Den „Geist der Universitätsbibliothek“ spüren
Zum „Tag der Architektur 2019“ werden am 30. Juni drei Führungen durch die Alte Aktienspinnerei angeboten
Am kommenden Wochenende findet der bundesweite Tag der Architektur statt, der viele exklusive Gelegenheiten bietet, Gebautes und Gestaltetes aus erster Hand zu erleben, dabei mit Architekten und Bauherren ins Gespräch zu kommen und vor allem neue Räume zu entdecken. „Sachsenweit sind 45 Objekte zugänglich, hinzu kommen drei offene Büros sowie elf Veranstaltungen“, sagt Dirk Fellendorf von der Architektenkammer Sachsen. Ein besonderer Anziehungspunkt dürfte die denkmalgeschützte Alte Aktienspinnerei in Chemnitz sein, die zur Universitätsbibliothek umgebaut wird. Am 30. Juni 2019 wird im Rahmen von drei Führungen gezeigt, wie weit die Bauarbeiten vorangeschritten sind.
Das ehemalige Fabrikgebäude ist von außen schon als Universitätsbibliothek erkennbar, der Namenszug an der Fassade ist weithin sichtbar. „Die Bauleistungen für die Zentralbibliothek der TU Chemnitz sollen bis zum Jahresende abgeschlossen werden“, sagt Peter Voit, Leiter der Niederlassung Chemnitz des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB). Das Areal sei eine der bedeutendsten Baustellen der Stadt, nicht nur mit Bezug auf das Finanzvolumen von etwa 52 Millionen Euro, sondern auch mit Blick auf die wechselvolle Geschichte des Gebäudes. Wenn alles nach Plan verläuft, erfolgt ab Januar 2020 die Inbetriebnahme und sicherheitstechnische Überprüfung des Gebäudes, ab April werden die Freihandregale aufgestellt und im Juni beginnt der Umzug von mehr als 1,2 Millionen Büchern in die 12.300 Quadratmeter umfassende Bibliothek.
Das Motto "Räume prägen" des diesjährigen Tages der Architektur wird gerade in der Alten Aktienspinnerei sehr lebendig. „So kann man schon spüren, welche prägende Funktion der neue glasüberdachte, über mehrere Etagen reichende Lesesaal im Herzen des Gebäudes einnehmen wird“, meint der Architekt Siegmar Lungwitz. Aus erster Hand erfahren die Besucherinnen und Besucher Interessantes zu den Herausforderungen des Baus, von den unterschiedlich dicken Wänden, die für die Gebäudestabilität und ein angenehmes Klima sorgen, von den Besonderheiten der 350 Bogenfenster und der unzähligen gusseisernen Säulen sowie vieles mehr. Die Führungen beginnen um 12:30, 13:30 und 14:30 Uhr und sind jeweils auf 25 Personen begrenzt. Der Zugang erfolgt über die Baustellenzufahrt an der Karl-Liebknecht-Straße. Festes Schuhwerk wird empfohlen.
Hintergrund: Geschichte der „Alten Aktienspinnerei“
Die im Baustil des historischen Eklektizismus errichtete Aktienspinnerei entstand um 1858 infolge der Gründung einer Aktiengesellschaft als damals größte Spinnerei Sachsens mit 60.000 Spindeln. Abweichend von früheren Spinnereien hatte der Architekt Friedrich Theodor Roschig das Gebäude vor allem wegen der Brandgefahr ganz aus Eisen und Stein projektiert, also weitgehend auf Holz als Baumaterial verzichtet. Damit galt das Gebäude als eines der brandsichersten in der Stadt. Der Spinnereibetrieb endete 1914. Bereits 1905 ging das Areal in das Eigentum der Stadt Chemnitz über. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer beschädigt und verlor sein Dach und das oberste Geschoss. In der Folge wurde das Gebäude auch als Essenausgabe, Provisorium für das zerstörte Opernhaus, Kaufhaus, Stadtbibliothek, Bürohaus und Puppentheater und zuletzt als Galerie genutzt. Seit 2011 ist das Gebäude Eigentum des Freistaates Sachsen.
Besucherprogramm des „Tages der Architektur 2019“ in Sachsen: tda.aksachsen.org
Mario Steinebach
24.06.2019