Sind Organisationen moralische Akteure?
Nächster Referent des Brückenkolloquiums der Professur Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist am 4. Juli 2012 der Vizerektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien, Prof. Dr. Thomas Krobath
Lassen sich ethische und soziologische oder ökonomische Kategorien ohne Weiteres zusammenbringen? Diese Frage stellt Prof. Dr. Thomas Krobath, Vizerektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien und nächster Referent des Brückenkolloquiums der Professur Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der TU Chemnitz. "Organisationsentwicklung - gar keine Frage der Moral?" lautet der Titel seines Vortrags, der am Mittwoch, den 4. Juli 2012 stattfindet. Ab 18.15 Uhr spricht der studierte Theologe, Philosoph und Erwachsenenbildner im Hörsaalgebäude der TU Chemnitz an der Reichenhainer Straße 90, Raum N001. Er geht dabei auch der - etwas provokanten - Frage nach, ob man sich Organisationen als moralische Akteure vorstellen kann.
"Heutzutage gilt Organisationsentwicklung als unabdingbar in der Wirtschaft. Aber auch die öffentliche Hand schaut darauf, dass - vor allem berufsbildende - Schulen Entwicklungsprogramme auflegen. Das geschieht jedoch nur anscheinend in einer moralfreien Zone", erklärt Prof. Dr. Volker Bank, Inhaber der Professur Berufs- und Wirtschaftspädagogik, zum Hintergrund des Vortrages, bei dem es auch um das Thema geht, ob sich Vokabeln, die üblicherweise das menschliche Gewissen beschreiben, auf Organisationen und Unternehmen anwenden lassen. "Die fortgesetzte Finanzkrise scheint das möglich zu machen. Es wird öffentlich über `böse´ Spekulanten hergezogen und Gier als Handlungsmotiv von Organisationen diagnostiziert", sagt Bank und ergänzt: "Unterdessen ist auch zu fragen, ob mehr Moralität eine `gute´ Gesellschaft gewährleisten und einen Ausweg aus der Krise bieten kann. Wer wäre im Zweifelsfall zur Verantwortung zu ziehen? Die stets `gierigen´ Manager? Oder Praktiken anonym erscheinender Organisationen?"
Mit der Veranstaltungsreihe der "Brückenkolloquien" möchte die Professur Berufs- und Wirtschaftspädagogik Brücken zwischen Wirtschaft und Wissenschaft bauen, die den Austausch in beide Richtungen ermöglichen und Anlass zum wechselseitigen Gespräch geben. "Wissenschaft und Wirtschaft sind zwei Systeme, die ihre ganz eigenen Diskurse pflegen. Als Teile eines großen Ganzen aber sind sie aufeinander angewiesen", sagt Prof. Bank. Nachdem bei der ersten Veranstaltung ein Vertreter der Praxis und bei der zweiten ein Vertreter der Wissenschaft zu Wort gekommen ist, schlägt der nächste Referent schon in seiner Person eine Brücke zwischen beidem: Prof. Krobath hat die Organisationsentwicklung als Professor theoretisch bearbeitet; als Berater, Supervisor und Bildungsmanager sowie Leiter des Kompetenzzentrums für Schulentwicklung der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems ist er in diesem Feld aber auch praktisch tätig. Krobath hält eine Assistenzprofessur für Ethik und Organisationsethik an der Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Alpen-Adria Universität (Klagenfurt/Wien/Graz), von der er 2011 für die Wahrnehmung der Funktion als Vizerektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems beurlaubt worden ist. Gemeinsam mit Andreas Heller hat er 2010 das Handbuch der Organisationsethik "Ethik organisieren" herausgegeben. "Ich bin sehr gespannt auf den Vortrag des Kollegen Krobath", sagt Bank, "denn wir haben uns an der Professur Berufs- und Wirtschaftspädagogik auch intensiv mit Systemischem Change Management als weitergeführter Form von Organisationsentwicklung beschäftigt. Und tatsächlich scheint alles am Ende auf die ethische Frage einer Organisationmoral hinauszulaufen."
Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Volker Bank, Telefon 0371 531-32245, E-Mail bwp@phil.tu-chemnitz.de.
Katharina Thehos
03.07.2012