„Folge mir!“
Augmented-Reality-unterstütztes Intralogistiksystem mit intelligenten, fahrerlosen Transportfahrzeugen soll Effizienz in der Lagerhaltung steigern
Autonome fahrerlose Transportsysteme für die Intralogistik sind ein Megatrend, dem seit März 2016 auch Wissenschaftler der Technischen Universität Chemnitz nachgehen. Ihre Vision: Intelligente, fahrerlose Transportfahrzeuge folgen dem Kommissionierer beim Packen selbständig durch das Lager. Sie navigieren sich mit Hilfe von 3D-Kameras und Laserscannern durch die Gänge, weichen Hindernissen aus und bremsen, wenn ein Mitarbeiter ihren Weg kreuzt. „FOLLOWme“ („Folge mir“) heißt das mit rund 1,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt, mit dem die Forscher vor allem bereits bestehende Versand- und Produktionslogistikzentren von Mittelständlern unterstützen wollen. „Um die Mensch-Maschine-Interaktion mit dem fahrerlosen Transportfahrzeug absolut sicher zu gestalten, haben wir mit der SICK AG den Weltmarktführer für Sensortechnik mit ins Boot geholt“, erklärt Mario Lorenz, Wissenschaftler der Professur für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik und Ideengeber des Projekts. Mit deren Knowhow soll eine industrietaugliche Lösung entwickelt werden, die dank hochgenauer Sensoren und Kameras deutlich mehr Flexibilität im Einsatz erlaubt als bestehende Konzepte, bei denen die autonomen Transportroboter über Markierungen auf dem Boden oder Induktionsschleifen geführt werden. „Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man künftig Werkstattwagen mit Kleinteilen, Essenswagen im Krankenhaus, Gepäckwagen auf dem Flughafen oder Einkaufswagen im Supermarkt mit dieser Technik ausstatten könnte“, denkt Lorenz weiter.
Ein zweites Projektziel ist die Entlastung des Kommissionierers bei der Wegefindung und Artikelentnahme. Ein Augmented-Reality-System (AR-System) soll dem Mitarbeiter Informationen zu den Artikeln und deren Lagerplätzen einblenden und so den Kommissioniervorgang beschleunigen und die Fehlerquote senken. Welche AR-Variante – Brille, Smartphone oder Projektor - im realen Kommissionierprozess technisch am besten geeignet ist und von den Mitarbeitern angenommen wird, ist ein wesentlicher Forschungsgegenstand, der im Projekt von den VR-/AR-Spezialisten der Professur für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik der TU erarbeitet werden soll.
Der dritte Aspekt im Projekt zielt auf die Information und Steuerung des gesamten Logistiksystems durch den operativen Leiter in einem virtuellen Leitstand ab. Dort soll das Lager als 3D-Modell angezeigt werden, in dem beispielsweise die fahrerlosen Transportfahrzeuge mit ihrem Pack- und Ladestatus angezeigt und auch angesteuert werden können. Dieses Modell soll auch kleinere Layout-Änderungen des Lagers oder Prozessänderungen durch unterschiedliche Auftragslagen simulieren können. Bei dieser Aufgabe bringt das Magdeburger Softwareunternehmen LIVINGSOLIDS, das auf Softwarelösungen zur intuitiven Interaktion mit 3D-Modellen spezialisiert ist, seine Kompetenzen ins Projekt ein.
Der vierte Forschungsschwerpunkt beinhaltet die Zentrale Steuerungsintelligenz, das heißt die Schnittstelle, an der der Datenaustausch zwischen dem Leitstand, den autonomen Transportfahrzeugen und Drittsystemen zur Artikelverwaltung etc. stattfinden soll. Große Teile dieser Inhalte wird die Chemnitzer iFD GmbH übernehmen. „Die iFD ist ein Softwareanbieter für automatisierte und manuelle Bereiche der Intralogistik in Industrie und Handel, der die Anforderungen der Kunden und deren Bedarfe genau kennt und die Relevanz des Themas bestätigt“, erklärt Lorenz. 2019 soll das Projekt abgeschlossen und in die industrielle Anwendung überführt werden.
Weitere Informationen: www.followme-ils.com
(Autorin: Katja Klöden)
Mario Steinebach
30.05.2016