Offener Brief des Rektors an die Hochschulöffentlichkeit
Prof. Dr. Gerd Strohmeier wendet sich mit einem offenen Brief zum Thema Zuschuss- und Zielvereinbarung an die Mitglieder und Angehörigen der TU Chemnitz
Sehr geehrte Professorinnen und Professoren, Mitarbeitende und Studierende,
liebe Mitglieder und Angehörige unserer Universität,
die Rektorinnen und Rektoren der staatlichen Hochschulen in Sachsen wurden am 19. Dezember 2016 in die Staatskanzlei nach Dresden eingeladen, um dort die Zuschussvereinbarung 2017-2024 und die Zielvereinbarung 2017-2020 zu unterzeichnen. Ich habe – wie meine Amtskolleginnen und Amtskollegen – beide Dokumente unterschrieben, wollte dies jedoch nicht tun, ohne Sie über die Beweg- und Hintergründe dieses Schritts zu informieren.
Am 22. November 2016 hat die Staatsregierung den Hochschulentwicklungsplan 2025 beschlossen – trotz zum Teil erheblicher hochschulrechtlicher und hochschulpolitischer Bedenken, die u.a. der Senat der Technischen Universität Chemnitz in seiner Stellungnahme gegenüber dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) deutlich gemacht hat. Der Hochschulentwicklungsplan hätte de jure Ausgangspunkt für die Zuschuss- und individuellen Zielvereinbarungen sein sollen. De facto hat man aber die Reihenfolge nicht eingehalten und alle drei Dokumente parallel entwickelt – mit zum Teil nicht unerheblichen negativen Auswirkungen. An der Entwicklung der Grundgerüste für den Hochschulentwicklungsplan und der Zielvereinbarungen waren im Rahmen der dafür geschaffenen Gremien (Lenkungsgremium HEP 2025, AG Zielvereinbarung) nicht alle Rektorinnen und Rektoren der staatlichen Hochschulen beteiligt, sondern nur jeweils ein Vertreter der Universitäten, der Fachhochschulen und der Kunsthochschulen – mit zum Teil ebenfalls nicht unerheblichen negativen Folgen. Verhandlungen „auf Augenhöhe“ waren überdies prinzipiell nicht möglich – insbesondere deshalb, weil im Hochschulentwicklungsplan 2025 von Anfang an festgelegt war, dass eine fehlende Verständigung auf die Hochschulentwicklungsplanung 2025 den Abbau von 754 Stellen ab 2017 zur Folge hat.
Die Zuschussvereinbarung 2017-2024, die de facto zeitgleich mit der Konstituierung des neuen Rektorats der TU Chemnitz in der finalen Version vorgestellt wurde und vom Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz zur Unterschrift empfohlen wurde, bietet grundsätzlich eine langfristige Planungssicherheit und sieht grundsätzlich vor, auf den Abbau von 754 Stellen ab 2017 zu verzichten. Zugleich sieht sie aber auch den Abbau der Studierendenzahlen in Sachsen auf 95.000 bzw. an der TU Chemnitz auf 9.400 im Studienjahr 2024/2025 vor. Vor dem Hintergrund ergab sich das Dilemma, entweder die Zuschussvereinbarung nicht zu unterschreiben und damit de facto den Stellenabbau zu unterschreiben oder die Zuschussvereinbarung zu unterschreiben und damit zugleich den Abbau der Studierendenzahlen zu unterschreiben – dem möglicherweise nachgelagert der Abbau von Personal folgen wird. Schließlich wird weder im Hochschulentwicklungsplan noch an anderer Stelle eine nachvollziehbare und sinnvolle Begründung für den Abbau der Studierendenzahlen genannt, der – wie die TU Chemnitz immer wieder deutlich gemacht hat – nicht sinnvoll und in vielerlei Hinsicht schädlich ist. Zumindest enthält die finale Version der Zuschussvereinbarung nur Planungsansätze (keine Zielzahlen), die Möglichkeit der Anpassung der hochschulindividuellen Studierendenzahlen (durch Umverteilung zwischen den Hochschulen) und die Möglichkeit eines Korridors – der nach Aussagen der sächsischen Wissenschaftsministerin bei +/- 10 Prozent liegt, allerdings nicht verbindlich in der Zuschussvereinbarung festgeschrieben ist, sondern in der für ab 2020 gültigen Zielvereinbarung zu regeln ist. Nicht unbedeutend ist auch die Revisionsklausel, die bei wichtigem Grund eine Änderung bzw. Anpassung der Zuschussvereinbarung vorsieht. Als „wichtiger Grund“ zählt laut Zuschussvereinbarung die Entwicklung der Studierendenzahlen ebenso wie die Schaffung eines Nachfolgeprogramms des Hochschulpakts 2020 – das sich gegenwärtig in der Diskussion befindet. Vor dem Hintergrund ist die Reduzierung der Studierendenzahlen in der aktuell vorgesehenen Form mittel- bis langfristig jedenfalls nicht „zementiert“.
Relativ große Veränderungen konnten noch bei der individuellen Zielvereinbarung zwischen dem SMWK und der TU Chemnitz erreicht werden. Die Originalfassung der Zielvereinbarung, die der TU Chemnitz im Juni 2016 zugegangen ist und die Ausgangspunkt für die Verhandlungen des neuen Rektorats mit dem SMWK war, enthält Ziele, die zum Teil nicht sinnvoll, nicht steuerbar, nicht (auf Fakultäten) übertragbar, nicht erreichbar und/oder nicht messbar sind. In diversen mündlichen und schriftlichen Verhandlungen mit dem SMWK haben wir die Interessen der TU Chemnitz mit Nachdruck vertreten und im Vergleich zur Ausgangssituation einen relativ großen Verhandlungserfolg erringen können. So wurden u.a. Ziele substituiert oder modifiziert und Zielwerte deutlich nach unten korrigiert. Insgesamt ist festzuhalten, dass nicht jedes in der finalen Version der Zielvereinbarung fixierte Ziel für eine Universität im Allgemeinen sowie die TU Chemnitz im Speziellen zwingend sinnvoll ist – dass aber alle dieser Ziele für die TU Chemnitz tatsächlich erreichbar sind.
Vor dem Hintergrund ist das Rektorat der TU Chemnitz zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Wohl unserer Universität am besten gedient ist, wenn wir die Zuschuss- und Zielvereinbarung unterschreiben – was ich am 19. Dezember 2016 auch getan habe.
Um – wie vor meiner Wahl als Rektor sowie in meinem ersten offenen Brief an die Hochschulöffentlichkeit angekündigt – die Transparenz an unserer Universität zu erhöhen, habe ich mich entschlossen, sowohl den Hochschulentwicklungsplan 2025 und die Zuschussvereinbarung 2017-2024 als auch die Zielvereinbarung 2017-2020 offen zu legen und auf unserer Homepage zur Verfügung zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gerd Strohmeier
Weiterführende Links:
Hochschulentwicklungsplanung 2025: https://www.tu-chemnitz.de/rektorat/dokumente/hochschulentwicklungsplanung.pdf
Zielvereinbarung zwischen der Technischen Universität Chemnitz und dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst: https://www.tu-chemnitz.de/rektorat/dokumente/Zielvereinbarung2017-20_TUC.pdf
Vereinbarung zwischen der Sächsischen Staatsregierung und den staatlichen Hochschulen im Freistaat Sachsen (Hochschulen) über die Höhe der staatlichen Zuschüsse von 2017 bis 2024: https://www.tu-chemnitz.de/rektorat/dokumente/Zuschussvereinbarung_2017-2014.pdf
Mario Steinebach
19.12.2016