Verliebt in Chemnitz
Die Tschechen Ludek Hodic und Radka Hodicová lernten sich während des ERASMUS-Aufenthalts in Chemnitz kennen - heute sind sie verheiratet, Eltern von zwei Kindern und weiterhin mit der TU verbunden
Auf einer Küchen-Party im Studentenwohnheim Vettersstraße 52 lernten sie sich kennen. Es war Semesterbeginn. Spontan trafen sich dort etwa 25 ERASMUS-Studenten und ein paar Deutsche. "Ich bin mit drei russischen Studentinnen dorthin gegangen und wie mein heutiger Mann mir später erzählte, meinte er zunächst, dass ich auch eine Russin war", sagt Radka Hodicová. Es dauerte noch ungefähr sechs Monate, bis die beiden ERASMUS-Studenten aus Tschechien zusammen waren. Mittlerweile sind sie verheiratet und leben mit ihren zwei Kindern in Klasterec nad Ohri an der deutsch-tschechischen Grenze. Dr. Radka Hodicová arbeitet heute als freiberufliche Beraterin und Trainerin im Bereich Interkulturelle Kommunikation und Human Resources und Dr. Ludek Hodic ist als Industry Engineering Manager aktiv. Chemnitz bleibt für das Absolventenpaar beruflich und privat ein beliebtes Ziel.
Ludek Hodic kommt aus Chrudim, einer kleinen Stadt in Ostböhmen. An der Technischen Universität in Prag nahm er 1995 ein Studium im Bereich Maschinenbau auf. Hodic zog es 1999 als ERASMUS-Student eher durch Zufall an die TU Chemnitz. Ein Auslandsaufenthalt war für ihn eine spannende Herausforderung. "Ich suchte eine technische Universität mit einem guten Ruf. Chemnitz war also klare Wahl", sagt Hodic.
Radka Hodicová studierte ebenso in der tschechischen Hauptstadt. Die BWL-Studentin der Wirtschaftsuniversität Prag kam im Jahr 2000 an die TU Chemnitz. Sie wollte Auslandserfahrungen sammeln, aber ihrer Heimatstadt Klasterec nad Ohri nicht allzu fern bleiben. Hodicová erinnert sich an ihre Zeit als ERASMUS-Studentin: "In Chemnitz hat sich während sowie nach unserem Aufenthalt sehr viel verändert. Das Stadtflair hat sich wesentlich verbessert. Uns ist oft aufgefallen, dass die Leute nicht gut gelaunt sind. Das haben wir allerdings mittlerweile vergessen und haben eigentlich nur positive Erinnerungen an Chemnitz."
Auf dem TU-Campus kamen Hodic und Hodicová mit ihren Deutschkenntnissen aus der Schulzeit gut zurecht. "Wobei Mathematik viel einfacher war als ein Fach mit Skriptum ohne Bilder und nur mit viel Text", erinnert sich Hodic. Eher bereiteten Behördengänge den zwei Tschechen Schwierigkeiten. "Die sächsische Mundart ist sehr unterschiedlich von dem, was wir im Deutschunterricht in Tschechien gelernt hatten. Teilweise haben wir sie im Laufe der Zeit übernommen und treffen uns mit Freunden beim `Nischel´ oder `machen dann los´", erzählt Hodicová. Ihre Deutschkenntnisse geben die beiden heute an ihre zwei Kinder weiter: "Wir sprechen mit unseren Kindern Deutsch, wenn sie in der Badewanne sind. Das ist jeden Tag ein Ritual, eine Viertelstunde auf Deutsch. Aber ehrlich gesagt, lassen wir ein bisschen nach und auch der Wortschatz ist ziemlich begrenzt auf Körperteile, Badespielzeug und Badezimmereinrichtung", scherzt Hodicová.
Nach dem ERASMUS-Aufenthalt in Chemnitz ging Hodicová 2001 zurück nach Prag, um ihr BWL-Studium abzuschließen. Hodic ist in Chemnitz geblieben, weil er hier die Chance bekam, zu promovieren. An der Professur Arbeitswissenschaft der Fakultät für Maschinenbau forschte Hodic von 2001 bis 2005 im Bereich der Prozessergonomie. Er entwickelte eine Methode, die vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen eine Planzeiterstellung insbesondere in der Akquisitionsphase vereinfacht. Die räumliche Distanz konnte das Paar überwinden, als Hodicová von 2002 bis 2006 eine Promotionsstelle an der TU Chemnitz erhielt. An der Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften rückte sie die Bereitschaft zur gegenseitigen Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen und Tschechien in den Fokus ihrer Doktorarbeit.
Im August 2006 ist das Absolventenpaar zurück nach Tschechien gezogen und ein Jahr später hat es auf einem gemütlichen Bauernhof in Perstejn im Erzgebirge geheiratet. "Es kamen Gäste aus sieben Ländern. Bei den Vorbereitungen war es deshalb etwas schwierig, eine passende Sitzordnung zu arrangieren. Aus Chemnitz kamen mehrere Freunde", erinnert sich Hodicová. Die Verbindung zu Chemnitz hat das Ehepaar bis heute nicht gekappt. Hodic fährt im Schnitt jeden Monat nach Einsiedel, wo sich eine Niederlassungsstelle seines Stromversorgungs-Unternehmens PULS Investicni Chomutov befindet. Hodicová arbeitet weiterhin mit der TU Chemnitz zusammen - für den Career Service oder für die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften gibt sie Workshops und interkulturelle Trainingseinheiten.
Auch Familienausflüge nach Chemnitz bleiben nicht aus. "Durch das Studium und die Arbeit an der Universität haben wir viele ausländische und einheimische Freunde kennengelernt", sagt Hodic, und fügt hinzu: "Wenn man Leute kennenlernt, die Stadt mit dem Fahrrad erkundet und vor allem so viel erlebt, wird man Chemnitz einfach mögen - Innenstadt, Umgebung und Kultur."
(Autorin: Victoria Graul)
Katharina Thehos
24.05.2013