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Darf die TU Chemnitz Recht haben? Die einstimmige Antwort lautet: Ja!

Wie man in Chemnitz dem zunehmenden Bedarf an Juristinnen und Juristen in Sachsen durch neue Studienangebote in den Rechtswissenschaften insbesondere mit dem Schwerpunkt Wirtschaft und Technik wirkungsvoll begegnen kann, unterstreicht eine Podiumsdiskussion an der TU Chemnitz

Sachsen fehlt der juristische Nachwuchs: Bis zum Jahr 2033 gehen voraussichtlich rund 850 sächsische Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, 1.370 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie 60 Notarinnen und Notare in den Ruhestand, so die Prognose des sächsischen Justizministeriums vom Herbst 2023. Eine ähnliche Ruhestandswelle wird für Juristinnen und Juristen in der Staats- und Kommunalverwaltung und der Wirtschaft erwartet. Ein Studium der Rechtswissenschaften ist in Sachsen nur noch an der Universität Leipzig möglich, nachdem die Juristische Fakultät an der TU Dresden zum 1. September 2018 geschlossen wurde. Diese steigenden Herausforderungen der Fachkräftebedarfsdeckung im Bereich Rechtswissenschaften wird auch vom sächsischen Kabinett in der im Februar 2024 beschlossenen Hochschulentwicklungsplanung 2025plus anerkannt. Dort heißt es wörtlich: „Im Hinblick auf die zunehmenden Schwierigkeiten, ausreichend juristischen Nachwuchs für die Rechtspflege, die Verwaltung und die Wirtschaft vor allem im ländlichen Raum zu gewinnen, sollen entsprechende Maßnahmen, gegebenenfalls die Einrichtung des Studienfachs Rechtswissenschaft an einer weiteren Hochschule, geprüft werden.“ Dafür macht sich die Technische Universität Chemnitz stark und hat am 5. August 2024 zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema „Darf die TU Chemnitz Recht haben?“ mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Rechtspflege, der Anwaltschaft, der Wirtschaft und der Wissenschaft eingeladen, um Lösungsansätze aufzuzeigen und eine entsprechende Initiative zu starten (Hinweis: Deren Kernaussagen sind in der Bilder-Galerie zu finden).

In seiner Keynote machte Prof. Dr. Gerd Strohmeier, Rektor der TU Chemnitz, deutlich, dass zahlreiche Argumente für die Einrichtung des Studienfachs Rechtswissenschaften an der TU Chemnitz sprechen. Dazu zähle zunächst die Unterstützung der Justiz, Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere in der Region. Das Studium der Rechtswissenschaften an der TU Chemnitz würde essenziell zur Deckung des Fachkräftebedarfs in der Rechtspflege, Verwaltung und Wirtschaft beitragen. Dabei verwies er darauf, dass die TU Chemnitz für Südwest-/Mittelsachsen sowie über die Außenstellen im Erzgebirge, im Vogtland und der Lausitz auch für den ländlichen Raum stehe. Zudem verwies er auf den sogenannten „Klebeeffekt“, den die TU Chemnitz im Bereich der Grundschullehramtsausbildung eindrucksvoll nachgewiesen habe. Im Übrigen würde das Studium der Rechtswissenschaften an der TU Chemnitz die Wirtschaft stärken, da Unternehmen zum Teil viel zu lange auf Gerichtstermine warten müssten und Juristinnen und Juristen auch in der Wirtschaft gefragt seien. Dabei verwies er darauf, dass man nicht nur die künftigen Ingenieurinnen und Ingenieure, sondern auch die künftigen Geschäftsführerinnen und -führer von KMU qualifizieren würde, die entsprechende Rechtskenntnisse benötigten. Nicht zuletzt würde das Studium der Rechtswissenschaften an der TU Chemnitz die Demokratie fördern, da Rechtswissenschaften Demokratiewissenschaften seien, und brauche das Land schließlich nicht nur herausragende Führungskräfte, sondern auch überzeugte Demokratinnen und Demokraten. Die Einrichtung des Studienfachs Rechtswissenschaften an der TU Chemnitz würde aber auch eine Stärkung und Profilbildung der Universität bedeuten. So würde es nicht nur das Zentrum für kriminologische Forschung Sachsen e. V., sondern vor allem auch den MINT-Bereich im Allgemeinen und die Ingenieurwissenschaften im Speziellen hervorragend ergänzen. Der Rektor verwies in dem Zusammenhang auf einen geplanten Schwerpunkt Technik und Wirtschaft, einen beabsichtigten integrierten BA-Studiengang Unternehmensjuristin/-jurist im Rahmen des Staatsexamensstudiengangs Rechtswissenschaften sowie zukunfts- und technikorientierte MA-Studiengänge wie Legal Tech (KI und Recht). Wichtig sei auch, dass die Einrichtung des Studienfachs Rechtswissenschaft an der TU Chemnitz zu einer substanziellen Erhöhung der Studierendenzahlen an der TU Chemnitz und im Freistaat Sachsen beitragen würde, da Jura bundesweit ein sehr stark nachgefragtes Fach sei, mancherorts sogar mit einem NC belegt, und man insgesamt mit rund 1.000 Studierenden rechne, die u. a. auch aus anderen Bundesländern gewonnen werden könnten. Zuletzt verwies der Rektor noch auf die hervorragenden strukturellen Rahmenbedingungen. Während es in Chemnitz u. a. zwei Obergerichte gebe, seien an der TU bereits drei ordentliche Professuren sowie zwei Honorarprofessuren im Bereich Rechtswissenschaften vorhanden. Außerdem gebe es ein Patentinformationszentrum und werde seit geraumer Zeit an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Dr. jur. vergeben. Diese könnte zu einer Wirtschafts- und Rechtswissenschaftlichen Fakultät mit einem „kleinen, aber feinen“ Institut für Rechtswissenschaften weiterentwickelt werden.

Auf den Mangel an Juristinnen und Juristen in Sachsen verwiesen im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion auch Dirk Eberhardt Kirst, Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts, Dr. Dominik Schulz, Präsident des Landgerichts Chemnitz, Dr. Hartwig Kasten, Vizepräsident des Sächsischen Landessozialgerichts, sowie Axel Merbecks und Dr. Axel Schweppe, Vizepräsidenten der Rechtsanwaltskammer Sachsen. Schulz sagte, dass sich Sachsen in den kommenden Jahren zunehmend dem Kampf um die besten Köpfe stellen müsse und verwies dabei auch auf die notwendige Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen, um den juristischen Nachwuchs an die Region zu binden. Kasten unterstrich, dass Gerichte und Staatsanwaltschaft künftig auskömmlicher gestaltet werden müssen, um Rechtsschutz in angemessener Zeit gewähren zu können. Merbecks und Schweppe verdeutlichten das starke Engagement der Rechtsanwaltskammer Sachsen um die juristische Ausbildung an einer weiteren Hochschule im Freistaat Sachsen. Merbecks sprach sich für den Aufbau eines juristischen Instituts an der TU Chemnitz aus und Schweppe befürwortete den qualitativen Ansatz der Ausgestaltung. Einen großen Bedarf für eine rechtswissenschaftliche Ausbildung an der TU Chemnitz sah auch Katrin Hoffmann, Geschäftsführerin des Industrievereins Sachsen 1828 e. V. 90 Prozent der Unternehmen in der Region haben weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Juristische Unterstützung, wie zum Urheberrecht, zu Haftungen, zu Compliance und zur Vertragsprüfung, muss außerhalb der Unternehmen erfragt werden. Der Bedarf sei groß. „Deshalb begrüßt die Wirtschaft die Initiative der TU Chemnitz“, so Hoffmann.

Prof. Dr. Frank Asbrock, Direktor des Zentrums für kriminologische Forschung Sachsen e. V. (ZKFS) und Inhaber der Professur Sozialpsychologie an der TU Chemnitz, plädierte angesichts der Zunahme von Cyber- und Wirtschaftskriminalität für eine stärkere Technologieeinbindung in die juristische Ausbildung. Von Vorteil an der TU Chemnitz sei, dass auch eine sozialwissenschaftliche und kriminologische Perspektive durch das ZKFS hinzugefügt werden könne, wodurch sich Alleinstellungsmerkmale ergeben würden. Auch für Prof. Dr. Dagmar Gesmann-Nuissl, Inhaberin der Professur Privatrecht und Recht des geistigen Eigentums an der TU Chemnitz, ist es wichtig, dass in Chemnitz gemeinsam mit den technischen Bereichen einzigartige Studienangebote mit besonderen Schwerpunkten entwickelt werden. „Die TU Chemnitz könnte mit ihren Schnittstellen der Betriebswirtschaftslehre zu den Informatik- und Technikdisziplinen punkten und dabei sowohl klassisch wie auch zukunftsorientiert ausbilden – sozusagen eine gelebte Synergie von Recht, Innovation und Technik“, so die Professorin. Für Ralph Burghart, Vorsitzender des Hochschulrats der TU Chemnitz und Bürgermeister für Personal, Finanzen und Bildung der Stadt Chemnitz, würde ein neuer Studiengang in den Rechtswissenschaften eine hohe Relevanz haben, modern aufgestellt sein und hervorragende Zukunftsperspektiven bieten. Zudem könne man in Chemnitz gemeinsam mit bezahlbarem Wohnraum, ausreichend Kitaplätzen und besonderen Kulturangeboten ein attraktives Paket für Studieninteressierte schnüren.

Die Antwort auf die Frage „Darf die TU Chemnitz Recht haben?“ lautete am Ende der Podiumsdiskussion einhellig „Ja!“. Und Dirk Eberhardt Kirst, Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts, zeigte abschließend den Weg dafür auf: „Es gibt derzeit einen Hochschulentwicklungsplan mit einem Prüfauftrag. Das ist etwas, aber nicht viel. Deshalb wünsche ich mir, dass wir bald einen Koalitionsvertrag haben, wo drinsteht, dass es eine zweite juristische Einrichtung gibt. Und dann schlägt die Stunde der TU Chemnitz mit ihrem tollen Angebot!“

Mario Steinebach
07.08.2024

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