Von Sonne, Samba und hochqualifizierten Fachkräften
Das CsF-Programm lockt jährlich hunderte brasilianische Studierende zum Kultur- und Wissensaustausch nach Deutschland - Studiengang Systems Engineering an der TU Chemnitz ist gefragt
Was kommt einem zuerst in den Sinn, wenn man an Brasilien denkt? Zumeist sind es wohl Sonne, Samba und Fußball. Dass das größte Land Südamerikas darüber hinaus aber auch mit einer der weltweit dynamischsten Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Technik aufwarten kann, wissen hingegen nur wenige. Die Augen vieler Industrienationen schielen jedenfalls bereits heute auf die vielversprechende Quelle gut ausgebildeter Fachkräfte. Das große Werben hat längst begonnen - auch an der TU Chemnitz.
"Das Programm `Wissenschaft ohne Grenzen´ - kurz CsF - bietet die attraktive Möglichkeit, dass eine hohe Anzahl qualifizierter brasilianischer Studierenden, Doktoranden und Postdocs mit einem Stipendium nach Deutschland kommt", weiß Dr. Wolfgang Lambrecht, Geschäftsführer des Internationalen Universitätszentrums. Das Interesse an dem kooperativen Angebot sei dabei auf beiden Seiten sehr groß, wie jüngst die Beispiele einiger Chemnitzer Professuren zeigten. Vor allem die Professur für Fabrikplanung und Fabrikbetrieb bewies einen international guten Ruf und ergatterte im Wettstreit um insgesamt 552 brasilianische Studenten, die zum Wintersemester 2013/14 in Deutschland immatrikuliert wurden, letztlich 15 motivierte Studierende für den Chemnitzer Studiengang System Engineering.
Eine von ihnen ist Vanessa Pagotto, die während einer Infoveranstaltung ihrer Universität in Sao Paulo auf das CsF-Programm aufmerksam wurde. In ihrer Heimat studiert sie Production Engineering und entschied sich aufgrund von inhaltlichen Parallelen sowie persönlichen Interessen für das hiesige Fach System Engineering. "Das Austausch-Programm ist in ganz Brasilien sehr bekannt", ergänzt Vitor Augusto Fortunato Andrade, der ursprünglich in Belo Horizonte, einer der größten Städte Brasiliens, beheimatet ist. Dort studiert er Maschinenbau und entschied sich für Chemnitz, weil er die ruhige Stadt mag und die vielen Fächermöglichkeiten der hiesigen Fakultät für Maschinenbau interessant findet. Beide verbindet, dass sie in Chemnitz nicht zum ersten Mal Luft im Ausland schnuppern. Vanessa Pagotto war bereits in Kanada, Dänemark und mehrfach in Deutschland, unter anderem zwei Jahre in Wiesbaden. Auch Vitor Augusto Fortunato Andrade konnte bereits im Vorfeld Auslandserfahrung sammeln: in den USA sowie verschiedenen europäischen Ländern.
Bei so vielen gewonnen Eindrücken in unterschiedlichen Regionen fragt man sich natürlich, wie Chemnitz und die TU im direkten Vergleich abschneiden. Sehr gut, wenn es nach den beiden geht. Das Leben hier sei bezahlbar, ruhig und sicher. "Die Wohnkosten waren auch ein Grund, mich für Chemnitz zu entscheiden", gibt Pagotto zu. "Es ist alles in der Nähe, was man braucht. Sei es ein Copy-Shop, ein Supermarkt, die Mensa oder ein Sportplatz." Auch Fortunato Andrade betont, dass ihm Chemnitz und die deutsche Kultur im Allgemeinen gefallen. Im Gegensatz zu seiner Heimat sei das Leben hier für alle gut, nicht nur für eine wohlhabende Minderheit. Beide betonen außerdem, dass sie das Gefühl von Sicherheit genießen. "In Sao Paulo ist es gefährlich, allein auf offener Straße unterwegs zu sein", sagt Pagotto.
Fragt man danach, was an Chemnitz und allgemein Deutschland nicht gefällt, so bekommt man, wenig überraschend, folgende Antworten: das schlechte und verregnete Wetter, das Essen und die etwas verklemmten Einwohner. Im Zuge dessen vermissen Pagotto und Fortunato Andrade in der Heimat vor allem ihre Freunde und Familie, die Wärme und Sonne. Dennoch freuen sich beide nun auf die vor ihnen liegende Zeit an der TU Chemnitz. "Und selbst das kalte Wetter hat etwas Gutes", ergänzt Vitor Augusto Fortunato Andrade: "Denn ich liebe Snowboarding!"
Alle 15 brasilianischen Studierenden, die sich für den Chemnitzer Studiengang Systems Engineering entschieden haben, werden dazu beitragen, dass Brasilien auch in Forschung und Wissenschaft weiter nachlegen und wachsen wird. Denn längst ist nicht mehr nur die brasilianische Fußballnationalmannschaft Seleção in Europa bekannt und berüchtigt, sondern auch das immense Potential, das aus der stetigen Weiterentwicklung des Landes sowie der Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte hervorgeht.
Weitere Informationen zum CsF-Programm sind unter http://www.tu-chemnitz.de/international/CsF/ abrufbar.
(Autor: Martin Blaschka)
Katharina Thehos
21.11.2013