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Mikrostrukturreaktoren halten Einzug in die chemische Industrie

Gemeinsam mit Degussa und Uhde entwickelten Chemiker den weltweit ersten Mikrostruktur-Reaktor für chemische Gasphasenprozesse

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Prof. Dr. Elias Klemm, Helke Döring und Dr. Thomas Schwarz (v. r.) präsentieren den an der Professur für Technische Chemie der TU Chemnitz gefertigten mikrostrukturierten Laborreaktor, der die Basis darstellte für die industrielle Pilotanlage. Foto: TU Chemnitz/Alexander Friebel

Schon einige Jahre befassen sich Ingenieure und Wissenschaftler aus Universität und Industrie intensiv mit der Mikroreaktionstechnik. Die Mikroreaktionstechnik gilt als ein erfolgversprechender Ansatz, auf die zukünftigen Herausforderungen der Chemie- und Pharmaindustrie wie steigenden Zeit- und Kostendruck, Schonung der Ressourcen und schärfere Umweltauflagen zu antworten. Bislang gab es jedoch kaum Beispiele für Übertragungen vom Labor in den industriellen Produktionsmaßstab.

Nun ist es den Firmen Uhde GmbH (Dortmund) und Degussa AG (Düsseldorf) zusammen mit Ingenieuren und Wissenschaftlern der Professur Technische Chemie der TU Chemnitz gelungen, den weltweit ersten industriellen Mikroreaktor für chemische Gasphasenprozesse am Degussa-Standort Hanau-Wolfgang erfolgreich in Betrieb zu nehmen.
Den Rahmen für diese Entwicklung bildet das Demonstrationsprojekt zur Evaluierung der Mikroreaktionstechnik in industriellen Systemen, kurz DEMiS® genannt, mit einem finanziellen Gesamtvolumen von 4,6 Millionen Euro.

Stellvertretend für die im industriellen Mikroreaktor am Degussa-Standort Hanau-Wolfgang durchzuführenden chemischen Gasphasenprozesse wurde die Gasphasenepoxidierung von Propen mit dampfförmigem Wasserstoffperoxid zu Propenoxid ausgewählt. Propenoxid ist ein wirtschaftlich sehr bedeutsames Produkt, dessen weltweite Produktion etwa fünf Millionen Tonnen pro Jahr beträgt. Propenoxid besitzt große Bedeutung als Vorstufe zur Herstellung von Polyethern (Kosmetika, Schmierstoffe, Bremsflüssigkeit) und von Polyurethanen (Polster für Sitze und Möbel, Dämmstoffe in der Bauindustrie).

Die Herausforderungen bestanden darin, auf Basis von Versuchen in einem Laborreaktor einen Pilotreaktor mit großen Produktionshöhen zu planen und zu fertigen, dessen Inneres mikrostrukturiert ist. Ein Größen und Gewichtsvergleich verdeutlicht dies: Im Labormaßstab besitzt der Mikroreaktor nur einen Durchmesser von 6,5 cm und eine Höhe von 16 cm sowie ein Gewicht von wenigen Kilogramm.

Im Pilotmaßstab hat der industrielle Mikroreaktor dagegen einen Durchmesser von 1,4 Meter und eine Höhe von 4 Meter sowie ein Gewicht von 9 Tonnen. Das entscheidende ist aber, dass in beiden Fällen die relevanten Strömungskanäle, in denen die Gasphasenreaktion abläuft, Durchmesser kleiner als 1 mm besitzen, also mikrostrukturiert sind.

Als Katalysator für die Gasphasenreaktion von Propen mit gasförmigem Wasserstoffperoxid zu Propenoxid wird Titansilikalit verwendet, der mit einem von den Ingenieuren und Wissenschaftlern der Professur Technische Chemie der TU Chemnitz speziell entwickelten Beschichtungsverfahren auf die Oberflächen der Strömungskanäle aufgebracht wird.

Mikroreaktoren erlauben eine wesentlich vereinfachte und schnellere Übertragung von Laborergebnissen in die Produktion („arithmetisches Scale-up“). Hinzu kommt, dass viele Reaktionen mit hohem Gefährdungspotential kontrolliert und definiert und damit beherrschbar sicher in Mikroreaktoren betrieben werden können, weil durch die auf den Reaktionsraum bezogene sehr hohe Oberfläche – mehrere tausend m2/m3 – sehr homogene Temperaturfelder realisierbar sind.

Die Laborarbeiten, die die Auslegungsbasis für die Pilotanlage lieferten, wurden im Juni 2001 an der Professur Technische Chemie unter der Leitung von Professor Dieter Hönicke begonnen und vom Nachfolger der Professur Technische Chemie, Professor Elias Klemm, weitergeführt. Das DEMiS®, das im März 2005 endet, wurde als Verbundprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Weitere Projektpartner waren die Universitäten Erlangen und Darmstadt sowie das MPI für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr.

Der Einsatz von Mikroreaktoren in Forschung und Industrie wird sich nicht auf chemische Gasphasenprozesse beschränken. Prinzipiell werden die Mikroreaktoren für sehr viele wichtige Reaktionsarten, wie Gas-, Flüssig-, oder Mehrphasen-Reaktionen, einzusetzen sein. Dabei können sowohl homogene als auch heterogene Katalysatoren eingesetzt werden. Um den ingenieurwissenschaftlichen und technologischen Vorsprung gemeinsam mit den Firmen Uhde GmbH (Dortmund) und Degussa AG zu halten, arbeiten die Ingenieure und Wissenschaftler der Professur Technische Chemie intensiv an der Vorbereitung und Akquirierung weiterer Forschungsprojekte. Zur gegebenen Zeit wird in separaten Mitteilungen darüber berichtet werden.

Weitere Informationen: TU Chemnitz, Institut für Chemie, Professur Technische Chemie, Straße der Nationen 62, 09107 Chemnitz, Prof. Dr.-Ing. Elias Klemm, Telefon (0371) 531- 1510, Fax (0371) 531-1837, E-Mail elias.klemm@chemie.tu-chemnitz.de,
Degussa AG, Verfahrenstechnik & Engineering, Rodenbacher Chausse 4, 63403 Hanau-Wolfgang, Dr. Georg Markowz, Telefon (06181) 59-2315, Fax (06181)59-3183, E-Mail georg.markowz@degussa.com,
Uhde GmbH, Research & Developement, Friedrich-Uhde-Str. 15, 44141 Dortmund, Dr. Steffen Schirrmeister, Telefon (0231) 547-3265, Fax (0231)547-2938, E-Mail SchirrmeisterS@tkt-uhde.thyssenkrupp.com

Autoren: Prof. Dr. Elias Klemm, Dr. Thomas Schwarz

Mario Steinebach
15.06.2005

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