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Viereinhalb Monate Kulturarbeit in Indiens IT-Hauptstadt

TU-Student Lars Meese berichtet über sein Auslandspraktikum in der Kulturabteilung am Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan in Bangalore (Indien)

  • Lars Meese (l.) zusammen mit Institutsleiter Dr. Claus Heimes, Maureen Gonsalves, Kopf der Kulturabteilung, und Elias Krössin, kulturweit-Praktikant am Goethe-Institut, auf der Eröffnung des Bengaluru Film Festivals 2017. Foto: privat

Als mir eine Freundin im Frühsommer vergangenen Jahres von ihrem mehrmonatigen Praktikum in Südasien erzählte, wurde mein alter Wunsch nach einer längeren Auslandserfahrung wieder geweckt. Dabei wollte ich diesmal allerdings nicht nur in die Rolle des Touristen schlüpfen. Ich beschloss deshalb, mehrere Optionen für Auslandspraktika zu recherchieren und wurde dabei beim Goethe-Institut fündig. Positive Berichte von Freunden bekräftigten meine Wahl und den Versuch, einen Praktikumsplatz zu ergattern. Vor allem auch aufgrund von persönlichem Interesse richtete ich meinen Fokus auf die Regionen Süd- und Südostasien. Nach einiger Zeit erhielt ich dann eine positive Rückmeldung aus dem Subkontinent Indien, genauer gesagt aus dem im Süden des Landes liegendem Bangalore. Dort verbrachte ich die Monate von Januar bis Mitte Mai dieses Jahres.

Vielen ist die Stadt im Bundesstaat Karnataka wohl eher für seine Ansiedlung von großen in- und ausländischen Tech-Firmen ein Begriff. Zu dem dient die Metropole den meisten Touristen wahrscheinlich eher als Hub, um kulturelle Ziele und die Natur im Süden des Landes zu bereisen. Dass das rasant wachsende Bangalore jedoch viel mehr zu bieten und zu entdecken hatte, bestätigte mir meine Zeit am Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan. Gut, wirkliche Sehenswürdigkeiten die z. B. mit denen in Delhi, Mumbai oder Kolkata mithalten können gibt es nicht, dafür aber eine florierende Kunst- und Kulturszene. Durch meine Tätigkeit in der Kulturabteilung des Instituts war ich mit dieser Szene in nahezu alltäglichem Kontakt. Aufgrund mehrerer großer und kleiner Projekte und Kooperationen arbeitet das Goethe-Institut mit Galerien, Kollektiven von Kunstschaffenden, Schauspiel- und Tanzakademien usw. zusammen. Im Vordergrund steht hierbei nicht nur der Kulturaustausch von Deutschland nach Indien, sondern auch umgekehrt. Das beste Beispiel ist wahrscheinlich das sehr gefragte Residenzprogramm "bangaloREsidency", vor einigen Jahren geschaffen für KünstlerInnen die in Deutschland leben und arbeiten.

Als ich zum Jahreswechsel in Bangalore ankam, war die Residency schon in ihren Schlussakkorden und mir wurde prophezeit, dass die nächsten Wochen und Monate für die Abteilung eher ruhiger werden würden. Zum Glück trat das aber nicht ein. Bereits im Januar mussten noch Abschlussveranstaltungen zweier bangaloREsidenten organisiert, promotet und durchgeführt werden. Das hieß für mich, die Künstlerbetreuung meiner Vorgängerinnen und Vorgänger zu übernehmen und weiterzuführen sowie die Veranstaltungen auf der hauseigenen Webpage und den Social-Media-Kanälen zu bewerben, Fotos anzufertigen und den Pressespiegel nachzuarbeiten. Gut für mich, wurde ich somit gleich in das Geschehen eingebunden und durfte mich mit mehr oder weniger freier Hand austoben. Außerdem spielten mir diese Aufgaben als Medienkommunikations-Student sehr gut in die Karten. Ebenfalls zur Tätigkeit als Praktikant gehörte nicht nur der achtstündige Arbeitstag, sondern auch das Präsentsein auf diversen abendlichen Veranstaltungen, wie z. B. Ausstellungs- und Galerieeröffnungen von Kooperationspartnern oder Tanz- bzw. Schauspielperformances, die durch das Goethe-Institut gefördert werden. So hatte ich nicht nur einen vollen Terminkalender, sondern schüttelte auch reichlich Hände von wichtigen Akteuren der Kunst- und Kulturszene.

Ein kurzer Abriss zum Leben in der Zehn-Milionen-Metropole

Es ist nicht gerade selten vorgekommen, dass die Wochenenden mit Veranstaltungen, die mit dem Goethe-Institut in Verbindung standen, gefüllt waren. Die Stadt selbst ausgiebig erkunden zu können, bedurfte also einiger Planung. Nichtsdestotrotz haben sich häufiger Möglichkeiten ergeben, das teilweise sehr westlich geprägte Nachtleben Bangalores zu erleben. Abende im Pub oder Kinobesuche waren deshalb keine Seltenheit. Für Abwechslung sorgte auch der Gang zu Heimspielen des Fußballvereins Bangalore FC mit seiner wachsenden und leidenschaftlichen Fanszene. Außerdem waren die Kolleginnen und Kollegen vom Institut nach Feierabend immer sehr interessiert, einem die Stadt zu zeigen und Sachen zu unternehmen, vor allem die jüngere Riege. Da sich das Goethe-Institut im Viertel „Indiranagar“ befindet, eines der besseren Stadtteile Bangalores, in dem sich auch meine Unterkunft befand, kam ich eher weniger mit den unschönen Seiten einer indischen Großstadt in Kontakt. Auch hier sieht man zwar Menschen die auf den meist sporadischen Gehwegen schlafen, streunende Hunde oder Bettler, aber man lebt doch etwas entfernter von der Armut. Als ich mich jedoch ein ums andere Mal aufmachte, andere Teile der IT-Metropole zu erkunden, wie zum Beispiel das Viertel „Chickpet“ mit dem Areal des New Market, fühlte ich mich wie in einer anderen Welt. Massen von Menschen, schier endlose Hupkonzerte sämtlicher fahrender Vehikel, großer Trubel und lautes Markttreiben. Dazwischen meist Händler die allerhand Waren und Lebensmittel verkaufen, zum Teil auf dem Boden sitzend, aus ihren Verkaufsbuden heraus oder unterwegs mit Holzkarren.

Auch wenn Bangalore laut einigen Studien als lebenswerteste Stadt Indiens gilt, die Konfrontation mit Armut, die allgegenwärtige Verschmutzung durch Abfall und der nicht enden wollende Verkehr sind an der Tagesordnung. Meine freien Wochenenden habe ich deshalb ,so oft es sich anbot, genutzt, um der Stadt zu entfliehen. Viele westliche Touristen haben wahrscheinlich nur Goa und den Norden Indiens im Sinn, dabei bietet der Süden im gleichen Maße Kultur, Sehenswürdigkeiten und Natur. Ganz oben auf der Liste stand neben der ehemaligen französischen Kolonie und Ostküstenstadt Pondicherry, auch das für seine großen Tempelanlagen bekannte Hampi. Bestens geeignet für einen Ein-Tages-Ausflug ist die Stadt Mysore, vor allem wegen des prächtigen Palastes "Amba Vilas". Eine sehr gelungene Abwechslung von der Hektik Bangalores und den hochsommerlichen Temperaturen erfuhr ich außerdem während eines Trips nach Conoor. Eine bekannte Bergstation in den Nilgiri-Bergen, die schon britische Beamte als Abkühlung zu schätzen wussten.

Auch wenn ich in dieser Zeit viel gesehen und erlebt habe, so war es doch nur ein Bruchteil dieses riesigen faszinierenden Landes. Es wird bestimmt nicht meine letzte Reise dorthin gewesen sein. Alles in allem habe ich die Entscheidung für ein Auslandspraktikum am Goethe-Institut und besonders in Indien nicht bereut. Nicht nur, weil es einen wirklichen Zugewinn für meinen Lebenslauf und meine Arbeitserfahrung darstellt, sondern auch, weil mir die Zeit auf dem Subkontinent viele unvergessliche persönliche Eindrücke und Kontakte beschert hat.

(Autor: Lars Meese)

Mario Steinebach
13.06.2017

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