Was Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger bewegt
Im Forschungsprojekt NUMIC wurden Erfahrungen partizipativer Mobilitätsplanung in einem Handbuch zusammengefasst
Im Forschungsprojekt „NUMIC – Neues Urbanes Mobilitätsbewusstsein in Chemnitz“ stand seit September 2019 das Mobilitätsverhalten der Chemnitzerinnen und Chemnitzer im Fokus. Dabei schlossen sich Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität Chemnitz (vertreten durch die Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement sowie der Forschungsgruppe Allgemeine und Arbeitspsychologie) in einem interdisziplinären Team mit der TU Dresden, dem Fraunhofer IAO in Stuttgart, der Innosabi GmbH und der Stadtverwaltung Chemnitz zusammen.
Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger von Anfang an
Basis des Projektes war eine kokreative und partizipative Herangehensweise an die Frage, wie sich eine nachhaltigere Mobilität fördern und im Alltag der Bürgerinnen und Bürger verankern lässt. Entsprechend wurden die Chemnitzerinnen und Chemnitzer bewusst in ganz frühen Projektphasen aktiv eingebunden. Basierend auf einer Vorauswahl an möglichen Streckenverläufen, konnte eine Modellroute eines Radweges gewählt werden. An dieser richteten sich alle späteren Aktionen wie Begehungen, Gestaltungswettbewerbe und städtebaulichen Maßnahmen aus.
Ein Jahr Reallabor
Die Modellroute diente der Forschungsgruppe für ein Jahr als Reallabor und wurde seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für den „Innovationspreis Reallabore 2022“ nominiert. Während dieser Zeit wurden verschiedene Beteiligungsformate sowie städtebauliche Maßnahmen umgesetzt und untersucht. Sowohl auf der zugehörigen Plattform numic.city als auch im analogen Raum wurden Chemnitzerinnen und Chemnitzer zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Sie konnten in einer eigens entwickelten App Feedback geben oder an Bau und Gestaltung zweier Parklets mitwirken. Als die Corona-Pandemie die Kontaktmöglichkeiten stark einschränkte, musste eine neue Untersuchungsmethode gefunden werden. Aus der Not wurde eine Tugend: Die Idee einer VR-Studie zur Untersuchung der Infrastrukturmaßnahmen war geboren. Forschende der TU Chemnitz versetzten Probanden mit Hilfe von 360-Grad-Fotos virtuell an unterschiedliche städtische Orte, um deren Struktur mit Blick auf die subjektive Sicherheit für Radfahrende zu bewerten. Vergleichbare Untersuchungsweisen gibt es bislang nicht, weshalb auch die Methodik selbst zunächst zu prüfen war. Die Ergebnisse der Studie zeigten jedoch, dass die Probanden unabhängig von der eigenen Technikaffinität die Umsetzung als intuitiv empfanden und keine Beeinträchtigung durch die Nutzung der VR-Brille wahrgenommen haben.
Handbuch fasst Erkenntnisse zusammen
Im „Handbuch für eine partizipative Mobilitätsplanung - Was Bürgerinnen und Bürger bewegt“ fasst das Projektteam die gesammelten Erkenntnisse und vor allem die gewonnenen Erfahrungen zusammen. Neben allgemeinen Einblicken in den Projektverlauf bietet das Handbuch auch einen Blick hinter die Kulissen. Die Leserinnen und Leser erfahren mehr über die Hintergründe von Entscheidungen und erhalten Einblicke in die Forschungsergebnisse. Die Publikation bietet darüber hinaus eine Vielzahl an Handlungsempfehlungen beispielsweise für Kommunen. Denn nur eine bedarfsgerechte Mobilitätsplanung kann erfolgreich sein und so werden partizipative und kokreative Planungsprozesse vermutlich weiter an Bedeutung gewinnen.
Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Kontakt: Madlen Günther, Telefon 0371 531-39892, E-Mail madlen.guenther@psychologie.tu-chemnitz.de, und André Dettmann, Telefon 0371 531-32278, E- Mail andre.dettmann@mb.tu-chemnitz.de
(Autorin: Anikó Lessi)
Mario Steinebach
26.08.2022