Gautschfest auf der Gutenbergwiese
Anno Domini 2013, am 17. Tage im Juni: Institut für Print- und Medientechnik pflegte uralten Brauch und nahm die Kornuten feuchtfröhlich in die Druckerzunft auf
"Pakket an! Lasst seinen Corpus posteriorum fallen auf diesen nassen Schwamm, bis triefen beide Ballen. Der durstgen Seel´ ein Sturzbad gebet obendrauff! Das ist dem Jünger Gutenbergs die allerbeste Tauff!" - so schallte es am 17. Juni 2013 wieder auf der "Gutenbergwiese" hinter dem Institut für Print- und Medientechnik der Technischen Universität Chemnitz an der Reichenhainer Straße 70. Gemäß dem bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Brauch der Buchdrucker und Schriftsetzer wurden auch auf dem Uni-Campus ausgewählte Auszubildende, Studierende und Mitarbeiter, mit einer feierlichen Wassertaufe in den Kreis der Jünger Gutenbergs aufgenommen.
Sieben so genannte Kornuten - also die Anwärter auf einen Platz in der Zunft - wurden vom Gautschmeister Martin Mellendorf aufgerufen und anschließend von den Packern in einen mit Wasser gefüllten Holz-Bottich mit Haut und Haar getaucht. In diesem Jahr unterzogen sich dem Ritual: Drucker Kevin Sieber; Peter Ueberfuhr und Dr. Moazzam Ali, beide wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Print- und Medientechnik; Mediengestalterin Anna Kunke; Markus Kleindienst, Mitarbeiter der Professur Printmedientechnik der TU; Forscher Ralf Zichner sowie Studentin Sarah Jobst. Nach der Wassertaufe wurde allen Gäutschlingen ein übler Trank, dessen Rezept streng geheim ist, eingeflößt. Den Abschluss des feuchtfröhlichen Rituals bildete die Übergabe des schmucken Gautschbriefes an die von allen beruflichen Unarten befreiten Schwarzkünstler.
Das Wort "Gautschen" stammt übrigens aus der Papierherstellung. Wenn das Papier frisch geschöpft ist, wird der feuchte Papierbogen vom Sieb auf eine Filzunterlage abgelegt und danach wird das Wasser aus dem Bogen gepresst. In früheren Jahrhunderten hatten die Drucker einen sehr engen Kontakt mit der Geisteswelt der Akademiker und Studenten. So kam es, dass dadurch Bräuche entstanden, wie sie damals von den Studenten einmal im Jahr gefeiert wurden. So wie bei den Zimmerleuten ein Richtfest abgehalten wird, so erhalten die Schriftsetzer und Drucker nach Abschluss ihrer Ausbildung die Wassertaufe - also das Gautschen. Das Gautschfest wurde und wird auch an der TU Chemnitz als Zeremonie für die Aufnahme der Lehrlinge, Studierenden und Mitarbeiter des Instituts für Print- und Medientechnik in den Kollegenkreis abgehalten. Das erste Gautschfest fand übrigens am 25. Juni 1978 anlässlich eines Gartenfestes der Polygraphen statt.
Ein Beitrag von SACHSEN FERNSEHEN findet sich auch im YouTube-Kanal der TU Chemnitz.
Mario Steinebach
18.06.2013