Im Fokus der Forschung: Plumben, ein neues Quantenmaterial
DFG-Forschungsgruppe der TU Chemnitz gelang durch die kontrollierte Einbettung von Blei die Herstellung von Plumben, einer chemischen Verbindung ähnlich der von Graphen – Ihre neuesten Erkenntnisse werden in den „Physical Review Letters“ vorgestellt
Die Forschungsgruppe „Proximity-induzierte Korrelationseffekte in niedrigdimensionalen Strukturen“ an der Technischen Universität Chemnitz beschäftigt sich intensiv mit atomar dünnen Kohlenstoffschichten wie Graphen. Diese zweidimensionalen Materialien und deren Heterostrukturen werden auch deshalb erforscht, da sie ungewöhnliche und neuartige Eigenschaften zeigen. Das Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der DFG-Forschungsgruppe ist es, die in einem prototypischen 2D-Heterosystem auftretenden Korrelationseffekte zu untersuchen und diese gezielt zu manipulieren. Mit diesen Untersuchungen sollen weitere Grundlagen für neuartige Quantenmaterialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften und deren Anwendung, zum Beispiel in der Spintronik oder in der Elektronik, geschaffen werden.
„Die spezielle Honigwabenstruktur des zweidimensionalen Kohlenstoffallotrop Graphen ist entscheidend für die teilweise spektakulären physikalischen Eigenschaften“, sagt Prof. Dr. Christoph Tegenkamp, Inhaber der Professur Analytik an Festkörperoberflächen der TU Chemnitz und Sprecher der DFG-Forschungsgruppe. Seit der systematischen Realisierung von Graphen versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit anderen Elementen eine ähnliche Symmetrie aufzuprägen. „Im Vordergrund standen dabei die Elemente der IV. Hauptgruppe des Periodensystems der chemischen Elemente zur Ausbildung möglichst planarer Strukturen. Die Fähigkeit solche Strukturen zu bilden, nimmt dabei mit Zunahme der Masse ab. Nur durch Wechselwirkung mit geeigneten Substraten haben sich beispielsweise Silicen, Germanen und Stanen – die zweidimensionalen Allotrope von Silizium, Germanium und Zinn – auf speziellen Oberflächen stabilisieren lassen“, berichtet Tegenkamp.
Physikerinnen und Physikern der TU Chemnitz ist es nun gelungen, das zweidimensionale Allotrop von Blei in einer neuen Weise zu stabilisieren. „Durch Interkalation – also die Einlagerung von Bleiatomen – konnten die Forscherinnen und Forscher die zweidimensionale Phase des Bleis direkt an der Grenzfläche zwischen Graphen und Siliziumkarbid realisieren. „Darüber hinaus wechselwirkt das sogenannte Plumben mit Graphen und induziert einen Metall-Isolator-Übergang“, erläutert Prof. Dr. Sibylle Gemming, Inhaberin der Professur Theoretische Physik quantenmechanischer Prozesse und Systeme der TU Chemnitz. „Die Grenzflächenstruktur ist im Detail noch etwas komplizierter, da das Plumben gegenüber dem Graphen etwas verdreht ist“, fügt Chitran Ghosal, Doktorand an der Professur Analytik an Festkörperoberflächen, hinzu.
Anhand hochauflösender Experimente mittels der Rastertunnelmikroskopie, ergänzt um Quantenrechnungen in der Gruppe von Prof. Dr. Sibylle Gemming, wurde die Struktur des Plumbens und der Einfluss des Symmetriebruchs von Graphen bereits im Detail analysiert, wie das Journal „Physical Review Letters“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. In Zukunft sollen Plumben-Nanostrukturen, die robuste Transportkanäle am Rand aufweisen sollen, näher untersucht werden.
Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Christoph Tegenkamp, Telefon 0371 531-33103, E-Mail christoph.tegenkamp@physik.tu-chemnitz.de, und Prof. Dr. Sibylle Gemming, Telefon 0371 531-33531, E-Mail sibylle.gemming@physik.tu-chemnitz.de.
Publikation: Proximity-Induced Gap Opening by Twisted Plumbene in Epitaxial Graphene; Chitran Ghosal, Markus Gruschwitz, Julian Koch, Sibylle Gemming, and Christoph Tegenkamp; Phys. Rev. Lett. 129, 116802 – Published 8 September 2022; https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.129.116802
Mario Steinebach
15.09.2022