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Horizon-Projekt CEASEVAL untersucht die Leistungsfähigkeit des Europäischen Asylsystems

Europäische Kommission fördert zweijähriges Forschungsprojekt an der Juniorprofessur Humangeographie Ostmitteleuropas der TU Chemnitz – Konsortium aus zwölf Ländern am Start

Der “lange Sommer der Migration” im Jahr 2015 und die damit verbundene “Krise der Europäischen Asylpolitik” sind bestimmende Themen des öffentlichen Diskurses, mit weitreichenden Folgen für politische Meinungsbildungsprozesse auf nationaler Ebene und für den Europäischen Integrationsprozess. Während die humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen nicht verhandelbar ist, bestehen offene Fragen hinsichtlich einer fairen und humanen Weiterverteilung der Asylsuchenden auf die Mitgliedsstaaten, der Harmonisierung von Asylverfahren und konkreten Praktiken im Umgang mit Asylsuchenden vor, während und nach dem Asylverfahren.

Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius, Inhaberin der Juniorprofessur Humangeographie Ostmitteleuropas an der Technischen Universität Chemnitz, widmet sich als europäische Migrationsspezialistin seit Jahren dieser Thematik und ist als Expertin im Bereich von Migration und Integration international ausgewiesen. Ihr gelang es nun, als Lead Partner eines Konsortiums aus zwölf wissenschaftlichen und politikberatenden Institutionen aus elf EU-Ländern und der Türkei, einen Förderantrag innerhalb des "HORIZON 2020"-Rahmenprogramms der Europäischen Kommission zu platzieren, der nach positiver Evaluierung nun für die Durchführung vorbereitet wird. Ausgestattet mit einem Gesamtbudget von rund zwei Millionen Euro erhält das multidisziplinäre Forschungsteam die Möglichkeit, das Gemeinsame Europäische Asylsystem zu evaluieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu konzipieren. Der konzeptionelle Ansatz der geplanten Forschung basiert auf dem Begriff der Harmonisierung, der allerdings keine normative Bedeutung aufweist, sondern vielmehr verschiedene Bedeutungen und Praktiken auf sich vereint. Während Harmonisierung in der juristischen Terminologie als ein Annäherungsprozess auf einen Minimalkonsens ausgelegt wird, legen die Politikwissenschaften den Fokus des Begriffs auf der Konvergenz von Regulierungen und damit zusammenhängenden Praktiken.

Basierend auf dieser begrifflichen Konzeption wird das Projekt CEASEVAL (Evaluation of the Common European Asylum System under Pressure and Recommendations for further development) in einem zweijährigen Forschungsprozess eine umfassende Evaluierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vornehmen. Im Fokus stehen die Regulierungsmuster und konkrete Praktiken in der Aufnahme von Asylsuchenden und der Behandlung ihrer Asylgesuche. Dabei verfolgt das Projekt mehrere Ziele: Zum einen wird ein neuer theoretischer Rahmen für den Prozess der „multilevel governance” des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems entwickelt und empirisch getestet; zweitens wird eine kritische Evaluierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgenommen und dabei Diskrepanzen zwischen EU-Standards der Flüchtlingsaufnahme und nationalen Gesetzgebungen und ihrer Implementierung identifiziert und analysiert. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung von Handlungsalternativen hinsichtlich konkreter Probleme des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, so dass abschließend eine valide Einschätzung vorgenommen werden kann, welcher Grad von Harmonisierung (hinsichtlich Gesetzgebung und Implementierung) und Solidarität möglich und notwendig ist.

Im Evaluierungsbericht zu dem Förderantrag des CEASEVAL-Konsortiums hebt die Europäische Kommission die Multidimensionalität des Forschungsansatzes als besonders innovativ hervor. So sollen im Rahmen der Mehrebenenanalyse Regulierungsmuster und Handlungspraktiken nicht nur auf EU- und nationaler Ebene untersucht werden, sondern vor allem im lokalen Kontext und damit dort, wo Aufnahmeprozesse konkret stattfinden und Asylentscheidungen umgesetzt werden müssen. Damit verbunden ist ein multimethodischer Ansatz, der neben Datensammlung, persönlichen Interviews mit Migrant/innen sowie Expertengesprächen auch die Analyse öffentlicher Diskurse auf lokaler Ebene in die Untersuchung miteinbezieht, da angenommen wird, dass öffentliche Diskurse Einfluss auf Handlungsorientierungen und konkrete Praktiken haben. Ein weiterer innovativer Baustein des Projekts ist die Erhebung von Experteneinschätzungen in sogenannten Drittstaaten, wie z.B. Libyen oder dem Libanon, hinsichtlich der jeweiligen Einflussmöglichkeiten auf das gemeinsame Europäische Asylsystem.

Mit der Einwerbung und Durchführung dieses Europäischen Forschungsprojekts steigert die TU Chemnitz ihre Exzellenz und Sichtbarkeit in einem politisch und gesellschaftlich hochbrisanten Themenfeld.

(Autorin: Jun.Prof. Dr. Birgit Glorius, Inhaberin der Juniorprofessur Humangeographie Ostmitteleuropas)

Mario Steinebach
12.06.2017

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