Im Fokus: Partizipation in Genossenschaften
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften präsentiert am 28. April 2017 auf einem Symposium die Ergebnisse einer aktuellen Fallstudie – Um eine Anmeldung bis zum 15. April wird gebeten
In Folge der Finanzkrise 2008 und nicht zuletzt durch zahlreiche Neugründungen geraten Genossenschaften wieder zunehmend in das öffentliche Blickfeld. Allein in Deutschland sind rund 22 Millionen Menschen Mitglied einer der fast 8.000 Genossenschaften, die meisten sind Mitglied einer Kreditgenossenschaft. Ende 2016 wurde die Genossenschaftsidee überdies in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Im Allgemeinen beanspruchen genossenschaftliche Betriebe seit jeher eine Vorbildstellung für partizipative Organisationen und fungieren oftmals als Sinnbild eines demokratischen und auf Teilhabe bedachten Wirtschaftens. Selbsthilfe und die Identität von Eigentümern und Kunden sind weitere Schlagworte, die für die genossenschaftliche Idee stehen. Eine besondere Rolle wird daher zumeist den Mitgliedern einer Genossenschaft zugeschrieben – hat doch jedes Mitglied grundsätzlich eine Stimme und dies in der Regel unabhängig von der Höhe der geleisteten Einlage. Dieses Bild der Genossenschaften als Paradebeispiel von Mitbestimmung und Teilhabe wird zumindest in Teilen der Forschung immer wieder in Frage gestellt, wobei es hierzu kaum aktuelle Untersuchungen gibt.
Aufgrund dieses Mangels an aktuellen Studien wurde an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Chemnitz vor zweieinhalb Jahren ein von der Hans-Böckler-Stiftung finanziertes Forschungsprojekt zu Partizipationspraktiken in Genossenschaften begonnen. Dabei wurden insgesamt vierzehn, teilweise sehr unterschiedliche Wohnungs-, Agrar-, Kredit- und Konsumgenossenschaften untersucht. So wurde sich unter anderem der Frage gewidmet, ob das Ideal der partizipativen Demokratie eine sinnstiftende Wirkung für das Management, die Mitglieder und auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Genossenschaften entfaltet und die existierenden Partizipationspraktiken prägt. Andererseits wurde auch die Bedeutung repräsentativer Formen der Partizipation ausgeleuchtet, etwa des Betriebsrates oder der sogenannten Vertreterversammlung, die in Genossenschaften mit über 1.500 Mitgliedern eine gängige Praxis darstellt.
Einen Einblick in die Ergebnisse dieser Untersuchung gewährt das Projektteam am 28. April 2017 im Rahmen eines eintägigen Symposiums. Die Veranstaltung beginnt um 9.15 Uhr im „Alten Heizhaus“, Straße der Nationen 62 (Innenhof). Den Teilnehmenden am Symposium werden auch mehrere Gastvorträge aus dem Bereich der Genossenschaftsforschung geboten. So wird Prof. Dr. Jürgen Keßler (HTW Berlin) zunächst eine ökonomische und juristische Analyse des Spannungsfeldes zwischen unternehmerischer Effizienz und Teilhabe vornehmen, in dem sich Genossenschaften mehrheitlich befinden. Nicht minder aktuell ist das Thema des Vortrages von Dr. Herbert Klemisch (Wissenschaftsladen Bonn), der sich Fragen der (Post)Demokratie und Unternehmensmitbestimmung in Genossenschaften widmet. Walter Vogt (IG Metall) legt den Fokus auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Potenziale von Belegschaftsgenossenschaften als Möglichkeit für die Förderung betrieblicher Partizipation. Den Abschluss der Veranstaltung bildet eine Podiumsdiskussion zu „Partizipation in Genossenschaften“. Hier geht es vor allem um einen offenen Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft. So werden sich auf dem Podium nicht nur zwei der Gastreferenten befinden, sondern auch der ehemalige Präsident des Mitteldeutschen Genossenschaftsverbands, Dietmar Berger, sowie mit Barbara Rische ein Vorstandsmitglied der erfolgreichen Verbrauchergemeinschaft für umweltgerecht erzeugte Produkte eG.
Die Teilnahme am Symposium ist kostenfrei. Interessenten können sich bis zum 15. April 2017 anmelden: markus.tuempel@wirtschaft.tu-chemnitz.de
Weitere Informationen zum Programm: https://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/ppig/projekt/aktuelles/
Mario Steinebach
04.04.2017