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Sehnsucht nach der Bildung des Herzens

Markus Holger Weiß, der an der TU Chemnitz studierte und promovierte, betreut heute in der Erzabtei St. Ottilien das Facilitymanagement und IT-Systeme

Wenn der Benediktinermönch Markus Holger Weiß aus der Erzabtei St. Ottilien an seine Studien- und Promotionszeit an der Technischen Universität Chemnitz zurückdenkt, kommt er ins Schwärmen: "Sehr genossen habe ich die für wissenschaftliche Neuerungen aufgeschlossene Atmosphäre an der Professur Maschinendynamik und Schwingungslehre und am Institut für Mechanik. Besonders dankbar bin ich für die Unterstützung, die ich von Professor Hans Dresig während all der Jahre erhalten habe." Unvergessen bleibt Bruder Markus die Maxime seines Doktorvaters, der zu sagen pflegte: "Wissen und Können sind wie Blüte und Frucht." "Noch heute halte ich Kontakte zu ehemaligen Kollegen und Kommilitonen aus der Angewandten Mechanik. Da jedoch nun mein Lebensmittelpunkt in Bayern liegt, beschränken sich diese meist auf Telefonate und E-Mails", sagt Bruder Markus, der von 1990 bis 2000 an der Chemnitzer Universität studierte und forschte. Danach arbeitete er ein halbes Jahrzehnt am Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Oberpfaffenhofen.

Dass er 2005 den Missionsbenediktinern in St. Ottilien beigetreten ist, findet er nicht ungewöhnlich: "Bereits als kleiner Junge wollte ich Wissenschaftler werden. Ich wollte neue Dinge entdecken, neue Gedanken denken, nicht bei dem stehen bleiben, was andere bereits erforscht hatten." Er habe dann im Laufe der Jahre immer mehr verstanden, dass man eine entwickelte Persönlichkeit sein muss, wenn man etwas für andere Menschen, für die Gesellschaft leisten will. "Es geht meines Erachtens nicht nur um reines Fachwissen, sondern auch um das, was man vielleicht Bildung des Herzens nennen könnte", sagt der 44-Jährige zurückblickend und ergänzt: "Der christliche Glaube wurde für mich immer wichtiger. Ich wollte meinem Leben einen geistlichen Rahmen geben, mein Leben in einen größeren Zusammenhang stellen."

Heute schätzt er die Gemeinschaft im Kloster, in die er sich auch mit seinem Fachwissen voll und ganz einbringt. Sein Aufgabenbereich liegt vor allem im Facilitymanagement, also in der Verwaltung und Bewirtschaftung von Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen der Erzabtei. "Wir betreiben beispielsweise eine eigene Trinkwasserversorgungsanlage, haben ein eigenes Stromnetz mit Biogasanlage. Und die Gebäude werden zentral über eine Hackschnitzelheizung mit Wärme versorgt", berichtet Bruder Markus. Außerdem betreue er das IT-System der Erzabtei St. Ottlien und deren Internetauftritt. "Seit diesem Jahr gibt es auch eine App für internetfähige Smartphones, mit der Interessenten viermal täglich live an den Gebeten der Mönche teilhaben können", berichtet er. Unter den Zuhörern befinden sich viele, die der Erzabtei verbunden sind, insbesondere Pfarrer. "Für diese IT-Neuerung in unserem Klosteralltag waren meine Freude am Programmieren und eine solide Ausbildung, die ich auch im Bereich Informatik an der Chemnitzer Universität erhalten habe, Voraussetzung", sagt der TU-Absolvent. Aktuell entwickelt er eine handytaugliche Version der Kloster-Website.

Heute in der Abtei zu leben, bedeutet für Bruder Markus, dem Tag einen geistlichen Rahmen zu geben: "Benediktiner führen ein Leben in Gemeinschaft. Es gibt Zeiten für gemeinsame Gebete, für die Mahlzeiten, für gemeinsame Aktivitäten und für die Arbeit." Und auch geistig könne er sich frei entfalten: "Die Offenheit für Neues, die Bereitschaft zum Aufbruch, das Sich-Nicht-Einrichten-Wollen in allzu Bekanntem sind nicht nur Geisteshaltungen eines Wissenschaftlers, auch für einen Missionsbenediktiner sind sie wesentlich." Unter den Benediktiner habe es immer wieder hervorragende Wissenschaftler gegeben: "Man denke zum Beispiel an den Begründer der Historischen Hilfswissenschaften Jean Mabillon oder an die internationale Hochschule des Benediktinerordens Sant´Anselmo mit Sitz in Rom."

Auf die Frage, wie Bruder Markus sein heutiges Leben in der Gemeinschaft des Klosters im Vergleich mit der Zeit davor bewertet, antwortet er: "Ich denke, man kann das eine nicht gegen das andere ausspielen. Jede Entscheidung, die man im Leben trifft, bringt es mit sich, dass andere Optionen und Wege hinter einem zurückbleiben. Wenn ich auf meinen bisherigen Weg zurückblicke, so erfüllt mich Dankbarkeit. Einen nicht unwesentlichen Teil möchte ich dabei bei der TU Chemnitz verorten."

Mario Steinebach
05.12.2012

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