Ein Gesamtkunstwerk nachvollziehen, analysieren und würdigen
Kunstsammlungen Chemnitz starten am 12. Dezember 2013 eine Vortragsreihe rund um die Kathedrale von Reims in Kooperation mit der Professur Romanische Kulturwissenschaft der TU Chemnitz
Imi Knoebel erhielt 2008 durch das französische Ministerium für Kultur und Kommunikation den Auftrag, sechs Fenster für die nördliche und südliche Apsis der Kathedrale von Reims zu gestalten. Anlässlich der 800-Jahr-Feier der Kathedrale von Reims wurden die fertigen Fenster aus mundgeblasenem Echt-Antikglas 2011 installiert. Die Entwürfe für die Fenster werden in der Ausstellung "Imi Knoebel. Fenster für die Kathedrale von Reims" in den Kunstsammlungen Chemnitz präsentiert.
Die Kathedrale von Reims erlangte in Frankreich als Krönungsstätte französischer Herrscher große historische Bedeutung. Im Ersten Weltkrieg beschädigte die deutsche Artillerie die Kathedrale von Reims schwer. Seither galt sie als Symbol der französischen Gegnerschaft gegenüber Deutschland. Am 8. Juli 1962 trafen sich Konrad Adenauer, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, und Charles de Gaulle, Staatspräsident der Republik Frankreich, versöhnlich in der Kathedrale. Zum 50. Jahrestag der Aussöhnung 2012 wiederholten Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande diese freundschaftliche Geste. Als neu gewonnenes Wahrzeichen der deutsch-französischen Freundschaft erhielt die Kathedrale 2011 mit der Gestaltung der Fenster durch einen deutschen Künstler nicht nur politisch, sondern auch künstlerisch enorme Symbolkraft.
Um die europäische Dimension des Kulturtransfers durch das Gesamtkunstwerk der Kathedrale Notre-Dame von Reims über die Jahrhunderte nachzuvollziehen, zu analysieren und zu würdigen, haben die Kunstsammlungen Chemnitz in Kooperation mit der Professur Romanische Kulturwissenschaft der TU Chemnitz einen Vortragszyklus erarbeitet.
Am Donnerstag, dem 12. Dezember 2013, um 19.15 Uhr findet im Museum am Theaterplatz der erste Vortrag in dieser Reihe statt:
Dr. Holger Kunde (Naumburg) spricht zum Thema "Reims - Naumburg - Meißen - Burgos. Zur europäischen Bedeutung der Kathedrale von Reims und den Spuren des Naumburger Meisters". In einer bis dahin nicht gekannten Weise wurde mit Baubeginn 1211 die Bauplastik in die Architektur der Kathedrale von Reims integriert. Die Entstehung des "Bildhauerarchitekten" nahm hier ihren Ausgangspunkt. Engel, Königsgalerien, individualisierte Masken und weitere Figurenzyklen entstanden in rascher Folge und führten die Monumentalplastik Europas zu einer neuen Blüte. Die Baustelle der Kathedrale von Reims entwickelte sich zu einem Magnet für Steinmetze, Architekten und Handwerker aus ganz Europa. Entsprechend des schnellen Baufortschritts und des gigantischen Bauvolumens kam es zu einer rasanten Fluktuation von hoch spezialisierten Arbeitskräften. Die Reims verlassenden Werktrupps verbreiteten die neuen Kenntnisse der Architektur, Skulpturbearbeitung und Arbeitsorganisation in schneller Folge nach Straßburg, Trier, Bamberg und Magdeburg sowie in die meisten Länder der christlichen Welt. Auch der "Naumburger Meister" wurde von Reims geprägt. Die Erforschung von Geschichte und Werk des anonym gebliebenen und nach seinem erhaltenen Hauptwerk als "Naumburger Meister" bezeichneten Bildhauerarchitekten und seiner Werkstatt ist aufgrund des Fehlens schriftlicher Nachrichten auf die Ergebnisse der Bauforschung und der Stilkritik angewiesen. Doch lassen bereits die auf dieser Grundlage ermittelten Ergebnisse erkennen, dass der Naumburger Meister einer der bedeutendsten Bildhauerarchitekten Europas war. Nach der unter anderem von Holger Kunde konzipierten Landesausstellung 2011 "Der Naumburger Meister. Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen" zeigt der Vortrag, wie nah die Kathedrale von Reims uns ist und welche Bedeutung sie für unsere Region hat. Alle Interessenten sind zum Vortrag herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.
Dr. Holger Kunde (geboren 1968 in Halle/Saale) studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Historische Hilfswissenschaften in Halle, Bamberg und Chieti (Italien). Im Jahr 2000 promovierte er an der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit der Dissertation "Das Zisterzienserkloster Pforte. Die Urkundenfälschungen und die Frühe Geschichte bis 1236" (Promotionspreis der FSJ Universität Jena). Seit 2001 ist er bei den Vereinigten Domstiftern zu Merseburg und Naumburg und dem Kollegiatstift Zeitz beschäftigt, seit 2006 fungiert er dort als Direktor und Stiftskustos.
Weitere Informationen erteilen Anja Richter, Kunstsammlungen Chemnitz, Telefon 0371 488-4402, E-Mail anja.richter@stadt-chemnitz.de, Prof. Dr. Ulrike Brummert, TU Chemnitz, 0371 531-34902, E-Mail ulrike.brummert@phil.tu-chemnitz.de.
(Quelle: Pressemitteilung der Kunstsammlungen Chemnitz)
Katharina Thehos
10.12.2013