Herausforderungen der Demokratie
Chemnitzer Politikwissenschaftler Jun.-Prof. Dr. Tom Mannewitz zu Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue
Auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach der Chemnitzer Politikwissenschaftler Jun.-Prof. Dr. Tom Mannewitz am 28. Juni 2019 im Schloss Bellevue über die Herausforderungen der Demokratie. Vorausgegangen war dem Treffen in Berlin, an dem neben Mannewitz auch Dr. Nikolas Busse von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dr. Volker Best (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn), Hans Geske (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) sowie Norma Tiedemann (Universität Kassel) teilnahmen, ein „Call for Papers“ des Bundespräsidenten im Herbst 2018.
Bundespräsident Steinmeier hatte beim 27. Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) in Frankfurt am Main angesichts der „Grenzen der Demokratie“ für eine „professionelle und vielfältige Disziplin“ geworben, „die detailgenau untersucht, aber auch die großen Fragen unserer Zeit im Blick hat – und der es im besten Fall gelingt, empirische Analysen und normative Argumente miteinander zu verknüpfen.“ Angemahnt wurde eine stärkere öffentliche Intervention des Faches. Das Staatsoberhaupt hatte darum gemeinsam mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung junge Politologinnen und Politologen dazu aufgerufen, Artikel zum Thema „Demokratie der Zukunft“ einzureichen. Er sehe die Zwänge des Wissenschaftsbetriebes, so der Bundespräsident, aber „gerade in diesen Zeiten, in denen die liberale Demokratie angefochten wird, brauchen wir Politikwissenschaft nicht nur im Elfenbeinturm, sondern auch als starke Stimme in einer demokratischen Öffentlichkeit!“
Von rund 50 Beiträgen, die bis Mitte Januar 2019 bei der Zeitungsredaktion eingegangen waren, hat die Frankfurter Allgemeine Woche vier veröffentlicht – darunter der von Tom Mannewitz mit dem Titel „Demokratie muss man können“. Der Inhaber der Juniorprofessur Politikwissenschaftliche Forschungsmethoden an der TU Chemnitz warb darin angesichts des grassierenden Populismus und der Konflikte, von denen er profitiert, für ein langfristiges Umdenken in der politischen Bildung. „Soll unsere Gesellschaft die Zumutungen einer Demokratie im 21. Jahrhundert nicht nur zähneknirschend aushalten, sondern damit konstruktiv umzugehen wissen, muss die Demokratie sie von – im wahrsten Sinne des Wortes – Kindesbeinen an dafür wappnen, und zwar anders als bisher.“ Politische Bildung müsse daher neben dem „Demokratie-Kennen“ auch das „Demokratie-Können“ berücksichtigen und früher als bisher ansetzen. Die drei großen Herausforderungen der Demokratie der Zukunft – Freiheit, Komplexität und Vielfalt – verlangten nach einer stärkeren Förderung demokratiezuträglicher Kompetenzen wie Ambiguitätstoleranz, flexible Denkstile und Konfliktfähigkeit.
Beim Treffen im Schloss Bellevue kam der Bundespräsident mit den vier Nachwuchswissenschaftlern über deren Reformvorschläge, über weitere Herausforderungen der Demokratie sowie den Theorie-Praxis-Dialog in Gespräch: „Gehen Sie davon aus, dass die Zeilen, die Sie zu Papier bringen, aufmerksam zur Kenntnis genommen werden“, resümierte er.
Mario Steinebach
01.07.2019