Ehrung für „einen Architekten der Industrie 4.0“
Am 21. März 2016 hat die Fakultät für Maschinenbau der TU Chemnitz die Ehrendoktorwürde an Friedhelm Loh, Inhaber und Vorsitzender der Friedhelm Loh Group, verliehen
Im Rahmen eines Akademischen Festakts hat die Fakultät für Maschinenbau der Technischen Universität Chemnitz am 21. März 2016 die Ehrendoktorwürde verliehen an Friedhelm Loh, Inhaber und Vorsitzender der Friedhelm Loh Group im hessischen Haiger sowie Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung des Schaltschrank- und Systemanbieters Rittal in Herborn. „Ihr bisheriges Lebenswerk beeindruckt sehr“, fasste Prof. Dr. Andreas Schubert, Kommissarischer Rektor der TU Chemnitz, in seiner Begrüßung der Festversammlung zusammen und hieß den Laureaten willkommen in der Gemeinschaft der TU Chemnitz. „Wissenschaft und Wirtschaft sind heute mehr denn je aufeinander angewiesen“, sagte Prof. Schubert und verdeutlichte, dass der Dialog von Wissenschaft und Wirtschaft Voraussetzung ist für das breitgefächerte Studienangebot und die exzellente interdisziplinäre Forschung der TU Chemnitz.
Vier Redner schlossen sich mit Grußworten an und unterstrichen so, wie breit gefächert das Engagement von Friedhelm Loh ist: Es überspannt den Bereich von Wirtschaft über Wissenschaft bis hin zum öffentlichen Leben, was sich auch in seinen vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten widerspiegelt. Als Vertreter des deutschen Volkes sprach Frank Heinrich, Mitglied des Bundestages aus dem Wahlkreis Chemnitz. „Es gibt Menschen, die ehrt man am besten mit ihren eigenen Worten“, sagte Heinrich und verwies auf eine Formulierung, die Loh während eines Führungskräfteseminars geprägt habe: „Was man kann, muss man tun.“ Kaum jemand verkörpere diese Worte besser als Loh: „Was er kann, das tut er. Und was er tut, dass kann er“, so Heinrich.
Das unterstrich auch Dr. Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V.: „Sie sind durch und durch ein Macher, der Veränderungen aktiv mitgestaltet“, sprach er den Laureaten an und nannte Mut, Fleiß und Weitsicht als seine charakteristischen Eigenschaften. „Sie sind ein Mensch, der Chancen erkennt, wo andere Risiken sehen, und Chancen eine Chance gibt“, so Kerber. Als „Architekten der Industrie 4.0“ bezeichnete Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der Geschäftsführung des Zentralverbandes der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V., Friedhelm Loh, und erklärte: „Sie sind der Garant dafür, dass wir in Deutschland das Thema Industrie 4.0 nicht verschlafen haben.“ Klaus Helmrich, Mitglied des Vorstands der Siemens AG, betonte das internationale Engagement der von Loh geführten Unternehmensgruppe: „Sie waren eines der ersten deutschen Unternehmen, die sich nach China und Indien bewegt haben.“ Loh selbst sei „ein Role Model der deutschen Wirtschaft: ein verantwortungsvoller Unternehmer und Mensch, sozial engagiert und vorwärtsgehend, der Menschen mitnimmt und respektvoll mit ihnen umgeht.“
Die Festansprache hielt – in Vertretung des Dekans – Prof. Dr. Thomas Lampke, Prodekan für Forschung, Internationales und Gleichstellung der Fakultät für Maschinenbau. Er betonte das Engagement von Friedhelm Loh in Sachsen und im Besonderen für die TU Chemnitz: „Seit mehrere Jahren pflegt Herr Loh mit der Technischen Universität Chemnitz und dem benachbarten Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU sehr enge Kooperationen.“ Schnittstellen gebe es vor allem in den Themenfeldern Automobil-Industrie, Energieerzeugung sowie Maschinen- und Anlagenbau. An diesen Schnittstellen verortet sei auch die Stiftungsprofessur Systemtechnik und Schaltmodule, die die Rittal GmbH & Co. KG seit Juni 2014 an der Fakultät für Maschinenbau finanziert. „Diese Stiftungsprofessur hat Strahlkraft auf den gesamten Maschinenbau und stärkt die drei Kernkompetenzen der TU Chemnitz“, so Lampke.
Anschließend sprach Prof. Dr. Stephan Holthaus, Rektor der Freien Theologischen Hochschule Gießen, in seinem Festvortrag zum Thema „Ora et labora, oder warum es sich lohnt, mit Werten in Führung zu gehen“. Er nahm Bezug auf die Gründung des Benediktinerordens im 6. Jahrhundert durch Benedikt von Nursia, der ein nach ihm benanntes Regelwerk veröffentlichte, zu dem auch die Aussage „ora et labora“ – zu Deutsch: „bete und arbeite“ – zählt. Holthaus stellte damit nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg Lohs, sondern auch seine Verankerung im christlichen Glauben in den Mittelpunkt seiner Rede. „Arbeit wird heute überhöht. Sie wird nicht eingebettet in einen größeren Sinnhorizont“, sagte Holthaus und machte damit deutlich, dass der benediktinische Leitsatz auch fast anderthalb Jahrtausende nach seiner Begründung hochaktuell sei. „Arbeit ist nur die Schale, nicht der Kern. Es braucht immer auch moralische Regeln und ethische Leitplanken“, so der Festredner, der die besondere Bedeutung des Leitsatzes „ora et labora“ für Friedhelm Loh und seine Familie hervorhob: „Die Regeln des Benedikt beherzigen Sie in Wort und Tat“, bescheinigte er dem Laureaten.
Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und Inhaber der Professur Werkzeugmaschinenkonstruktion und Umformtechnik der TU Chemnitz, hob in seiner Laudatio hervor, dass einen guten Unternehmer nicht nur der in Zahlen fassbare Erfolg ausmache, sondern weitaus mehr: „Er muss Ziele haben, Begeisterung wecken, Verantwortung und Humanität zeigen. Die Menschen in einem Unternehmen wollen mehr sehen als nur das Geld am Ende des Monats, sie wollen motiviert werden, die Unternehmensziele verstehen und verinnerlichen können, sie wollen gern jeden Tag zur Arbeit gehen.“ Hier bewährt sich aus Neugebauers Sicht eine weitere Prägung des Elternhauses von Friedhelm Loh: „Es ist das auf christlichen Werten basierende Verständnis von Führung und Verantwortung.“ Der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft wagte am Ende seiner Laudatio ein Resümee: „Der Erfolg von Friedhelm Loh beruht auf kreativer Neugier, harter und schöpferischer Arbeit, Leidenschaft für die Berufung als innovativer Unternehmer, dem Verzicht auf das für manch anderen Selbstverständliche sowie dem Urbarmachen der verfügbaren Zeit.“
Nach der akademischen Ehrung sprach Dr.-Ing e.h. Friedhelm Loh selbst. „Bei so viel Lob verschlägt es einem die Stimme“, zeigte er sich beeindruckt von dem umfangreichen Repertoire der Redner, die zu seinen Ehren gesprochen hatten. Die Verleihung der Ehrendoktorwürde bezeichnete der Laureat als „Höhepunkt meiner Biographie“. Nicht möglich geworden wäre der Empfang dieser hohen Ehrung ohne die jahrzehntelange Unterstützung durch seine Familie, seine Freunde und die Mitarbeiter seines Unternehmens – ihnen allen galt sein tiefer Dank. Vor allem an die Vertreter der Universität richtete er das Versprechen „in der Zukunft meinen Auftrag wahrzunehmen, Erfahrung und Innovation in einen Mehrwert für die Menschen umzusetzen“. Die Kunst der Wissenschaft sei es schließlich, Lösungen zu entwickeln zum Nutzen und zum Schutz der Menschen. Die Technische Universität Chemnitz sei durch die breitgefächerte Vernetzung der Disziplinen dafür optimal aufgestellt. „Bei aller Euphorie für neue Technologien bleibt die Frage, die man im Vorfeld beantworten sollte: Was machen die neuen Technologien mit uns?“, sagte Loh und verwies damit auf die hohe Verantwortung von Wissenschaft und Wirtschaft.
Die Veranstaltung wurde musikalisch gestaltet vom Kammerorchester der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz.
Zur Person: Friedhelm Loh
Friedhelm Loh übernahm 1974 die Geschäftsführung für die von seinem Vater 1961 gegründeten Firmen Rittal und Ritto und damit die Verantwortung für 200 Mitarbeiter. Seit 1989 ist er Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm Loh Group. Heute beschäftigt das Familienunternehmen in 78 Tochtergesellschaften und 18 Produktionsstätten weltweit mehr als 11.500 Mitarbeiter und erreichte im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von über 2,2 Milliarden Euro. Mit ca. 2.500 patentierten Entwicklungen ist der Global Player internationaler Markt- und Technologieführer in vielen Branchen. Der heute 69-Jährige Loh war bis 2014 Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI) und ist heute Ehrenpräsident des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), dem er ebenfalls bis 2014 als Präsident vorstand. Für seine erfolgreichen Innovationsleistungen verlieh ihm das Deutsche Institut für Erfindungswesen (DIE) 2010 die Dieselmedaille, die als „Oscar der Erfinder“ gilt.
(Autoren: Katharina Thehos und Mario Steinebach)
Katharina Thehos
21.03.2016