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Professur Kultureller und Sozialer Wandel
Drittmittelprojekte
Professur Kultureller und Sozialer Wandel 

Drittmittelprojekte

Projektleitung: Dr. Silke Hünecke
Institution: Institut für Europäische Studien und Geschichtswissenschaften. Technische Universität Chemnitz.
Förderung: Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF) 

Projekt auf der Seite der Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF) und auf Sozial Media Instagram

Fördersumme: 149.730,00 Euro
Projekttyp: Profilprojekt

Projektlaufzeit: 30 Monate (1. April 2023 - 30. September 2025)

In der Konfliktforschung, konkret in der Widerstands- und Geschlechterforschung, weist das Untersuchungsphänomen „Lebensrealitäten von Aktivistinnen* im Widerstand gegen Militärdiktaturen im 20. Jahrhundert“ etliche Leerstellen auf. Anliegen dieses Projektes ist es, dieses Phänomen exemplarisch anhand des politischen Widerstandes in Katalonien während des Spätfranquismus (1960-1977) zu analysieren. Die Anwendung von Geschlecht als systematische und konzeptionelle Kategorie wird dazu beitragen, neue differenzierte Erkenntnisse über den Forschungsgegenstand zu generieren. Ausgangshypothese der Studie ist, dass Frauen* während des Franquismus nicht nur mit einer autoritären Militärdiktatur, sondern darüber hinaus mit einem antifeministischen und patriarchalen Gesellschaftssystem konfrontiert waren. Entsprechend bestimmte diese ‚doppelte Repression‘ die Lebensrealitäten der politischen Aktivistinnen*, denn als fundamentales Regelungsverhältnis wirkte die patriarchale Geschlechterkonstruktion des national-katholizistischen Franquismus in alle Lebensbereiche bis in die männerdominierten antifranquistischen Widerstandsbewegungen hinein. Im Fokus des Projektes steht die Erforschung der Wirkungen dieser determinierenden Geschlechterkonstruktion auf die Aktivistinnen* sowie die geschlechtsspezifischen Ermächtigungsstrategien und Widerstandspraktiken von Frauen*. Ein weiteres Spezifikum dieser Studie ist die Konzentration auf den Raum Katalonien. Dadurch werden u.a. der franquistische Antikatalanismus (u.a. die politische, kulturelle, sprachliche Repression) als auch die besonderen Charakteristika des antifranquistischen Widerstandes in dieser Region (z.B. der Einfluss der katalanischen Identitätskonstruktion) in der Untersuchung berücksichtigt.

Im Zentrum dieses Vorhabens steht eine qualitative Feldforschung, für die 15 narrative Interviews mit ehemaligen Aktivistinnen* geführt und mittels der Grounded Theory analysiert werden. Die übergeordnete Fragestellung lautet: Wie gestalteten sich die Lebensrealitäten von Aktivistinnen – aus der subjektiven und retrospektiven Sicht der Zeitzeuginnen – im antifranquistischen Widerstand in Katalonien in den 1960/70er Jahren? Das besondere Forschungsinteresse gilt dabei den Erfahrungen und Wahrnehmungen der Zeitzeuginnen* an die Wirkungen der hegemonialen autoritär-patriarchalen Mentalität auf ihre damaligen alltäglichen und politischen Lebensrealitäten (geschlechtsspezifische Diskriminierung, Unterdrückung, Ausschlüsse bis hin zur Repression) sowie ihr widerständiges Denken und Handeln gegenüber der autoritär-patriarchalen Diktatur und Gesellschaft. Interpretiert werden die eigens erhobenen Interviews unter Einbeziehung primärer und sekundärer Literatur sowie grauer Literatur (etwa Schriftzeugnisse des antifranquistischen Widerstandes). 

Unterstützt wird das Projekt von Wissenschaftler*innen, Institutionen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen (Betroffeneninitiativen) vor Ort. Die Forschungsergebnisse werden in einer Monographie veröffentlicht. Ein gesellschaftlicher Transfer der Ergebnisse wird durch eine Internetseite, einen zweiteiligen Podcast und zwei öffentliche Veranstaltungen in Deutschland und Katalonien zur Thematik geleistet. 

     

Bilder von Arxiu Ca la Dona

 

Projektleitung: Dr. Silke Hünecke
Institution: Institut für Europäische Studien und Geschichtswissenschaften. Technische Universität Chemnitz.
Förderung: 
Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD)
Fördersumme: 16.185,67 €
Projekttyp: Hochschuldialog mit Südeuropa 2020/2021 (zweijährig)
Projektlaufzeit: Zwei Jahre (2020/2021)
Kooperationspartner: Prof. Dr. Klaus-Jürgen Nagel (Universitat Pompeu Fabra, Barcelona)

Zentral für das Projekt ist die Perspektive auf ein „Krisenmanagement von unten“, in dem Lösungsansätze- und Praxen zivilgesellschaftlicher Initiativen und sozialer Bewegungen hinsichtlich der multiplen Krise untersucht werden. Unter multipler Krise ist „eine historisch-spezifische Konstellation verschiedener sich wechselseitig beeinflussender und zusammenhängender Krisen im neoliberalen Finanzmarktkapitalismus“ zu verstehen.1  Als die zentralen Krisenfelder gelten: Ökonomie, Ökologie und Soziales (z.B. Reproduktion, Bildung, Gesundheit, Geschlechtergleichheit, Migration) sowie Politik (Demokratie). Der Krisenforscher Prof. Dr. Ulrich Brand konstatiert, dass die multiple Krise mit einem „business-as-usual“ nicht bearbeitet werden kann. Stattdessen bedarf es seiner Ansicht nach einer umfassenden ‚anderen‘ Politik, deren Ziel die Herausbildung einer nachhaltigen, solidarischen und demokratischen Produktions- und Lebensweise ist.2  Seit Beginn des 21. Jahrhunderts sind auch die EU-Länder von der multiplen Krise zunehmend betroffen, jedoch gibt es zwischen den Ländern Unterschiede hinsichtlich der Krisenfelder, der Formen und des Ausmaßes. Spanien und die Region Katalonien sind einerseits besonders stark von der multiplen Krise betroffen, andererseits sind dort aber auch zahlreiche große soziale Bewegungen (Erinnerungsbewegung ab 2000, Wirtschaftskrisenbewegung ab 2007, Unabhängigkeitsbewegung ab 2010, Feministische Bewegung ab 2016) neu entstanden bzw. erstarkt. Die Auswirkungen der multiplen Krise sind in Deutschland weitaus weniger gravierend, dennoch stellen sie die Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Entsprechend sind auch hier soziale Bewegungen (Mieter:inneninitiativen ab 2010, Willkommensinitiativen für Geflüchtete ab 2015 und Fridays for Future ab 2019) neu aufgekommen bzw. haben sich konsolidiert.

Untersucht wird im Rahmen eines zweitägigen Workshops, welche Rolle zivilgesellschaftliche Initiativen und soziale Bewegungen zur Bearbeitung der multiplen Krise in Europa einnehmen (können) und inwieweit diese ein ernstzunehmendes „Krisenmanagement von unten“ betreiben (können). Der Workshop eröffnet somit eine neue Perspektive auf den Umgang mit der multiplen Krise. Zivilgesellschaftliche Initiativen und soziale Bewegungen und ihr Potential in Form von Lösungsansätzen und Praxen sollen dargestellt, untersucht und diskutiert werden. Durch das Zusammenkommen von verschiedenen (Nachwuchs-)Wissenschaftler:innen aus Katalonien/Spanien und Deutschland sollen Forschungen zu unterschiedlichen Initiativen/ Bewegungen präsentiert, analysiert, sowie ein gemeinsamer Dialog/Austausch und Perspektivwechsel hinsichtlich „Krisenmanagement“ gefördert werden. Durch entsprechende Maßnahmen wie eine öffentliche Abendveranstaltung, einen Internetblog von Studierenden (u.a. mit Beiträgen zu den Vorträgen und Interviews mit den Referent:innen) sowie eines englischsprachigen Special Issue in Moving the Social: Journal of Social History and the History of Social Movements soll die Auseinandersetzung über ein „Krisenmanagement von unten“ einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden.

Internetprojektseite mit Beiträgen von Studierenden: 
https://blog.hrz.tu-chemnitz.de/managingcrisesfrombelow/?page_id=41

Internetseite zur Veranstaltung: 
https://www.tu-chemnitz.de/phil/iesg/professuren/swandel/forschung/tagungen/Social%20Movements/index.php.en

(Coronabedingt konnte die geplante Veranstaltung im Dezember 2020 nicht an der Universitat Pompeu Fabra (UPF) in Barcelona stattfinden, sondern musste digital erfolgen.)

 Demirović, Alex / Dück, Julia / Becker, Florian / Bader, Pauline: VielfachKrise. Im finanzmarktdominierten Kapitalismus, 2011, S.13
 Brand, Ulrich, Die Multiple Krise. Dynamik und Zusammenhang der Krisendimensionen. Anforderungen an politische Institutionen und Chancen progressiver Politik, Heinrich-Böll-Stiftung. Die grüne politische Stiftung (Hg.), Berlin 2009, S.11