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Förderbänder rollend um die Kurve bringen

Professur Fördertechnik der TU Chemnitz entwickelt gemeinsam mit schweizerischem Unternehmen ein Rollelement, das Energiebedarf und Verschleiß von Förderbändern verringert

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Unauffällig aber effektiv: Frank Rasch und Dr. Jens Sumpf (v.r.) von der Professur Fördertechnik montieren das neu entwickelte Rollelement, mit dem Förderbänder energiesparender um Kurven laufen. Foto: Uwe Meinhold

Gerade gelandet, stehen die Passagiere im Flughafen am Gepäckband. Koffer für Koffer kommt um die Ecke gebogen - hoffentlich ist der eigene bald dabei, denken sich die Fluggäste. Keine Gedanken werden sie sich darüber machen, wie das Gepäckband eigentlich um die Kurve läuft. In Kurven sind die Belastungen, denen es ausgesetzt ist, andere als auf geraden Strecken. Das Band drückt stärker auf die Laufschiene, die es im Innenradius der Kurve führt - es entsteht Reibung, das Material erhitzt sich. Wissenschaftler der TU Chemnitz haben gemeinsam mit der Walter Reist Holding AG beruhend auf einem Patent dieser schweizerischen Firma eine Lösung entwickelt, mit der Förderbänder mit weniger Energieaufwand um die Kurve gelenkt werden. Die Grundidee: Die üblicherweise auftretende Gleitreibung wird durch Rollreibung ersetzt und dadurch wesentlich verringert.

Dafür entwickelten die Forscher Rollelemente, die in die Kurven eingebaut werden. "Bei kleinen Förderanlagen wird schon jetzt mit einem Bogenrad gearbeitet, das aber immer den gesamten Kurvenradius ausfüllt. Bei breiten Förderbändern ist dies aus Platzgründen nicht möglich", erklärt Frank Rasch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Fördertechnik. Stattdessen konstruierten die Wissenschaftler ovalförmige Bauteile, bei denen runde Körper die Last rollend abtragen können, die sich dem Kurvenverlauf beliebig anpassen lassen und somit das Förderband seitlich abstützen. Durch die Rollen wird die Reibung minimiert, das Förderband läuft leichter und der Antriebsmotor muss weniger arbeiten. In Langzeitmessungen haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass die Rollelemente einen Bewegungswiderstand haben, der zehn- bis 15-mal geringer ist als in herkömmlichen Anlagen. "Unsere Messungen zeigen, dass der Kraftaufwand beim Antrieb je nach Anwendungsfall um 60 bis 80 Prozent sinkt. Der genaue Wert ist von der jeweiligen Anlage und ihrer Belastung abhängig", so Rasch.

"Das ermöglicht, auch lange Anlagen aus weniger Einzelstücken zusammenzusetzen. So verringert sich die Zahl der Übergabestellen, an denen die transportierten Güter von einem Band aufs nächste wechseln. Diese Stellen bergen immer Risiken. Außerdem verringert sich die Zahl der benötigten Antriebe", zeigt Rasch einen Vorteil der Neuentwicklung auf. Auch die durch die Reibung entstehende Erwärmung bleibt aus, berichtet der Wissenschaftler: "Wir haben Aufnahmen mit einer Wärmebildkamera gemacht, die zeigen, dass die Erwärmung keine Rolle mehr spielt." Das reduziert den Verschleiß, der zu einem großen Teil auf der bisher auftretenden thermischen Überlastung der eingesetzten Werkstoffe beruhte. Die neuen Elemente bestehen ausschließlich aus Kunststoff und sind schmierungs- und wartungsfrei. Dadurch können sie auch unter rauen Umgebungsbedingungen sowie in der Lebensmittelverarbeitung und in Reinräumen eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Stick-Slip-Effekt nicht auftritt, bei dem aufeinander reibende Oberflächen ins Rucken geraten. Das Förderband läuft durch die Rollenführung ruhiger.

Die Professur Fördertechnik der TU Chemnitz arbeitet bei der Entwicklung zusammen mit der schweizerischen Firma Walter Reist Holding AG mit Sitz in Hinwil bei Zürich. Das Unternehmen gab auch den Anstoß für die Entwicklung und den Aufbau erster Anwendungen des neuen Systems. Doch bis es soweit kam, haben die Chemnitzer und Züricher Wissenschaftler rund ein Jahr lang getüftelt. Basierend auf der Grundidee, Gleitreibung durch Rollreibung zu ersetzen, entstand die Lösung. "Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung war die richtige Materialauswahl", berichtet Rasch. Hierbei gab es immer wieder Schwierigkeiten, weil die getesteten Materialien den Belastungen nicht standhielten. "Wir haben letztlich ein Material gefunden, das den dynamischen Belastungen standhält und auch eine effektive Herstellungstechnologie ermöglicht. Es ist für diese Art Belastung optimal", so Rasch. Insgesamt sei ein System entstanden, das maximale Vorteile biete, schätzt Rasch ein.

Die Rollelemente werden nun von den Projektpartnern weiterentwickelt und an individuelle Situationen angepasst. Erstmals einem Fachpublikum werden sie bei der Messe CeMAT in Hannover präsentiert. Vom 27. bis 31. Mai 2008 ist hier die Walter Reist Holding mit einem Stand vertreten und die Professur Fördertechnik der TU Chemnitz beteiligt sich am Gemeinschaftsstand der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Technische Logistik (WGTL), einem Zusammenschluss deutscher Hochschulprofessuren. "Wir hoffen, auf der CeMAT weitere Projektpartner zu finden, mit denen gemeinsam wir Anwendungen im Bereich der Fördertechnik erarbeiten können", so Rasch.

Weitere Informationen erteilen Frank Rasch, Telefon 0371 531-35848, E-Mail frank.rasch@mb.tu-chemnitz.de, Dr. Jens Sumpf, Telefon 0371 531-32853, E-Mail jens.sumpf@mb.tu-chemnitz.de, Prof. Dr. Klaus Nendel, Telefon 0371 531-32323, E-Mail klaus.nendel@mb.tu-chemnitz.de.

Katharina Thehos
08.05.2008

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