"Chemnitz - Stadt der Moderne" hat noch Erklärungsbedarf
Marketing-Experten der TU Chemnitz haben unter Leitung von Prof. Dr. Cornelia Zanger 1.985 Einwohner und Gäste der Stadt zu Slogan, Stadtfest und Weihnachtsmarkt befragt und Ergebnisse vorgestellt
Den Info-Kubus auf dem Neumarkt besuchten täglich etwa 250 Interessenten, um sich über die Stadt der Moderne zu informieren. An seiner Gestaltung war auch die Chemnitzer Studentin Juliane Jelinek beteiligt. Foto: Bildarchiv der Pressestelle/Andreas Truxa |
Die Professur Marketing und Handelsbetriebslehre befragte im Dezember 2009 und Januar dieses Jahres Gäste und Bürger der Stadt zu den Themen Stadt der Moderne, Stadtfest und Weihnachtsmarkt. Insgesamt beteiligten sich 1.985 Personen, die ihre Meinung in Fragebögen, via Internet und mit Hilfe direkter Interviews äußerten. Die Ergebnisse der Befragung wurden am 9. Juni 2010 im Chemnitzer Rathaus vorgestellt. Fast jeder, nämlich 96 Prozent der Befragten, kennt ein Jahr nach seiner Einführung den Slogan "Chemnitz - Stadt der Moderne". Gegenwärtig findet aber nur jeder Dritte den Slogan passend. Die Älteren zeichnen ein positiveres Bild als die Jüngeren, die häufig noch ein modernes Lebensgefühl in Chemnitz vermissen und daher weniger mit dem Titel "Stadt der Moderne” anfangen können. Insgesamt bewerten die Chemnitzer ihre Stadt kritischer als die Befragten von außerhalb.
Die Bekanntheit des Slogans resultiert auch aus Projekten des vergangenen Jahres: Dabei blieben der Info-Kubus auf dem Neumarkt, den täglich rund 250 Menschen besuchten, sowie die Plakatkampagne im Gedächtnis der Umfrage-Teilnehmer. Am besten gefallen haben den Befragten der Fotowettbewerb "Bilder der Moderne - Erzähl von deiner Stadt”, der rund 1.000 Teilnehmer verzeichnete, und die Imagepostkarten. Von den reichlich zwei Dutzend Motiven wurden 80.000 Exemplare aus dem Info-Kubus mitgenommen.
Auffallend ist, dass es unterschiedliche Deutungen des Begriffs Moderne gibt: Die Jüngeren assoziieren in erster Linie Innovation, Gegenwart und die Bereitschaft, sich neuen Dingen zu stellen. Die Älteren verbinden hingegen eher die Tradition der Stadt und die reiche Industriekultur mit dem Slogan. Die Themen Kunst, Kultur und Literatur spielen vor allem für Akademiker eine Rolle. Aus dieser Vielfalt der Lesarten ergibt sich, dass die Frage der städtischen Identität für viele Chemnitzer noch unbeantwortet ist. Übereinstimmung findet bei vielen Befragten der Wunsch, neben den bisherigen Schwerpunkten die Themen Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft stärker zu betonen. Dies findet eine Aufnahme im Programm des "Jahres der Wissenschaft 2011", das am 14. Juni im Rahmen einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Chemnitzer Schauspielhaus präsentiert wird.
"Das Ergebnis der Befragung spiegelt unsere Erfahrung der vergangenen Monate", resümiert Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig. "Wichtigster Punkt des Fazits ist für mich die Tatsache, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger für ihre Stadt selbst einbringen möchten. Dafür werden wir noch mehr Möglichkeiten anbieten. Es wird künftig noch deutlicher als bisher um die Fragen gehen: Welche Prioritäten setzen wir? Wie soll die Stadt aussehen, in der wir gemeinsam gut miteinander leben? Worauf können Chemnitzer in ihrer Stadt stolz sein? Die von den Befragten gewünschten Themenschwerpunkte zeigen, dass es sicher kein Makel mehr ist, in einer modernen Industriestadt zu leben, sondern als Plus empfunden wird." Eine weitere Kooperation auf dem Gebiet ist mit der TU Chemnitz bereits geplant.
"Wir haben jetzt eine sehr gute Grundlage: die Erfahrung und die Ergebnisse der Umfrage", sagt Prof. Dr. Cornelia Zanger. "Gemeinsam wollen wir Maßnahmen entwickeln, um das Bild der Stadt mit Leben zu erfüllen und zu prägen", so Zanger weiter. Der Slogan brauche - das zeigten auch die Erfahrungen aus anderen Städten - mehrere Jahre Zeit, um sich zu etablieren. Deshalb soll eine derartige Befragung wiederholt werden, um zu überprüfen, wie der "Identitätsstempel" künftig angenommen wird.
Stadtfest im Wandel und Publikumsliebling Weihnachtsmarkt
Das Chemnitzer Stadtfest soll einen deutlich regionaleren Charakter bekommen, künftig als - im wahrsten Sinne des Wortes - "Chemnitzer Stadtfest" erkennbar sein - wo Chemnitz drauf steht, sollte auch Chemnitz drin sein. Die Befragten vermissten unter anderem individuelle Kulturangebote, Jazz, Theater, Lesungen. Chemnitzer Vereine, die Chemnitzer Kulturszene und Unternehmen der Stadt sollen einbezogen werden. Thematisch erwarten die Gäste einen Brückenschlag zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Was ebenso fürs Stadtfest gilt: Mitmach-Angebote für alle - insbesondere für Jugendliche - stehen ganz oben auf der Wunschliste. Auch für die Studenten in der Stadt sollten geeignete und vielfältige Angebote entwickelt werden. "In den nächsten Monaten wird aufgrund dieser Ergebnisse ein detailliertes Konzept gemeinsam mit der City-Management und Tourismus Chemnitz GmbH entwickelt. Qualität `Made in Chemnitz´ ist genauso gefragt wie gutes Festmanagement", erklärte die Oberbürgermeisterin. "Das Stadtfest soll ein echter Besuchermagnet sein", ergänzt Bürgermeister Miko Runkel. Mehr Klasse als Masse sei hier das oberste Gebot, um die Attraktivität dieses Festes zu steigern.
Der Weihnachtsmarkt ist bereits ein solcher Besuchermagnet: Insgesamt sind die Befragten sehr zufrieden gewesen mit dem Weihnachtsmarkt, der insbesondere mit der Gestaltung und dem historischen Ambiente punktete. Insbesondere junge Leute zeigten sich jedoch mit der Parkplatzsituation unzufrieden.
Die Oberbürgermeisterin betonte, dass die Studie der TU Chemnitz kein Gefälligkeitsgutachten sei, sondern die Ergebnisse - darunter auch einige kritische Töne - als Arbeitsauftrag verstanden werden. Eine Zusammenstellung der Einzelergebnisse der Studie findet man hier als PDF.
Erläuterungen zur Image-Kampagne "Chemnitz - Stadt der Moderne" findet man auf der Homepage der Stadt Chemnitz. Weiterführende, insbesondere für Gäste der Stadt aufbereitete Informationen werden auf der Webseite der City-Management und Tourismus Chemnitz GmbH präsentiert.
Weitere Informationen erteilen Dr. Sandra Kaminski, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre, Telefon 0371 531-35382, E-Mail sandra.kaminski@wirtschaft.tu-chemnitz.de, sowie Katja Uhlemann, Pressesprecherin der Stadt Chemnitz, Telefon 0371 488-1530, E-Mail katja.uhlemann@stadt-chemnitz.de
Mario Steinebach
09.06.2010