Damit Produktentwickler künftig nicht alt aussehen
Professur Arbeitswissenschaft der TU Chemnitz ist an der Entwicklung eines Alters-Simulations-Anzuges beteiligt und macht die Bedürfnisse älterer Menschen für Forscher und Entwickler erlebbar
Gar nicht so leicht: Studentin Julia Eberlein testet den Alters-Simulations-Anzug bei einem Laborversuch im Fahrsimulator der Professur Arbeitswissenschaft. Foto: TU Chemnitz/Wolfgang Thieme |
Bleigewichte an Gürtel und Gelenken, Schuhe steif wie Skistiefel, Halskrause, Ohrenschützer, Handschuhe und Unscharf-Brille - so ausgestattet kann ein junger Erwachsener nachvollziehen, warum ein Senior im Straßenverkehr langsamer unterwegs ist und die Bedienung manch technischer Geräte scheut. Eindrücke, die der Modulare Alters-Simulations-AnzugeXtra (MAX) vermittelt, den die Professur Arbeitswissenschaft der TU Chemnitz gemeinsam mit der AutoUni, der Wolfsburg AG, der Audi AG und der Volkswagen Konzernforschung entwickelt hat. "Unser Ziel ist es, jüngere Menschen für die Bedürfnisse und alltäglichen Schwierigkeiten der älteren Menschen zu sensibilisieren und so ein Umdenken in der Verständigung von Jung und Alt zu unterstützen", berichtet Prof. Dr. Birgit Spanner-Ulmer, Inhaberin der Professur Arbeitswissenschaft der TU Chemnitz.
Zum Einsatz kommen die bisher gefertigten zehn Anzüge bei der Volkswagen Konzernforschung, der Audi Produktionsplanung, der Wolfsburg AG und der AutoUni für Projekte, Tests, Veranstaltungen, Marktforschungen sowie Schulungen von Unternehmen, Kommunen und Bildungsträgern. Altersgerechte Arbeitsplätze und Produkte sollen so entstehen. Denn wenn Sehen, Hören, Tasten, Motorik und Kraft nachlassen, stellen Kunden andere Ansprüche an Produkte - alltägliche Handlungen fallen schwer, egal ob es sich um das Drücken der kleinen Tasten eines Handys, das Einsteigen ins Auto oder das Bücken nach der Milch im Kühlschrank handelt. Forscher und Entwickler können diese Bedürfnisse der Kunden, aber auch der älteren Mitarbeiter im Unternehmen mit dem neu entwickelten Alters-Simulations-Anzug nachvollziehen.
Der Anzug ist modular aufgebaut und größenvariabel. Außerdem lassen sich die Einschränkungen in drei verschiedenen Graden simulieren. "Die altersbedingten Einschränkungen sind bei jedem Menschen natürlich anders ausgeprägt. Deshalb kann man nicht sagen, dass man mit dem Anzug um eine bestimmte Anzahl von Jahren altert", erklärt Christian Scherf, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Arbeitswissenschaft, und ergänzt: "Aber man kann zwischen schwachen, mittleren und starken Einschränkungen unterscheiden und dadurch sehr gezielt und flexibel die Alterung simulieren."
Mehr als 200 wissenschaftliche Studien aus Medizin, Alternsforschung, Sportwissenschaft und Psychologie sind in die Entwicklung des Anzuges eingeflossen. In mehr als 70 Einsätzen hat die AutoUni einen 2008 gefertigten Prototypen getestet und Erkenntnisse für die Weiterentwicklung gesammelt. "Es wird für Unternehmen in der Zukunft immer wichtiger, sich auf die Bedürfnisse älterer Menschen einzustellen, da es immer mehr ältere Kunden geben wird. Wir planen an unserer Professur derzeit die Evaluation des Alters-Simulations-Anzuges beim Einsatz in Arbeitsprozessen. Dazu werden wir eine größere wissenschaftliche Studie durchführen und den Anzug ständig weiterentwickeln", blickt Prof. Spanner-Ulmer in die Zukunft.
Weitere Informationen erteilt Christian Scherf, Telefon 0371 531-36882, E-Mail christian.scherf@mb.tu-chemnitz.de.
Katharina Thehos
22.09.2009