Kooperation und Internationalität als Erfolgsgaranten
Zwei Jahrzehnte Halbleiterphysik an der TU Chemnitz: Prof. Dr. Dietrich R.T. Zahn spricht in einem Rückblick über die Entwicklungen an seiner Professur
Ob bei der Herstellung von Speicherchips, Leuchtdioden oder Solarzellen - Halbleiter sind aus unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Noch vor 60 Jahren wurden Halbleiter als Schichten im Zentimeter- und Millimeterbereich untersucht. Heute ist man längst in den Bereich von Nanometern, also Millionstel Millimeter, vorgedrungen. So können bei der spektroskopischen Charakterisierung von Grenzflächen sogar Effekte einzelner Atome betrachtet werden. Neben der Untersuchung von Nanopartikeln mit Quanteneffekten gehören auch Themen wie die Erforschung der Grenzflächen von organischen und anorganischen Halbleitern sowie Kooperationsprojekte mit der Elektrotechnik zu den aktuellen Forschungsthemen der Professur Halbleiterphysik der Technischen Universität Chemnitz.
Vor 20 Jahren sah das noch ganz anders aus. Obwohl das Team der Professur Halbleiterphysik komplett neu aus Wissenschaftlern der alten und neuen Bundesländer zusammengestellt wurde, klappte die Arbeit von Anfang an hervorragend. "Ich war damals gerade einmal 34 Jahre als und wohnte noch im Wohnheim. Es war eine extreme Herausforderung, die mich persönlich sehr gefordert hat", erinnert sich Prof. Dr. Dietrich R.T. Zahn, Leiter der Professur Halbleiterphysik an seine Chemnitzer Anfänge. Beispielsweise blickt Zahn sehr gern auf das von der Deutschen Forschungsgesellschaft geförderte Innovationskolleg zu "Methoden und Materialsystemen im Nanometerbereich" zurück, das am Institut nur ein Jahr nach Gründung im Jahr 1993 begann. "Die Forschungen waren damals an den klassischen anorganischen Halbleiterbereich angelehnt. Untersucht haben wir vor allem Siliziumkarbid und Diamant. Es war das erste große Projekt, das wir zusammen mit den Kollegen aus der Physik sehr erfolgreich gestemmt haben.
Doch nicht nur die TU profitierte vom unermüdlichen Einsatz des passionierten Physikers, auch der Leiter der Professur lernte in Chemnitz neue Seiten der Halbleiterphysik kennen. So arbeiteten die Chemnitzer Wissenschaftler bereits damals mit organischen Molekülen. Dank der neuen Professur Halbleiterphysik entstand schließlich auch in Chemnitz ein Zweig der organischen Halbleiterforschung. Aufgrund dieser Entwicklungen beantragte Zahn ab 1999 das EU-Ausbildungs- und Forschungsnetzwerk DIODE (Designing Inorganic, Organic Devices), das sich insbesondere mit Grenzflächencharakterisierungen von organischen und anorganischen Halbleitermaterialien auseinandersetzt. Seit 1999 koordinierte die Chemnitzer Arbeitsgruppe dieses europäische Netzwerk und profitiert dabei selbst auch sehr stark von der großartigen Kombination aus Experimenten und theoretischem Wissen, das sich aus der Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Forschungsinstitutionen aus ganz Europa ergab.
Aufbauend auf dieser europäischen Kooperation existiert mittlerweile sogar ein weiteres Projekt unter der Leitung von Zahn. Das Forschungsprogramm "Towards Molecular Spintronics" setzt sich dabei insbesondere mit magnetischen Eigenschaften von organischen Halbleitern auseinander. Ebenfalls in den 1990er Jahren begann die Zusammenarbeit mit der Elektrotechnik im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 379 "Mikromechanische Sensor- und Aktorarrays". Heute ist die Chemnitzer Arbeitsgruppe unter anderem an dem Forschungsprojekt SMINT (für Sensorische Mikro- und Nanosysteme) beteiligt. Ziel von SMINT ist nicht nur die Zusammenführung von Nanostrukturen und neuartigen Materialien, sondern auch die räumliche und funktionale Integration heterogener Komponenten in Mikro- und Nanosysteme. Insbesondere die Kooperation mit Prof. Dr. Thomas Geßner von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik ist hierbei von Bedeutung.
Zusammen mit der Forschergruppe für "Organisch-Anorganische Nanokomposite durch Zwillingspolymerisation" sowie Vertretern der Programme "Towards Molecular Spintronics" und SMINT reflektiert Zahn am 19. April 2013 im Rahmen eines Symposiums die 20-jährige Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Halbleiterphysik an der TU Chemnitz. Teilnehmen werden etwa 150 Wissenschaftler aus aller Welt. "Ich freue mich, die verschiedenen Kollegen und langjährigen Begleiter aus den Halbleiterwissenschaften sowie der Nanotechnologie und der Chemie in Chemnitz begrüßen zu können. Unter den Gästen sind sehr viele Co-Autoren meiner bisherigen Arbeiten. Vielleicht entstehen aus unserem Zusammenkommen und dem Gedankenaustausch wieder neue hilfreiche Synergien", hofft Zahn, der bereits am Tag zuvor in den Genuss zahlreicher Vorträge von wissenschaftlich hochrangig dotierten Kollegen kommen wird. Schließlich hält die Alexander von Humboldt-Stiftung an der TU Chemnitz einen Workshop zur optischen Spektroskopie von Halbleiter-Nanopartikeln ab.
Solche Aussichten auf internationale Wissenschaftskooperationen und interkulturellen Austausch locken schon seit Jahren zahlreiche Forscher aus aller Welt an die Professur. "Ich kann mich an Zeiten erinnern, da bestand unsere Professur aus Vertreten von 13 Nationen", so Zahn, der die Vorzüge eines multikulturellen Forschungsteams längst erkannt hat: "Der Mehrwert lässt sich ganz eindeutig am wissenschaftlichen Output erkennen, also zum Beispiel an der Anzahl der Promovierenden, aber auch anhand der Vielzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Nur so kann das Wissen öffentlich gemacht und schließlich auch genutzt werden. Ohne meine Kollegen aus aller Welt wäre der Erfolg meines Teams in den vergangenen 20 Jahren nicht möglich gewesen."
Auch die Nachfrage interessierter und motivierter Studenten aus dem Ausland sei aufgrund der exzellent vernetzten Professur enorm hoch. Vor allem Studenten des international ausgerichteten Masterstudienganges Micro and Nano Systems würden sich sehr für die Angebote der Professur interessieren. Aufgrund des enormen Wachstums und der steigenden Bedeutung der Halbleiterphysik wird diese Nachfrage wohl auch in den kommenden Jahren nicht abnehmen. Aktuelle Themen sind beispielsweise transparente, flexible oder dehnbare Elektronik sowie Silizium, das allein durch das Sprühen aus einer Spraydose hergestellt wird. So dürften auch die kommenden Jahre der Professur Halbleiterphysik der TU Chemnitz die Ideen nicht ausgehen.
(Autorin: Ina Huke)
Katharina Thehos
16.04.2013