Notenblätter 2.0
Ein Gründerteam der Chemnitzer Fakultät für Informatik entwickelt Hard- und Softwarekomponenten zur digitalen Darstellung von Notenblättern - Beim Science Slam am 24. September 2016 ist es dabei
Wer kennt das nicht? Man sucht ein ganz bestimmtes Dokument und kann es im Unterlagenstapel nicht finden: ein einziges Blätterchaos. Dies betrifft auch Musiker, die oft mit Hunderten von Notenblättern hantieren. Dass man im digitalen Zeitalter inzwischen auch ohne gedruckte Noten musizieren kann, ist nicht neu. Seit einigen Jahren nimmt der digitale Notenbestand beständig zu. „Die Digitalisierung des Musiknotenmarktes bietet vielfältige Vorteile. Man kann abertausende Musikstücke auf kleinstem Raum speichern, sammeln und schnell abrufen. Kopierkosten werden gespart und der Zeitaufwand der Vervielfältigung wird aufs Kleinste reduziert“, macht Josephin Hartmann deutlich. Die 28-jährige Marketingexpertin ist Teil eines dreiköpfigen Gründerteams der Technischen Universität Chemnitz, das sich mit der digitalen Darstellung von Notenblättern beschäftigt. Ihr Kollege Ulrich Halfter ergänzt erklärend: „Wir sind alle musikbegeistert und haben uns 2015 an der Chemnitzer Uni zusammengefunden. Seit Anfang des Jahres arbeiten wir gemeinsam an einer App, die Notenblätter flexibel und interaktiv darstellen kann. Zum Weiterblättern der Seiten auf dem Bildschirm entsteht zusätzlich ein Pedal, das sich durch seine Ergonomie, Benutzerfreundlichkeit und dem Design von der Konkurrenz abhebt.“ Halfter studierte Informatik an der TU Chemnitz und ist vor allem für die Programmierung der App verantwortlich. Komplettiert wird das Trio von Alexander Krauß. In seinem Verantwortungsbereich liegen die Hardware-Entwicklung sowie die Projektfinanzierung.
Das Gründungsvorhaben trägt den Namen „ePartitur“ und ist an der Fakultät für Informatik angesiedelt. Was genau das Projekt so einzigartig macht, erklärt Halfter zusammenfassend: „Der Innovationsgedanke von ePartitur liegt in dem eigens entwickelten Algorithmus der digitalen Notenanzeige und der Kombination von Hard- und Software. Zum einen entwickeln wir eine App, mit der Noten auf allen Displaygrößen problemlos und gut lesbar angezeigt werden. Dafür analysieren wir Notenmaterial sehr genau, um zu erkennen, wie die optimale Darstellung der Informationen auf einem mobilen Endgerät für Musiker aussieht. Das größte Problem besteht darin, dass herkömmliche Notenblätter im A4-Format konzipiert werden und sich somit die Lesbarkeit der Noten bei der Anzeige auf einem Tablet- oder Handydisplay verschlechtert.“ Krauß ergänzt: „Das Pedal stellt die Hardwarekomponente unseres Projekts dar. Über eine drahtlose Bluetooth-Verbindung zum Tablet wird das Umblättern der Notenblätter ermöglicht. Das elegante Holzdesign vervollständigt unsere Idee der Kombination von Effizienz und Ästhetik.“
Bei der Frage nach der größten Herausforderung des Projekts ist sich das Trio einig. „Das Notengeschäft ist stark frequentiert, jedoch ist das digitale Notengeschäft für die Verlage Neuland. Es liegt nun zum großen Teil an uns, die Akzeptanz dafür in der Verlagswelt zu schaffen. Auch viele Musiker schätzen das alte Papierheft. Mit unserer Idee möchten wir nun ein Premiumprodukt erschaffen und für das digitale Notenspiel Qualitätsstandards setzen, um die breite Masse zu überzeugen“, so Projektmitglied Hartmann. Überzeugt von der Idee ist auch Musiklehrer Lukas Heinig. Er betreibt die Musikschule Ars Nova im Erzgebirgskreis und sieht in einer digitalen Notendatenbank viele Vorzüge für sich und seine Schüler. „Warum sollte man nicht musizieren können, ohne dabei mit Papier zu hantieren? Zudem ist die Vervielfältigung der Lehrinhalte digital schneller und verlässlicher. Meine Schüler nehmen die elektronische Notenanzeige bisher gut an“, macht der erfahrene Musiker deutlich.
Betreuung erfährt das Projekt weiterhin vom Gründernetzwerk SAXEED sowie von Dr. Frank Seifert von der Professur Datenverwaltungssysteme der TU. Er zeigte für das Projekt von Anfang an Begeisterung: „Ich bin selbst auch Musiker und habe mir schon immer eine Möglichkeit gewünscht, das Chaos meiner Notensammlung zu beseitigen“. „Dr. Seifert ist unser fachlicher Mentor und Berater. Er ist ein wertvoller Ideengeber und begleitet uns auf unserem Weg. Zugleich hat er stets ein offenes Ohr für Fragen und Probleme unsererseits“, erzählt Halfter. Seit Januar 2016 wird das Projekt für einen Zeitraum von zwölf Monaten vom Förderprogramm EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zusätzlich finanziell unterstützt.
Wer die Mitglieder von „ePartitur“ treffen und mehr über das Gründungsvorhaben erfahren möchte, hat beim Chemnitzer Science Slam am 24. September 2016 ab 19.30 Uhr im ehemaligen Chemnitzer Reichsbahnausbesserungswerk RAW, Emilienstraße, die Möglichkeit dazu.
Weitere Informationen zum Projekt ePartitur: www.epartitur.org
(Autorin: Katharina Preuß)
Mario Steinebach
10.09.2016