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Einfach umwerfend

Psychologiestudium, Arbeit und Kegelsportkarriere: Franziska Borjak wirft nichts so schnell aus der Bahn

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Pro Kegelspiel wirft sie 100 Kugeln: Franziska Borjak Foto: Jochen Kassmann

"Eigentlich wollte ich nach dem Abitur in den gehobenen Polizeidienst eintreten", erzählt Franziska Borjak, die im Sommer 2009 ihr Bachelor-Studium der Psychologie an der TU Chemnitz in Regelstudienzeit abgeschlossen hat. "Heute bin ich froh, dass das damals nicht geklappt hat", versichert sie mit Nachdruck. Anders ließe es sich auch nicht erklären, dass die 22-Jährige zu den ersten Studierenden des TU-Masterstudienganges Psychologie gehört. "Der Altersdurchschnitt an der Polizeihochschule liegt um ein vielfaches höher als an einer regulären Universität", erläutert die Studentin weiter. "Ich wäre mit Abstand eine der jüngsten Studierenden gewesen. Da hätte ich mich erst mal behaupten müssen. Sicherlich hätte ich mich irgendwie durchgebissen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Grundsätzlich sympathisiere ich noch immer mit dem gehobenen Polizeidienst." Sie hat 2006 angefangen zu studieren und gehörte zum ersten Bachelor-Jahrgang. "In der Psychologie ist der TU die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem gut gelungen. Entweder die Verantwortlichen haben das Chaos gut verbergen können, oder es lief tatsächlich reibungslos. Sicher musste man sich erst mal im Modul-Dschungel zurechtfinden, aber das war keine allzu große Hürde", so Borjak.

Ihre Verbindungen zur Universität beschränken sich nicht allein auf Vorlesungen und Seminare: Die Studentin aus Lauta bei Hoyerswerda arbeitet regelmäßig als Mentorin im "Huckepackprojekt" des Institutes für Psychologie und beweist dort Fingerspitzengefühl im Umgang mit einem Vorschulkind. "Das Huckepackprojekt unter der Leitung von Prof. Rudolph war auf jeden Fall ein Grund für mich, in Chemnitz zu bleiben. Es macht mir großen Spaß mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Ich könnte mir gut vorstellen, nach dem Studium in diesen Bereich zu gehen." Darüber hinaus ist sie seit Dezember 2009 studentische Hilfskraft an der Professur für Arbeitswissenschaft. Sie freut sich über die Möglichkeit, das Thema Usability - also Nutzerfreundlichkeit - durch ihre dortige Tätigkeit intensiver kennen zu lernen. "Ich kann gar nicht sagen, welcher Job mir mehr Spaß macht. Ich denke, beide liegen gleichauf. Auf jeden Fall ist die Usability-Forschung eine weitere Option, die ich mir künftig bewusst offen halte."

Es hätte wohl kaum jemand kein Verständnis dafür, wenn die Psychologin an den Wochenenden eine ruhige Kugel schieben würde. Stattdessen aber bringt Borjak ihre Kugel beim wöchentlichen Kegeltraining mit viel Feingefühl in Schwung. Seit nun mehr zehn Jahren gehört die Studentin zum festen Kader von SG Turbine Lauta, wo sie mittlerweile in der 2. Landesliga Sachsens spielt. "Ich habe vorher Judo gemacht. Das hat mir nicht wirklich entsprochen. Durch meine Schwester bin ich dann zum Kegelsport gekommen. Sie ist zwar nicht mehr aktiv, dafür ich umso mehr", sagt sie. Offensichtlich liegt das Fingerspitzengefühl in der Familie. Schon Borjaks Großeltern waren bzw. sind Sportkegler. "Nur meine Eltern haben mit meinem Sport nicht viel am Hut. Das Kegelfieber scheint eine Generation zu überspringen. Mein Vater aber spielt Fußball. Sportlich sind wir also alle irgendwie", stellt die Studentin fest.

In der Saison, die im Oktober beginnt und im April endet, kommt zum wöchentlichen Training in ihrer Heimat alle 14 Tage ein sonntäglicher Wettkampf ihres Landesligateams hinzu. Im Februar finden außerdem die Einzelwettkämpfe statt. Da sind Organisationstalent und Flexibilität gefragt. "Sicher muss ich meine Termine koordinieren. Wenn in der Uni Referate und Prüfungen anstehen sind meine Prioritäten allerdings klar verteilt. Das akzeptieren meine Teamgefährtinnen aber auch. Studium geht eben vor." Ob sie jemals genug vom Leistungssport hatte? "Nein, das hatte ich noch nie. Die Saison geht ja nicht über die gesamten zwölf Monate. Da hat man Regenerationsphasen und Zeiten, wo nicht so viel zu tun ist. Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn ich wirklich das ganze Jahr Wettkämpfe hätte." Tatsächlich reicht Borjak das Kegeln allein nicht aus. Jedes Semester belegt sie an der Universität verschiedene Sportkurse, "um mich auch unter der Woche auszupowern", erklärt sie.

Muskelkater dürfte Franziska Borjak bei Salsa, KaBodo und Pilates nicht mehr so schnell bekommen. "Pro Kegelspiel werfe ich 100 Kugeln. Das geht in die Beine", erklärt sie. Tatsächlich hat das Kneipenkegeln wenig mit ihrer Realität zu tun. Mit gängigen Vorurteilen hat sie in ihrem Freundeskreis inzwischen nicht mehr zu kämpfen. "Klar kamen da anfänglich ungläubige Blicke. Aber mittlerweile sind meine Mädels schon stolz, wenn sie einen Artikel über mich in der Zeitung entdecken." Eine Botschaft liegt ihr dennoch am Herzen: "Kegeln ist nicht nur ein Alibi, um sich im Wirtshaus auf ein paar Bierchen zu treffen, sondern kann als Leistungssport betrieben werden. Es ist so wie in jeder Sportart. Der eine betreibt sie ernster als der andere." Wie ernst es der 22-Jährigen ist, zeigt sie jede Woche auf ein Neues.

(Autorin: Jacqueline Rettschlag)

Katharina Thehos
04.03.2010

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