Trinationaler Workshop mit Chemnitzer Beteiligung
Junge Wissenschaftler aus Polen, Tschechien und Deutschland diskutierten in Warschau Fragen des Verhältnisses zwischen EU-Recht und nationalem Recht
Wer hat das letzte Wort: der Europäische Gerichtshof oder die Verfassungsgerichte? Gibt es in Tschechien und in Polen verfassungsrechtliche Probleme bei der Einführung des Euro als einheitliche europäische Währung? Wie steht es um die innerstaatliche Anwendbarkeit der Charta der Grundrechte? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigten sich Studierende und Doktoranden der TU Chemnitz, der Karls-Universität Prag und der Universität Warschau bei einem trinationalen Workshop in der polnischen Hauptstadt vom 10. bis 13. April 2014 unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Niedobitek, Jean-Monnet-Professor für Europäische Integration an der TU Chemnitz, und Prof. Dr. Władysław Czapliński, Professor für internationales und europäisches Recht an der Universität Warschau. Veranstaltungsort war das Centre for Europe der Universität Warschau, das im Oktober 1991 gegründet wurde und an dem seither interdisziplinär zu Fragen der europäischen Integration geforscht und gelehrt wird.
16 junge Akademiker aus den drei Universitäten nahmen an dem Workshop teil. Jeweils ein polnisch-tschechisch-deutsches Trio widmete sich der gleichen Fragestellung aus nationaler Perspektive. Die Ergebnisse stellten die Nachwuchswissenschaftler in Kurzreferaten vor. Im Anschluss debattierten die Teilnehmer in äußerst regen Diskussionen über zum Teil sehr strittige Fragen des Europarechts und dessen Beziehungen zum nationalen Recht der im Workshop vertretenen Staaten.
Prof. Niedobitek, dessen Jean-Monnet-Professur den Workshop initiiert und von deutscher Seite organisiert hatte, stellte rückblickend fest: "Wir haben alle viel darüber gelernt, wie stark tatsächlich bereits die gegenseitigen Beziehungen der Rechtsordnungen und Rechtsprechungen unserer Länder mit Blick auf die Wirksamkeit des Unionsrechts sind. Es war eine sehr schöne Erfahrung zu sehen, wie ertragreich solch eine multinationale Veranstaltung mit noch so jungen Akademikern sein kann, die aber gerade durch ihre außerordentliche Auffassungsgabe und ihr großes Interesse problemlos durch die Vielfalt der Themen steuern konnten." Petr Navrátil, Doktorand am Lehrstuhl für Europarecht der Karls-Universität Prag ergänzte: "Der Workshop bot allen Teilnehmern eine einzigartige Erfahrung. Sowohl in den Diskussionen, als auch in der Freizeit tauschten sich die Studenten über einige der wichtigsten Themen des EU-Rechts aus, was für ihre Entwicklung sehr förderlich ist. Außerdem war allein die Möglichkeit, Kollegen aus anderen EU-Ländern zu treffen und ihre Ansichten zu entdecken bereits ein Wert in sich selbst." Jonas Bornemann, Studierender der Europa-Studien an der TU Chemnitz, "fand besonders beeindruckend, wieviel die tschechischen und polnischen Teilnehmer doch über die rechtliche Situation in Deutschland wussten".
Neben dem Fachlichen blieb aber auch noch Zeit, um die polnische Metropole Warschau zu entdecken. Die Gastgeber um Prof. Czapliński hatten hierzu ein interessantes Kulturprogramm organisiert. So besuchten die Teilnehmenden die Warschauer Altstadt, die im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört und später wieder aufgebaut worden war; ein weiteres Ziel war das Chopin-Museum. Auch hatten sie Gelegenheit, bei einem gemeinsamen Abendessen Piroggen (traditionelle gefüllte Teigtaschen) zu probieren. Dominika Jędrzejczyk, Jura-Studierende der Universität Warschau und Teilnehmerin am Workshop, hielt fest: "Mir hat der Workshop viel Spaß gemacht, ich habe eine Menge gelernt. Besonders gefallen hat mir, dass ich verschiedene Sichtweisen mit anderen tauschen konnte."
Der Workshop ist aus Mitteln der Jean-Monnet-Professur finanziert worden, mit der Prof. Dr. Matthias Niedobitek im Jahr 2011 von der Europäischen Kommission ausgezeichnet wurde. Durch das Jean-Monnet-Programm sollen Einrichtungen der Forschung und Lehre innerhalb und außerhalb Europas gefördert werden, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Kenntnisse über den europäischen Integrationsprozess zu vermitteln.
Weitere Informationen erteilt Andreas Löwe, Telefon 0371 531-33589, E-Mail andreas.loewe@phil.tu-chemnitz.de.
(Autoren: Theresa Weicht, Andreas Löwe)
Katharina Thehos
15.04.2014