21. Literarisches Quintett
Termin
14.11.2023, ab 19:30 Uhr, Universitätsbibliothek, Veranstaltungsraum IdeenReich, Zugang über den Eingang Straße der Nationen
Bücher
- Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne
- Marica Bodrožić: Die Arbeit der Vögel. Seelenstenogramme
- Robert Seethaler: Das Café ohne Namen
- Matt Haig: Die Mitternachtsbibliothek
Teilnehmerinnen/Teilnehmer:
- Johanna Minkos
- Jun.-Prof. Dr. Andreas Bischof, Juniorprofessur Soziologie mit Schwerpunkt Technik" an der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften)
- Angela Malz, Direktorin der Universitätsbibliothek
- Team Het Modha/Sanket Rasale/ Aakash-Manish Surve
Moderatorin
- Bernadette Malinowski, Professorin (Professur Neuere Deutsche und Vergleichende Literarurwissenschaften)
Presse
TUCaktuellRückblick in Worten
Am 14. November 2023 fand das 21. Literarische Quintett in der Universitätsbibliothek Chemnitz statt. Es war insgesamt ein sehr harmonisches Quintett, denn über viele der Bücher waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig.
Kazuo Ishiguro Klara und die Sonne
„Klara ist eine künstliche Intelligenz, entwickelt, um Jugendlichen eine Gefährtin zu sein auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Vom Schaufenster eines Spielzeuggeschäfts aus beobachtet sie, studiert das Verhalten der Leute und hofft, bald von einem jungen Menschen ausgewählt zu werden. Als ein Mädchen sie schließlich mit nach Hause nimmt, muss sie jedoch bald feststellen, dass sie auf die Versprechen von Menschen nicht allzu viel geben sollte.“
Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden das Buch wunderbar poetisch, mit einer recht übersichtlichen Handlung und einem spannenden Thema. Das Resümé: Am Ende fühlt man mit Klara, ob man will oder nicht. Es kommt zu einem Verwischen der Grenzen zwischen Mensch und Maschine. Frau Malz empfiehlt dazu den Film: „Ich bin dein Mensch“ – dieser ruft in den Zuschauern ein ähnliches Gefühl hervor.
Marica Bodrožić Die Arbeit der Vögel. Seelenstenogramme
„Auf der Flucht vor den Deutschen gelangt Walter Benjamin im September 1940 auf einem alten Schmugglerpfad vom französischen Grenzort Banyuls-sur-Mer ins nordspanische Portbou. Tags darauf setzt er seinem Leben ein Ende. Acht Jahrzehnte später nimmt Marica Bodrožić den letzten Weg des großen deutschen Schriftstellers und Philosophen zum Anlass, um über unsere Zeit, die Komplexität von Lebensläufen und Identität, Freundschaft und Flucht nachzudenken.“
Diesen Roman empfand unser Lesezirkel als sehr anspruchsvolle „Reisebeschreibung“, die man ruhig mehrmals lesen sollte. Es finden Reisen auf drei Ebenen statt, eine physische Reise in die Berge auf den Spuren des jüdischen Philosophs Walter Benjamin, eine Reise in die eigene Seele, und eine Reise durch unsere Gesellschaft im Laufe der Zeit. 49 sogenannte „Seelenstenogramme“ braucht es dazu und laut unseren Leserinnen und Lesern viel Zeit und Geduld, die wirklich belohnt werden. Eine große Leseempfehlung!
Matt Haig Die Mitternachtsbibliothek
Hier herrschte dann tatsächlich doch etwas Uneinigkeit – einige unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten sich mehr vom Autor gewünscht. Die Idee einer Bibliothek in der man sich nach dem Tod für eine andere Variante seines Lebens entscheiden kann fanden alle sehr spannend, doch wurden nicht alle Chancen ergriffen, die dieses Thema hergegeben hätte. Die tieferen Einsichten fanden einige zu „kalenderspruchartig“ und plakativ, gegen Ende (ab Seite 236) wurde sehr schnell aufgelöst, „als hätte der Autor dringend seinen Abgabetermin einhalten müssen.“ Dennoch ist es ein lebensbejahendes Buch das sich schnell liest und Spaß macht.
Robert Seethaler Das Café ohne Namen
Zum vierten Mal in der Geschichte des Quintetts war ein Buch von Robert Seethaler dabei. Man kann also durchaus behaupten, dass Seethaler einer unserer Lieblingsautoren ist.
„Wien im Jahr 1966. Robert Simon verdient sein Brot als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt. Er ist zufrieden mit seinem Leben, doch zwanzig Jahre nach Ende des Krieges hat sich die Stadt aus ihren Trümmern erhoben. Überall wächst das Neue, und auch Simon lässt sich mitreißen. Er pachtet eine Gastwirtschaft und eröffnet sein eigenes Café. Das Angebot ist überschaubar, und genau genommen ist es gar kein richtiges Café, doch die Menschen aus dem Viertel kommen, und sie bringen ihre Geschichten mit –von der Sehnsucht, vom Verlust, vom unverhofften Glück. Sie kommen auf der Suche nach Gesellschaft, manche hoffen sogar auf die Liebe, und während die Stadt um sie herum erwacht, verwandelt sich auch Simons eigenes Leben.“
Eine schmerzlich-schöne Geschichte, wie das Leben selbst! Unsere Leserinnen und Leser fanden die Charakterbeschreibungen und Atmosphäre im Café (das eigentlich eher eine Kneipe ist) wundervoll und erfrischend ehrlich. Fazit: "So lange es solche Menschen und Orte gibt, ist die Welt noch nicht verloren".