedenen Schulen in Dresden, Chemnitz und Leipzig arbeiten. Die TU-Absolventin möchte die Erfahrungen, die sie in den vergangenen Monaten als Fellow gesammelt hat, nicht missen. „Einige Erfahrungen sind tatsächlich unbezahlbar. Man sieht an den Schülerinnen und Schülern, wie sie sich entwickelt haben und sieht, dass sie selbstbewusster werden.“ Sie selbst lerne auch sehr viel dazu, so habe sich ihr Durchsetzungsvermögen gestärkt und sie fühle sich besser vorbereitet auf die Arbeitswelt.
Ein Studium und die Herausforderungen des Alltags
Das Studium an der TU Chemnitz habe sie gut auf die nötigen Sozial-und Führungskompetenzen vorbereitet. In der Realität stünde sie jedoch vor ganz anderen Herausforderungen: „Die Probleme in der Schule sind ja nicht nur fachlicher Natur, sondern es sind oft Probleme, die die Kinder von zu Hause mitbringen“, so Schumann. Damit Sie mit diesen Problemen nicht plötzlich allein dasteht, gibt es sogenannte „Balkongruppen“ für die Fellows. „Da können wir gemeinsam beraten, Fälle und Schwierigkeiten besprechen und uns auch mal Luft machen“, erklärt sie.
Fellows setzen sich auch im außerschulischen Bereich ein. Sie können Arbeitsgemeinschaften leiten und Projekte an den Schulen umsetzen. Schumann leitet an ihrer "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" die AG Toleranz. „Ich hatte mich nur auf diese Stelle beworben und mich sehr gefreut, dass ich in Chemnitz arbeiten werde. Und ich freue mich auch, dass die Bildungsgerechtigkeit in Chemnitz mehr gefördert wird“, sagt Schumann abschließend.
Mehr Informationen zum Fellow-Programm und Bewerbungsprozess findet man unter: www.teachfirst.de
Weitere Informationen zur Alumni-Arbeit der TU Chemnitz gibt die Autorin dieses Beitrages Evamaria Moore.
Mario Steinebach
31.05.2019