Skispaß auch ohne Schnee
Das Institut für Fördertechnik und Kunststoffe der TU Chemnitz präsentiert eine neue Generation textiler Gleitflächen für die ganzjährige Nutzung
Skifahrer, Snowboarder und Rodelfans lieben ihn: den Schnee. Fällt er zwischen November und Februar oft reichlich, müssen Wintersportler das restliche Jahr über meistens zurückstecken. Abhilfe schaffen können textile Skipisten - Gleitflächen, die sich ausrollen lassen und an warmen Tagen sowohl rutschiges Vergnügen für Freizeitrodler als auch Trainingsflächen für Profisportler bieten. "Tests haben gezeigt, dass die Entwicklung von textilen Skipisten noch längst nicht auf dem neuesten Stand der Technik ist", sagt Arndt Schumann von der Professur Fördertechnik der Technischen Universität Chemnitz. Sein Kollege Jens Reindl erklärt: "Das harte Borstenmaterial weist ein hohes Verletzungsrisiko auf. Die Borsten müssen zudem durch ein integriertes System ständig bewässert werden und die Gleitfunktion ist ungenügend. Außerdem sind die Investitionskosten und die Kosten für die laufende Bewässerung immens." Die Wissenschaftler der Professur Fördertechnik beschäftigen sich derzeit mit der Optimierung der textilen Gleitflächen.
"Um die Eigenschaften solcher Skiflächen zu verbessern, muss besonders die textile Konstruktion und die Materialauswahl der oberen Schicht beachtet werden, da diese die notwendigen Gleiteigenschaften abbildet", so Reindl. Die Projektpartner SMM-Textil GmbH und C.H. Müller GmbH entwickelten gut gleitende und wasserspeichernde Textilien und wählten verschiedene stoßdämpfende Vliesstoffe aus. Arndt Schumann testete die verschiedenen textilen Konstruktionen auf den vorhandenen Tribologieprüfständen der Professur Fördertechnik. Dabei prüfte er die Dämpfungs-, Reibungs- und Verschleißeigenschaften.
Auf Grundlage der Messwerte ermittelten die Wissenschaftler die in der Theorie beste Lösung, die die beiden Projektpartner anschließend als Prototypen fertigten. Dabei handelt es sich um einen dreischichtigen, luftdurchlässigen Textilverbund. "Eine gleitmodifizierte Deckschicht ermöglicht durch spezielle Strukturen das realitätsnahe Fahrerlebnis, die dämpfende Mittelschicht dient der Stoßabsorption und die Grundschicht der Befestigung des Systems am Boden", erläutert Reindl und betont: "Diese Neuentwicklung weist erstmalig schneeähnliche Gleit- und Fahreigenschaften auf, ohne dass hohe Investitionskosten erforderlich sind." Durch die geschlossene, weiche Oberfläche bestehe keinerlei Verletzungsrisiko. Da das Material Wasser speichert, muss es nicht ständig bewässert werden. "Somit ist auch eine einfache und schnelle Installation und Deinstallation als textile Skipiste möglich", so Reindl.
Die textile Gleitfläche kann als Unterlage sowohl für den Skilanglauf als auch zum Rodeln genutzt werden. Außerdem ist sie für Funsportgeräte wie Snowglider und Snowbikes geeignet. In der Praxis getestet wurde das Ergebnis durch professionelle Skilehrer der Vereinigten Skischule Oberwiesenthal, durch Freizeitsportler und durch Kinder. "Die Bewertungen bei diesen umfangreichen Funktionstests waren durchweg positiv", erklärt Schumann. Nun ist eine Serienentwicklung geplant. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert und von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. (AiF) betreut.
Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Professur Fördertechnik http://www.tu-chemnitz.de/projekt/Gleitketten/KZT/proj_skipiste.php und bei Prof. Dr. Klaus Nendel, Telefon 0371 531-32323, E-Mail klaus.nendel@mb.tu-chemnitz.de.
Katharina Thehos
02.11.2011