Zwei Mitglieder der Philosophischen Fakultät können in Paris und Madrid forschen
Prof. Dr. Teresa Pinheiro und Dr. Yaman Kouli wurden mit Feodor-Lynen-Fellowship der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet
Prof. Dr. Teresa Pinheiro, Inhaberin der Professur Kultureller und Sozialer Wandel am Institut für Europäische Studien der Technischen Universität Chemnitz, und Dr. Yaman Kouli, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europäische Geschichte der TU, wurden mit einem Feodor-Lynen-Fellowship der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet. Pinheiro wird damit ein einjähriger Forschungsaufenthalt in Madrid ermöglicht, Kouli wird für 18 Monate in Paris tätig sein.
Die Kulturwissenschaftlerin Pinheiro forscht zum erinnerungspolitischen Erbe der Spanischen Zweiten Republik im demokratischen Spanien. Insbesondere seit der Jahrtausendwende befindet sich die spanische Gesellschaft in einem umfassenden und kontroversen Prozess der Aufarbeitung des Bürgerkriegs und des Franquismus. In diesem Kontext erfährt auch die Rückbesinnung auf die Zweite Republik eine besondere Konjunktur. Bürgerinitiativen aus der Zivilgesellschaft fordern nach einer Rehabilitierung der Zweiten Republik und bedienen sich hierfür klassischer Mittel des „nation building“ wie der Errichtung von Monumenten – ein Unterfangen, das in der heutigen spanischen Gesellschaft alles andere als konsensfähig ist. Anhand der Untersuchung von der Republik gewidmeten Monumenten in Madrid und des Umgangs mit ihnen trägt Pinheiro zur Erforschung der Rolle der Zweiten Republik in der gegenwärtigen Ökonomie der Erinnerung in Spanien bei. Die Untersuchung ist zugleich ein Beitrag zu einer allgemeinen Theorie der Monumente als kultureller Artefakte moderner Gesellschaften.
Der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Kouli beschäftigt sich mit der Europäischen Integration vor dem Ersten Weltkrieg. Er argumentiert, dass die europäische Integration der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts große strukturelle Gemeinsamkeiten mit der Staatenkooperation zwischen 1870 und 1914 hat. Der sich in diesem Zeitraum verfestigende Nationalstaat konnte sein jeweils eigenes Wirtschafts- und Rechtsregime – konkret wird die Sozial- und Patentpolitik Frankreichs und Deutschlands problematisiert – auch deswegen aufrechterhalten und entwickeln, weil auf primär europäischer Ebene Absprachen, Kongresse und Konferenzen erlaubten, verlässliche Standards zu kodifizieren, die nicht mehr unterschritten werden durften. Darüber hinaus widmet sich Kouli dem ökonomischen Verflechtungsniveau der europäischen Staaten seit dem Jahr 1900 mit dem Ziel, ihn quantitativ zu messen.
„Die Auszeichnungen belegen das hohe Niveau der beiden Wissenschaftler“, freut sich Prof. Dr. Stefan Garsztecki, Dekan der Philosophischen Fakultät. „Diese Förderung zeigt, von welch hoher Bedeutung die Einbeziehung ganz Europas in die Forschung ist.“ Auch Prof. Dr. Rudolf Boch, geschäftsführender Direktor des Instituts für Europäische Geschichte, hebt hervor, dass diese Förderung die internationale Ausrichtung des Instituts und der Philosophischen Fakultät unterstreiche.
Mario Steinebach
05.10.2017