Begehrter interdisziplinärer Austausch
Chemnitzer Weiterbildungskurs „Elektrochemische Schichten“ schlägt Brücken zwischen Wissenschaft und Praxis - Neue vollautomatische Galvanikanlage wurde vorgestellt
Vom 11. bis 12. November 2014 veranstaltete das Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnik (IWW) der TU Chemnitz bereits zum siebenten Mal seinen jährlich stattfindenden zweitägigen Weiterbildungskurs „Elektrochemische Schichten“. Mit 26 Teilnehmern aus der Industrie und von Forschungseinrichtungen wurde erneut die maximal verfügbare Platzkapazität voll ausgeschöpft. Durch die Experimentalvorträge, praktische Arbeiten im Labor sowie die Diskussion war es allen Teilnehmern möglich, ihr Wissen zu erweitern bzw. aufzufrischen. Die thematischen Schwerpunkte legten die Veranstalter diesmal auf die elektrochemische Legierungsabscheidung sowie die Analytik der dazu erforderlichen Elektrolyte und der entstehenden Schichten.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer und einer Einführung in das Kursprogramm durch den Leiter der Veranstaltung, Prof. Dr. Thomas Lampke, referierte Dr. Ingolf Scharf über die Grundlagen der galvanischen Beschichtung. In seinen Ausführungen ging er auf die elektrochemischen Grundlagen der Schichtbildung, insbesondere auf die Beeinflussung der Makrostreufähigkeit und der Legierungszusammensetzung durch Komplexbildung sowie die Vermeidung von Beschichtungsfehlern ein. Anschließend führte Professor Lampke in die Anforderungen der Schichtsysteme und die Leistungsfähigkeit der Legierungsabscheidung ein. Den Teilnehmern wurde verdeutlicht, welche Potenziale die Legierungsabscheidung für Anwendungen mit höchsten Anforderungen an Korrosions- und Verschleißschutz besitzen.
Seit Oktober steht an der Professur Oberflächentechnik/Funktionswerkstoffe eine vollautomatische Galvanikanlage aus eigener Entwicklung bereit, die in Zusammenarbeit mit einem Ingenieurbüro und zwei Firmen ein Novum bezüglich Flexibilität und Effektivität galvanischer Prozesse darstellt. Die Anlage wird unter anderem für aktuelle Forschungsthemen der Professur benötigt, in denen REACH-konforme Elektrolyte formuliert und die entsprechenden Prozessparameter identifiziert werden. Klaus Schneller von der beteiligten Firma KS Kunststoffbau zeigte in seiner Präsentation, wie Anlagen für individuelle Beschichtungsaufgaben ausgelegt und umgesetzt werden können.
Nach den Vormittagsveranstaltungen folgten zur Festigung des Gehörten praktische Laborversuche in kleinen Teilnehmergruppen. Die Analytik von Legierungsschichten mittels Röntgenfluoreszensanalyse sowie die Badanalytik mit Hilfe verschiedener chromatographischer Verfahren waren Bestandteil der praktischen Arbeiten. Die Steuerung der Legierungszusammensetzung mittels Pulsstrom konnten die Kursteilnehmer anhand einer Goldlegierungsabscheidung nachvollziehen. Im Anschluss an das Praktikum nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit zu Gesprächen mit Experten der TU Chemnitz, um Detailfragen zu Messstrategien und Anwendungsgrenzen analytischer Methoden zu klären.
Der zweite Tag des Kurses startete mit einem Beitrag von Prof. Dr. Volker Bucher von der Hochschule Furtwangen, der über die Verträglichkeit von Metallen in medizinischen Anwendungen referierte. Stabile Legierungssysteme aus galvanischer Abscheidung bieten dabei gute Möglichkeiten, um biokompatible Implantate zu realisieren. Günter Mollath, ehemals Frauenhofer IPK Berlin, erläuterte die Strategie zur Parameteridentifikation bei der Legierungsabscheidung. Durch den komplexen Zusammenhang zwischen Elektrolyt- und Schichteigenschaften ist eine Bestimmung der Haupteinflussfaktoren auf der Basis statistischer Versuchsplanung sinnvoll und zielführend. Die hohe Parameteranzahl, insbesondere im Zusammenhang mit der gepulsten Abscheidung, erschwert die Parameteridentifikation zusätzlich. Ein probater Lösungsansatz besteht daher in der von ihm entwickelten Anwendung von Kennfeldern, mit denen komplexe, mehrdimensionale Zusammenhänge darstellbar sind. Hierdurch können Schichtmerkmale, wie Zusammensetzung und Glanz, mit Beschichtungsparametern korreliert werden. Anschließend erläuterte Dr. Wolfgang Hansal vom österreichischen Unternehmen Happy Plating den Kursteilnehmern die Vorteile der Pulsstromtechnik im Zusammenhang mit der Legierungsabscheidung.
In der von Prof. Lampke moderierten Abschlussdiskussion wurde einerseits das Kursprogramm ausgewertet und andererseits noch einige fachliche Fragen erörtert. Die anonym durchgeführte Befragung der Teilnehmer zu Inhalt, Struktur und Niveau des Kurses ergab ein sehr positives Fazit. Die Veranstalter freuen sich über den Erfolg und laden herzlich zum nächsten Kurs mit dem Thema „Skalierung galvanischer Prozesse“ im November 2015 an gleicher Stelle ein. Auch dieser Kurs ist interdisziplinär und richtet sich an der TU nicht nur an Wissenschaftler der Fakultät für Maschinenbau, auch Naturwissenschaftler und Vertreter der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik sind gern gesehene Teilnehmer.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Thomas Lampke, Telefon 0371 531-36163, E-Mail thomas.lampke@mb.tu-chemnitz.de
(Autor: Markus Müller)
Mario Steinebach
18.11.2014