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Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnik
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Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnik 

2. Werkstofftechnisches Kolloquium Chemnitz (14./15. 10. 1999)

Nach dem großen Erfolg des 1. Chemnitzer Werkstofftechnischen Kolloquiums im September 1998 entschlossen sich die Organisatoren am Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe der TU Chemnitz zu einer Fortsetzung im Folgejahr. Während das 1. Chemnitzer Werkstofftechnische Kolloquium einen allgemeinen Überblick über neue Forschungsaktivitäten und –tendenzen der Werkstofftechnik gegeben hat, wurde im 2. Kolloquium der Themenschwerpunkt Löten gesetzt.

Dabei bestand das Ziel, den gegenwärtigen Stand der Löttechnik darzustellen und neue Trends in Forschung und Entwicklung aufzuzeigen. Es konnten Repräsentanten renommierter Forschungseinrichtungen und Unternehmen gewonnen werden, die den 81 Teilnehmern einen umfassenden Einblick in die Löttechnik gaben. Mitwirkende Organisationen waren der Deutsche Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. (DVS), die Fachgesellschaft Löten des DVS, die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde e.V. (DGM), die Gemeinschaft für Thermisches Spritzen e.V. (GTS), die Deutsche Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechik e.V. (DGO) und das Deutsche Kupfer-Institut e.V. (DKI).

In einer Posterschau und einer Lehrstuhlbesichtigung wurde die Leistungsfähigkeit des Lehrstuhls für Verbundwerkstoffe der TU Chemnitz dargestellt. Während des Festabends gab es zahlreiche Möglichkeiten, alte Freunde und Bekannte wiederzutreffen bzw. neue Kontakte zu knüpfen.

Die Eröffnung des Kolloquiums erfolgte durch Prof. v. Borczyskowski, den Rektor der TU Chemnitz. Anschließend überbrachte Dr. Boecking die Grüße des DVS. In seinem Einführungsvortrag gab Prof. Wielage, TU Chemnitz, einen Überblick über den Stand und die Entwicklungstendenzen in der Löttechnik.


Löten nichtmetallischer Werkstoffe

Die Anwendung von Simulationsverfahren auf Aufgaben der Löttechnik wurden von Herrn Schüler, TU Chemnitz am Beispiel einer Keramik-Stahl-Lötverbindung erläutert. Die gezielte Optimierung des Lötprozesses erfordert das Verständnis der beim Löten ablaufenden physikalischen und chemischen Prozesse. Numerische Modelle gestatten die Untersuchung und Optimierung des Einflusses der wesentlichen Parameter auf die Ausbildung der Lötverbindung.

Dabei stehen zwei Hauptthemen im Mittelpunkt des Interesses. Das sind zum einen die diffusionsgesteuerten Reaktionsmechanismen, die zur Umwandlung der Keramikoberfläche in eine vom Lot benetzbare Reaktionsschicht führen und zum anderen die Festigkeitsproblematik, insbesondere die thermisch induzierten Eigenspannungen, die in Metall-Keramik-Verbindungen aufgrund der unterschiedlichen Wärmedehnung der beteiligten Fügepartner entstehen.

Dr. Klose, TU Chemnitz beschrieb das Löten von Diamant. Dieser Werkstoff kann mittels Aktivlöten unter Verwendung titanhaltiger Aktivlote auf der Basis CuSn oder AgCu gefügt werden. Das Löten muß aufgrund der hohen Sauerstoffaffinität des Aktivelements im Hochvakuum oder unter Schutzgas erfolgen. Zudem kann unter Anwesenheit von Luft oder anderer chemisch aktiver Substanzen ab etwa 900 K eine Graphitisierung des Diamant eintreten. In inerter Atmosphäre beginnt die Graphitisierung bei etwa 1800 K.

Die Haupteinsatzgebiete gelöteter Diamantmaterialien sind Bearbeitungswerkzeuge des Maschinenbaus, wie z.B. Abrichtwerkzeuge für Schleifscheiben oder Fräser.

Anhand von Beispielen aus der Praxis zeigte Frau Prof. Blank-Bewersdorff, FH Hof (vormals Sulzer Winterthur) die Probleme, die beim Löten von metallischen mit nichtmetallischen Werkstoffen auftreten können. Die zu fügenden Werkstoffkombinationen sind Hartmetall-Stahl, SiC-Graphit, Hartmetall-TiAl6V4 und Asbestersatz-Stahl. Entsprechend dem Anforderungsprofil kann durch eine geeignete Lotauswahl und Prozeßoptimierung meist eine Lösung entwickelt werden.


Weichlöten

In einem Vortrag über alternative Lötkonzepte für das Weichlöten zeigte Dr. Martinez, TU Chemnitz, daß die Weichlöttechnik vor dem Umbruch steht, da in Europa, den USA und Japan Gesetzesinitiativen in der Diskussion sind, die Verwendung von Blei und Bleilegierungen bis auf wenige Ausnahmen zu verbieten. Dabei scheint für die öffentliche Diskussion in Europa unerheblich zu sein, daß lediglich 0,6% des Bleiverbrauchs auf Elektronik-Lote entfällt. Diese sind jedoch bis auf wenige Ausnahmen bleihaltig.

Trotz intensiver Forschungsarbeiten konnten bis jetzt keine gleichwertigen Alternativen gefunden werden. Die Basis alternativer Lote wird von Zinn gebildet. Die Legierungszusätze sind Silber, Kupfer, Zink, Wismut, Indium oder Antimon. Die neuentwickelten bleifreien Weichlote besitzen Schmelztemperaturen, die deutlich über dem Schmelzpunkt des derzeit häufig eingesetzten Zinn-Blei-Eutektikums liegen. Viele elektronische Bauelemente sind jedoch nicht für die damit erforderlichen höheren Löttemperaturen ausgelegt, so daß deren Zuverlässigkeit nicht gewährleistet ist.

Deshalb sind für die Weichlotentwicklung zwei Forschungstendenzen besonders interessant. Das ist zum einen die gezielte Senkung der Schmelztemperaturen bleifreier Lote durch den Zusatz weiterer Legierungselemente und zum anderen die Entwicklung von Reaktionsloten. Diese werden aus zwei oder mehr Komponenten hergestellt, die erst bei Löttemperatur miteinander reagieren. Während des Lötens erhöht sich die Wiederaufschmelztemperatur, so daß die Lötverbindungen bei höheren Betriebstemperaturen eingesetzt werden können.

Dr. Ahrens, Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie Itzehoe beschrieb die Metallurgie und einige Verfahren des Weichlötens. Die metallurgische Anbindung des Lotes an den Grundwerkstoff erfolgt über eine Grenzschicht intermetallischer Phasen. Bei der Benetzung von Zinn-Blei-Lot auf Kupferwerkstoffen löst sich z.B. Kupfer im Lot. An der Grenzfläche entstehen stabile Keime der intermetallischen Phasen Cu3Sn und Cu6Sn5. Blei nimmt an dieser Reaktion nicht teil.

Die weite Verbreitung des Weichlötens in der Elektrotechnik beruht auf den niedrigen Prozeßtemperaturen und die gute Automatisierbarkeit. Mit automatisierten Massenlötverfahren wie dem Wellen- und dem Reflow-Löten lassen sich große Stückzahlen rationell fertigen.

An praktischen Beispielen wurde von Dr. Vogel, Siemens Amberg das Selektivlöten elektronischer Bauelemente beschrieben. Dabei stellt das Minischwall-Löten eine sehr gute Alternative zum Handlöten dar. Die dargestellten Probleme zeigten, daß die für das Schwall-Löten freigegebenen Flußmittel nicht ohne weiteres für das Minischwall-Löten eingesetzt werden können. Außerdem treten beim Minischwall-Löten im allgemeinen höhere Temperaturen auf, für die die elektronischen Bauteile nicht ausgelegt sind. Die meisten Bauteile können trotzdem die erhöhten Löttemperaturen ertragen, sie sind jedoch einer sorgfältigen Qualitätskontrolle zu unterziehen bzw. sind mit dem Bauteillieferanten die erhöhten Anforderungen zu spezifizieren und die Bauteile entsprechend anzupassen.


Aluminiumlöten

Das Löten von Aluminium besitzt zahlreiche Anwendungen, insbesondere bei der Herstellung von Wärmetauschern. Für diese Bauelemente mit ihren vielen unzugänglichen Fügestellen ist das Löten eine hervorragende Fügetechnologie. Die zur Verfügung stehenden Lötprozesse wurden von Herrn Basler, Behr Industrietechnik Stuttgart anhand verschiedener Wärmetauscherkonstruktionen vorgestellt.

Das Salzbadlöten tritt zugunsten des Vakuum- und des Nocolok-Schutzgaslötens immer mehr in den Hintergrund. Ein weiteres Verfahren zum Löten von Aluminiumlegierungen ist das Ultraschall-Löten, das insbesondere bei einfachen Geometrien angewandt werden kann. Industriell werden damit die Umkehrbögen von Wärmetauschern gelötet.

Das derzeit am weitesten verbreitete Verfahren zum Löten von Wärmetauschern wurde von Dr. Belt, Solvay Hannover näher beschrieben. Dabei wird die Oxidschicht auf der Aluminiumoberfläche durch ein fluoridisches nicht korrosives Flußmittel aufgebrochen. Die Reoxidation muß durch eine N2-Schutzgasatmosphäre verhindert werden. Das Verfahren gestattet eine kontinuierliche Produktion in Durchlauföfen.

Das Aluminiumlöten mit den konventionellen Hartloten auf der Basis AlSi erfordert Löttemperaturen im Bereich der Schmelztemperaturen der meisten Aluminiumlegierungen. Dadurch lassen sich die meisten Aluminiumlegierungen nicht hartlöten, bei anderen besteht die Gefahr der Grundwerkstoffanschmelzung.

Prof. Schöndorf, FH Köln stellte deshalb Alternativen zum System AlSi vor, die im Grenzbereich zwischen Weich- und Hartlöten liegen. Mit Loten auf der Basis ZnAl können Aluminiumlegierungen ab 381°C gelötet werden. Für diese Lote stehen nicht korrosive Flußmittel auf der Basis von CsAlF-Komplexen zur Verfügung, deren Wirktemperaturbereich bei etwa 430°C beginnt. Damit läßt sich eine breite Palette von Aluminiumlegierungen löten. Eine spezielle Lötatmosphäre ist nicht erforderlich. Die Lötverbindungen besitzen gute Festigkeits- und Korrosionseigenschaften.

Das Lotsystem ZnAl kann aufgrund des niedrigen Dampfdrucks von Zink nicht im Vakuum eingesetzt werden. Ein flußmittelfreies Verfahren steht jedoch mit dem Ultraschall-Löten zur Verfügung, das Herr Trommer, TU Chemnitz vorstellte. Bei diesem Verfahren wird die Fügestelle in ein schmelzflüssiges Lotbad getaucht. Durch die Einwirkung von Ultraschall entsteht Kavitation an den Fügeflächen, wodurch die Oxidschicht aufgebrochen und die Fügefläche vom Lot benetzt werden kann.

Die Entwicklungstendenzen beim Löten von Kupfer-Wärmetauschern wurden von Dr. Türpe, Deutsches Kupfer-Institut aufgezeigt. Im Automobilbau werden die früher ausschließlich eingesetzten Kupferkühler zunehmend durch Aluminiumkühler verdrängt. Es werden jedoch nach wie vor Kupferkühler verwendet, insbesondere bei hohen Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit oder die Reparaturfähigkeit. Im Gegensatz zum Aluminiumlöten mit AlSi-Loten besteht ein deutlicher Unterschied zwischen der Löttemperatur und dem Schmelzbereich der Grundwerkstoffe von etwa 300 K, so daß beim Löten von Kupfer-Wärmetauschern keine Gefahr der Grundwerkstoffanschmelzung besteht. Außerdem können Kupferwerkstoffe ohne großen Aufwand flußmittelfrei gelötet werden. Auch in trockenen Ammoniakkälteanlagen können Kupferwerkstoffe eingesetzt werden.

Prof. Sepold, BIAS Bremen stellte das Laser-Löten als geeignetes Fügeverfahren für Aluminium-Mischbauweisen vor. Das Verfahren ermöglicht die Verbindung von Aluminiumwerkstoffen mit verschiedenen anderen metallischen Werkstoffen. Der Lasereinsatz führt zu starken Temperaturgradienten in der Fügezone, wodurch das Wachstum festigkeitsmindernder intermetallischer Phasen stark eingeschränkt wird. Dabei ist eine Optimierung des Temperatur-Zeit-Verlaufes über die Steuerung des Lasers erforderlich.

Im abschließenden Vortrag von Prof. Wobst, ILK Dresden wurde ein Einblick in die Auslegung von Wärmetauschern gegeben. Durch das Verbot von FCKW und HFCKW werden erhöhte Anforderungen an die Festigkeit der Wärmetauscher gestellt, da für die alternativen Kältemittel höhere Betriebsdrücke erforderlich sind. Außerdem sind bei der Auslegung die Unterschiede der Stoffwerte zu berücksichtigen.