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Maschinenbau und Ente süßsauer

Nguyen Binh Dinh kam aus Vietnam in die DDR - aus dem einstigen Karl-Marx-Städter Studenten wurde ein Restaurantketten-Besitzer

  • Nguyen Binh Dinh lädt in seinem Schnellrestaurant in der Galerie Roter Turm zum Asia-Buffet ein. Von Chemnitz aus führt der TU-Absolvent auch noch 21 weitere Bistros in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern. Foto: Sandra Edel

Ein Duft von frischem Gemüse, krosser Ente und süßsaurer Soße strömt einem entgegen, wenn man das Schnellrestaurant Mr. Binh Dinh im Einkaufszentrum Galerie Roter Turm in Chemnitz betritt. Der Name Schnellrestaurant scheint jedoch etwas unplatziert, denn die Kunden wirken ruhig, während sie sich die Speisen in der Theke anschauen, sich die einzelnen Menükomponenten erklären lassen und sich danach an einen der vielen Tische setzen, um die asiatischen Spezialitäten zu genießen.

Ganz ruhig wirkt auch Inhaber Nguyen Binh Dinh, nach dem das Restaurant benannt wurde, während er über alte Zeiten spricht. Der Vietnamese wurde 1961 in Ninh Binh geboren, machte Abitur in seiner Heimat und arbeitete einige Zeit in der Landwirtschaft, aber: "Nach dem Abitur wollte ich unbedingt im Ausland studieren. Ich wollte die Welt, ein anderes Land sehen und schauen, wo man den besten Beruf erlernen kann. Es war ein großes Erlebnis, und als ich die Möglichkeit hatte, hab ich zugegriffen", erzählt Binh Dinh. Die Möglichkeit ins Ausland zu gehen, bot sich ihm, nachdem er eine Studienprüfung erfolgreich absolvierte, die nur drei Prozent der Teilnehmer bestanden. Durch ein Abkommen zwischen Vietnam und der DDR kam er dann als Vertragsarbeiter nach Deutschland.

1982 begann er in Jena eine Ausbildung als Härter, die nicht ganz leicht war, wie er berichtet. "In Deutschland angekommen, haben wir erst einmal Deutsch gelernt. Die ersten sechs Monate habe ich kaum etwas verstanden, das war sehr schwer, aber wenn man unbedingt will, dann schafft man es auch", sagt Binh Dinh und fügt hinzu: "Aber ich wollte immer ein Diplom machen. Ich habe mich deshalb sehr angestrengt, damit ich ein Studium machen konnte."Ob er studieren konnte, hing von seinen Leistungen ab. "Damals habe ich mit circa 2.000 Lehrlingen angefangen und davon durften drei oder vier ein Studium beginnen, also nur die mit der besten Leistung." So kam er ins damalige Karl-Marx-Stadt. Hier hatte er die Möglichkeit, an der Technischen Hochschule entweder Elektrotechnik oder Maschinenbau zu studieren. "Ich habe einfach Maschinenbau gewählt, weil es mir besser gefiel", begründet er kurz seine Wahl, die er nie bereut hat. Es ist jedoch weniger das Faktenwissen, das er aus seinem Studium mitnahm, das er 1990 als Diplom-Ingenieur-Pädagoge abschloss. "Wenn man studiert hat, dann hat man eine ganz andere Sichtweise und Wahrnehmung von bestimmten Dingen, die zum Beispiel hilft, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen", erzählt der Vietnamese. Darüber hinaus habe er noch heute engen Kontakt zu seinen damaligen Kommilitonen und das Studium sei schließlich auch ein Grund gewesen, in Chemnitz zu bleiben. Ebenso wie die Erinnerungen, die ihn mit der Stadt verbinden.

Gearbeitet hat Nguyen Binh Dinh nach dem Studium nicht im Maschinenbau, denn die Wende bot ihm andere Möglichkeiten. Ein Jahr lang arbeitete er als Dolmetscher, bevor er 1992 mit seinen Freunden ein Chinarestaurant eröffnete. "Nach der Wende war der Bedarf an asiatischen Restaurants sehr groß und ich konnte Deutsch und hatte Erfahrung mit den Behördengängen", begründet er seine Entscheidung. Es vergingen vier Jahre bis Binh Dinh sein erstes eigenes Bistro mit dem Namen "Peking" in der Sachsenallee in Chemnitz eröffnete. Mittlerweile ist er Inhaber von deutschlandweit 22 Bistros, in denen über 100 Mitarbeiter tätig sind.

Auf die Frage, welche Ziele er für die Zukunft hat, antwortet er: "Eigentlich keine, weil ich es nicht plane. Ich nehme es, wie es kommt." Allerdings könnte sich der 50-Jährige schon vorstellen, dass sein Sohn die Geschäfte eines Tages übernimmt. Er studiert momentan Wirtschaftswissenschaften an der TU Chemnitz im ersten Semester. Diese Entscheidung traf der 20-Jährige zusammen mit seinem Vater. "Er wollte unbedingt ins Ausland, zum Beispiel nach Amerika oder England. Ich habe aber hauptsächlich wegen des Fußballs gesagt, dass er in Chemnitz studieren soll", erklärt Binh Dinh und lacht, denn auch er hatte einst den Wunsch, im Ausland zu studieren. Dennoch steht er hinter seinem Rat, denn sein Sohn habe nun die Möglichkeit, weiterhin in der U23-Mannschaft von Erzgebirge Aue zu spielen und könnte nach seinem Studium bei ihm im Geschäft praktische Erfahrungen sammeln. "Natürlich kann er selbst entscheiden, was er möchte. Hauptsache es macht ihm Spaß und man weiß ja nie, was bis dahin noch alles passiert", spricht er und lehnt sich entspannt an die rote Wand seines Bistros.

(Autorin: Sandra Edel)

Katharina Thehos
22.02.2012

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