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Schneiden - auf den Hundertstelmillimeter genau

Professur Fertigungslehre der TU Chemnitz und ATECH GmbH erhöhen die Präzision des Wasserabrasivstrahlschneidens und erschließen neue Anwendungsgebiete

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Einer der kleinsten und präzisesten gläsernen Schwibbögen der Welt: Die Chemnitzer Wissenschaftler bringen mit ihrer Weiterentwicklung des Wasserabrasivstrahlschneidens 52 Startlochbohrungen auf wenigen Zentimetern unter. Foto: Christine Kornack

Wenn für die Medizintechnik winzige Klammern aus hartem Titanblech ausgeschnitten werden sollen oder genaueste Konturen aus Molybdän, Stahl, Kupfer, Aluminium, Ingenieurkeramiken, Silizium oder Glas zu fertigen sind, kommt es auf Hundertstelmillimeter an - eine Aufgabe, die die Professur Fertigungslehre der TU Chemnitz und die Chemnitzer ATECH GmbH lösen können. Sie setzen dazu einen Schneidstrahl aus Wasser und Schleifmittel ein, der einen Durchmesser von höchstens 0,3 Millimeter hat. Konventionell kommt das Verfahren mit Strahldurchmessern ab 0,8 Millimetern zur Anwendung und gelangt bei seiner Genauigkeit schnell an Grenzen. Um den Schleifmittelstrahl entsprechend zu verfeinern und zur Präzisionsbearbeitung zu nutzen, haben die Chemnitzer Wissenschaftler in einem zweijährigen Forschungsprojekt Baugruppen bezüglich ihrer Dimensionierung und Genauigkeit angepasst sowie neue Komponenten entwickelt, um die Prozessstabilität abzusichern. Der Schneidvorgang selber ist ein Spagat zwischen Genauigkeit, Prozessstabilität und Schneidleistung. "Die größte Herausforderung unseres Projektes war die uneingeschränkte Industrietauglichkeit", sagt Carsten Löser, Mitarbeiter der Professur Fertigungslehre, und erklärt: "Das Verfahren muss sehr stabil laufen und für die tägliche Praxis anwendbar sein. Das heißt auch, einzelne Bauteile des Schneidkopfes müssen leicht und in kürzester Zeit auszutauschen sein."

Ein entscheidender Vorteil des Wasserstrahlschneidens mit einem Abrasivmittel - beispielsweise Granatsand - gegenüber anderen Verfahren, etwa der Laserbearbeitung, ist, dass im Werkstück keine Wärme entsteht. Denn Erhitzung bis zur Schmelztemperatur kann das zu bearbeitende Material verändern oder gar schädigen, etwa wenn es sich um Flächen mit einer Beschichtung aus Kunststoff handelt. Auch andere temperaturempfindliche oder spröde Materialien wie Glas und Silizium stellen Herausforderungen für die Präzisionsbearbeitung dar - Anwendungsfelder, für die die Chemnitzer Entwicklung Lösungen bietet. Seit Mitte 2009 ist das Verfahren mit Durchmessern von 0,3 Millimetern beim Unternehmen ATECH im Einsatz. Die Firma - eine Neugründung eines ehemaligen Mitarbeiters der TU Chemnitz im Jahr 1998 - ist auf Sondermaschinen zum Wasserstrahlschneiden und individuelle Lohnfertigung spezialisiert. "Die neuen Fertigungsmöglichkeiten bieten eine Erweiterung der Anwendungsgebiete des Wasserstrahlschneidens in Richtung kleinerer und genauerer Teile", resümiert Thomas Seim, Geschäftsführer der ATECH GmbH, und berichtet: "Bisher haben wir Kunden vorwiegend aus der Feinmechanik. Vielen potentiellen Nutzern ist nur das übliche Wasserstrahlschneiden bekannt und es wurde als zu grob und ungenau eingestuft. Jetzt können völlig neue Anwendungsgebiete erschlossen werden.

Aktuell finden an der Professur Fertigungslehre weitere Versuche statt, um den Strahldurchmesser noch mehr zu verkleinern - auf 0,2 Millimeter und darunter. Damit wird der Schneidspalt schmaler und es sind zum Beispiel noch kleinere Bohrungen möglich. Außerdem arbeiten die Wissenschaftler gemeinsam mit der ATECH GmbH an der Nutzung des Verfahrens für die dreidimensionale Bearbeitung, bei der der Schneidkopf präzise in fünf Achsen bewegt werden muss. Dieses Projekt läuft seit Ende 2009 bis 2012. "Zum Einsatz eines solch feinen Strahles für die 3D-Bearbeitung ist weltweit keine Entwicklung bekannt. Und auch in der zweidimensionalen Präzisionsbearbeitung sind wir, was die Verringerung des Strahldurchmessers, das Anbohren und Schneiden spröder Werkstoffe wie Silizium und Glas und die Stabilität des Verfahrens angeht, mit unseren Entwicklungsarbeiten international an der Spitze", schätzt Löser ein. Gefördert wird die Entwicklung von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF).

Weitere Informationen erteilt Carsten Löser, Telefon 0371 531-35641, E-Mail carsten.loeser@mb.tu-chemnitz.de.

Katharina Thehos
01.03.2010

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