Hybride Mikromotoren für die Krebsbekämpfung
Wissenschaftler der TU Chemnitz und des Leibniz IFW Dresden erforschen neue Methode zur möglichen Behandlung von Unterleibs-Tumoren mittels hybriden Mikromotoren
Es ist noch Grundlagenforschung, könnte sich aber als vielversprechender Ansatz zur Therapie von Krebszellen in der Gebärmutter beziehungsweise im Gebärmutterhals erweisen. Denn Prof. Dr. Oliver Schmidt, Inhaber der Professur Materialsysteme der Nanoelektronik an der Technischen Universität Chemnitz, und einem Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) in Dresden ist es nun im Labor-Versuch in der Petrischale gelungen, Rinder-Spermien als Träger für Anti-Krebswirkstoffe einzusetzen. Dafür entwickelten sie mittels 3D-Nanolithografie, ein spezielles Herstellungsverfahren zur Erzeugung von Nano-Strukturen, eine Mikroröhren-Ummantelung mit vier Armen – einen „Tetrapod“ – von der Größe eines Zehntels des menschlichen Haares. Den Tetrapod legten die Forscher einem einzelnen Spermium um und beschichteten ihn mit Eisen. Mittels eines Magnetfeldes waren die Wissenschaftler in der Lage, den Tetrapod und damit das Spermium zu steuern. Das Spermium selbst wurde mit „Doxorubicin“, einem zur Behandlung von Unterleibs-Tumoren zugelassenen Wirkstoff, beladen und anschließend gezielt in die Krebszelle gelenkt. wo der Wirkstoff freigesetzt wurde. Ein Teil der Krebszellen, die mit „Doxorubicin“ beladenen Spermien behandelt wurden, starben nach kurzer Zeit ab.
Die Grundlagenforschung auf diesem Gebiet steht noch ganz am Anfang: Zunächst müssen weitreichende Experimente zur Effizienz und Biokompatibilität der Technologie überprüft werden, bevor erste Tierversuche durchgeführt werden können. Versuchsreihen am Menschen befinden sich noch in weiter Ferne
Spermien sind idealer Wirkstoff-Träger
„Spermien haben als Wirkstoff-Träger den großen Vorteil, dass sie aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit lange in der Gebärmutter als Einsatzort verweilen können“, erklärt Professor Schmidt. Hinzu komme, dass die Spermien in der Lage seien, große Wirkstoffmengen zu transportieren. „Ihr effizienter und leistungsfähiger Selbstantrieb sowie ihre Fähigkeit zur Durchdringung von Zellwänden ermögliche ihren Einsatz in idealer Weise für die direkte Wirkstoff-Injektion in die Krebszelle“, so der Forscher.
Kooperation zwischen TU Chemnitz und Leibniz IFW: Verstärkte Forschung zu medizintechnischen Anwendungen
Grundlegend für die gezielte Entwicklung spezieller Mikromotoren waren die Ergebnisse der medizintechnischen Forschungskooperation zwischen der TU Chemnitz und dem Leibniz IFW Dresden zu flexiblen Nanomembranen. Zur Intensivierung dieser und weiteren medizintechnischen Anwendungen entsteht derzeit auf dem Campus der TU Chemnitz ein neues Forschungsgebäude: das Zentrum für Materialien, Architekturen und Integration von Nanomembranen (MAIN).
Weitere Informationen: Prof. Dr. Oliver Schmidt, E-Mail o.schmidt@ifw-dresden.de
Original-Veröffentlichung: https://arxiv.org/abs/1703.08510
Hintergrund:
Zu den Unterleibs-Krebsarten zählen bösartige Zellveränderungen des Gebärmutterhalses (Zervixkarzinom) sowie der Gebärmutter (Endometrium- oder Korpuskarzinom). An der Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs erkranken Frauen im Durchschnitt mit 34 Jahren, am invasiven Gebärmutterhalskrebs mit 55 Jahren. Die Häufigkeit unterscheidet sich weltweit stark. Insgesamt werden in Deutschland jährlich über 4.600 Gebärmutterhalskrebs-Diagnosen gestellt.
Weitere Informationen: www.krebsinformationsdienst.de (Deutsches Krebsforschungszentrum)
Matthias Fejes
20.04.2017