Vierte Station der Chemnitzer Gestenausstellung ist Koblenz
Die Ausstellung „Gesten – gestern, heute, übermorgen“ wird bis 5. November 2023 in den frisch sanierten Räumlichkeiten des Kulturzentrums Festung Ehrenbreitstein | Landesmuseum Koblenz gezeigt
Die Chemnitzer Gestenausstellung erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Nachdem sie im Sächsischen Industriemuseum Chemnitz eine der erfolgreichsten Ausstellungen wurde, ging die Ausstellung auf Reisen und machte zunächst Halt in den Museen für Kommunikation in Berlin (2019) und Frankfurt am Main (2020). Vor wenigen Tagen breitete sie in Koblenz ihre Arme aus und heißt bis zum 5. November 2023 in den frisch sanierten Ausstellungsräumen der Festung Ehrenbreitstein all jene ganz herzlich willkommen, die an der Herkunft, Funktion und Zukunft kommunikativer Handbewegungen interessiert sind. So kann man beispielsweise virtuell und gestengesteuert um den Globus fliegen, sich einen Weg durch ein Kugellabyrinth bahnen, gestikulierend im „Rust Mirror“ spiegeln oder einen virtuellen Tonkrug töpfern.
Interaktive Ausstellung führt Wissenschaft, Kunst und Technikgeschichte zusammen
Die Ausstellung ging 2017 aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten fakultätsübergreifenden Projekt MANUACT hervor (Leitung: Prof. Dr. Ellen Fricke). Als Teil des MANUACT-Projekts wurde in Kooperation mit dem Ars Electronica Futurelab (Linz) und dem Sächsischen Industriemuseum Chemnitz eine interaktive Sonderausstellung konzipiert, die Perspektiven aus Wissenschaft, Kunst und Technikgeschichte zusammenführt, um die Welt der Gesten mit interaktiven Exponaten, die zum Teil eigens für die Ausstellung entworfen wurden, greifbar werden zu lassen. Die Ausstellung war zudem Bestandteil der Bewerbung von Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt 2025.
Unterhaltsame und überraschende Einblicke in die Welt der Gesten
Am 31. März 2023 wurde die Ausstellung in Koblenz gemeinsam mit der Wiedereröffnung der Ausstellungsräumlichkeiten des Kulturzentrums Festung Ehrenbreitstein mit einem Kuratorinnen-Rundgang begangen, zu der auch der Rheinland-Pfälzische Innenminister Michael Ebling und die Rheinland-Pfälzische Bau- und Finanzministerin Doris Ahnen zu Gast waren. Am 2. April wurde die Ausstellung feierlich für alle Besucherinnen und Besucher eröffnet. „Das war natürlich ein großer Bahnhof für den Start der Ausstellung in Koblenz, worüber wir uns sehr gefreut haben. Die Räumlichkeiten der Festung haben, wie ich finde, im Vergleich zu den vorherigen Stationen der Ausstellung ihre ganz eigene Qualität und bringen die einzelnen Exponate noch einmal in neuer und zum Teil überraschender Weise zur Geltung“, resümiert Ellen Fricke, Professorin für Germanistische Sprachwissenschaft, Semiotik und Multimodale Kommunikation an der TU Chemnitz und Gesamtleiterin des Ausstellungsprojekts. Prof. Dr. Andreas Schmauder, Direktor des Kulturzentrums Festung Ehrenbreitstein, fügt hinzu: „Bei der Umsetzung der Ausstellung in unseren historischen Mauern haben sich so manche Herausforderungen ergeben, aber die ersten Reaktionen der Besucherinnen und Besucher stimmen uns zuversichtlich, dass wir diese erfolgreich gemeistert haben. Nun wünschen wir allen Interessierten informative, spannende, aber auch unterhaltsame Einblicke in die Welt der Gesten.“
Zwei neue Exponate für Gestenausstellung in Koblenz
Eigens für Koblenz wurde ein neues, interaktives Exponat konzipiert und in die Ausstellung aufgenommen. Das vom Projekt CoBot Studio in Kooperation mit dem Ars Electronica Futurelab und mehreren Projektpartnern entwickelte Exponat „Fabrik der Zukunft: virtuelle Gesten und CoBots“ besteht maßgeblich aus einer Virtual-Reality-Brille, die mit einem Leap-Motion-Sensor ausgestattet wurde. Das Besondere daran: Die Gesten der VR-Brillen-Nutzerinnen und -Nutzer können erkannt und in den virtuellen Raum projiziert werden. Damit wurde eine Schnittstelle geschaffen, die es ermöglicht, in ein fiktives Fabrik-Setting einzutauchen und dort kollaborativ mit Robotern (CoBots) zusammenzuarbeiten, sich mit ihnen zu verständigen und unter anderem gestengesteuert in Produktionsprozesse einzugreifen. Ebenso neu in der Ausstellung ist ein Exponat zu Begrüßungspraktiken. Es ist aus einem Seminar des Chemnitzer Masterstudiengangs „Semiotik und Multimodale Kommunikation“ hervorgegangen und thematisiert interkulturelle, mediale und pandemische Unterschiede des Sich-Begegnens. Die Gestaltung beider Exponate wurden vom Sonderforschungsbereich "Hybrid Societies" der TU Chemnitz und der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell unterstützt.
Chemnitzer Forschungsschwerpunkt „Mensch und Technik“
Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Hybrid Societies“ wird die Ausstellung im Teilprojekt D01 "Intentionality and Joint Attention in Multimodal Interaction" (Prof. Dr. Ellen Fricke, Dr. Jana Bressem) auf Formen der Mensch-Maschine-Interaktion erforscht. „Für diese Art der Kommunikation und Kollaboration sind die interaktiven Exponate der Ausstellung exzellente Prüfsteine, da sie Interaktionsgelegenheiten bieten, die den Nutzerinnen und Nutzern neu und unbekannt sind und daher Potenziale für künftige Anwendungskontexte aufzeigen können“, sagt Fricke. Zugleich werden über den Sonderforschungsbereich auch für weitere Folgeausstellungen neue Exponate mit SFB-Bezug unterstützt. Damit trägt die Gestenausstellung, wie bereits vor ihr auch das MANUACT-Projekt, zur Kernkompetenz „Mensch und Technik“ der TU Chemnitz bei.
Stichwort: Forschungsprojekt MANUACT
Das Forschungsprojekt „Hands and Objects in Language, Culture, and Technology: Manual Actions at Workplaces between Robotics, Gesture, and Product Design“ (MANUACT) wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,2 Millionen Euro gefördert und richtete seinen Blick auf das Zusammenspiel von Traditionen des Objektgebrauchs, deren Verkörperung in Gesten und der Gestaltung von händischen Bedienkonzepten an der Schnittstelle von Menschen und Maschinen. Im Projekt kooperierten die Professuren Germanistische Sprachwissenschaft, Semiotik und Multimodale Kommunikation (Prof. Dr. Ellen Fricke, Gesamtprojektleitung) und Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement (Prof. Dr. Angelika Bullinger-Hoffmann) der TU Chemnitz mit dem Sächsischen Industriemuseum Chemnitz. Weiterer Projekt- und zugleich Ausstellungspartner war und ist das Ars Electronica Futurelab im österreichischen Linz. www.manuact.org
Publikation: Der Begleitband zur Gestenausstellung ist im Universitätsverlag der TU Chemnitz erschienen und aktuell im Museumsshop des Landesmuseums Koblenz erhältlich. Titel: Gesten – gestern, heute, übermorgen. Vom Forschungsprojekt zur Ausstellung / Herausgegeben von Ellen Fricke, Jana Bressem. - Chemnitz: Universitätsverlag Chemnitz. 2019. - 255 Seiten. - ISBN 978-3-96100-092-0. Das Buch ist außerdem direkt bestellbar bei Daniel Rennert unter sekretariat.efricke@phil.tu-chemnitz.de und digital als PDF (open access) unter folgender URL zugänglich: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:ch1-qucosa2-339590.
Multimedia: Einen Eindruck von der Koblenzer Ausstellung in der Festungsanlage Ehrenbreitstein vermittelt ein fünfminütiger Beitrag im Kulturmagazin SWR-Kultur, der noch bis zum 16. April 2024 in der ARD-Mediathek abrufbar ist.
Weitere Informationen zur Ausstellung „Gesten – gestern, heute, übermorgen“ in Koblenz: www.gesten-im-museum.de
Mario Steinebach
12.04.2023