Der schwierige Weg zwischen Babyboom und Wunsch-Kita
In Chemnitz hat sich die Situation der Kinderbetreuung verändert – eine neue Kindertagesstätte soll auf dem Campus der TU Chemnitz zur Entspannung beitragen
2015 verzeichnete die Stadt Chemnitz 3.231 Geburten. Das sind im Vergleich zum Vorjahr 208 mehr neugeborene Mädchen und Jungen. 2016 veröffentlichten die Chemnitzer Krankhäuser einen neuen Geburtenrekord von 3.423 Neugeborenen. Der deutschlandweite Trend steigender Geburtenzahlen bestätigte sich somit auch in Chemnitz. Auch die Zahl der Neugeborenen unter dem Nachwuchs von Studierenden und Beschäftigen der Technischen Universität Chemnitz stieg, denn der Familienservice der TU Chemnitz übergab erstmalig 2016 66 Willkommens- und Begrüßungspaket für den jüngsten Chemnitzer Campusnachwuchs.
Bereits 2015 wurde festgestellt, dass durch den Geburtenanstieg in Chemnitz, im Gegensatz zu den vorherigen Jahren, über 400 Krippen- und über 600 Kindergartenplätze zusätzlich benötigt werden. Zudem sind aufgrund der Zuweisung an Flüchtlingsfamilien im Krippen-, Kindergarten- und Hortbereich 281 Kinder (Stand 1. März 2016) untergebracht worden. Noch vor einigen Jahren wurden Kindertagesstätten geschlossen und ehemalige Kindergartengebäude abgerissen. Dem enormen Bedarf durch die Zunahme der Geburten und die Integration von Flüchtlingskindern stellt sich die Stadtverwaltung durch den Ausbau bestehender und den Bau neuer Einrichtungen, um die Kinderbetreuungsplätze perspektivisch dauerhaft zu sichern und somit 2018 mehr Betreuungsplätze vorhalten zu können.
Je nach Baubeginn und Fertigstellung entstehen bis 2018 bzw. 2019 in den Stadtteilen Altendorf, Bernsdorf (mitten auf dem TU-Campus) und in Reichenbrand drei neue Einrichtungen in freier Trägerschaft - der Heim gGmbH, des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau und der Stadtmission Chemnitz in Kooperation mit der Johanniskirchgemeinde Chemnitz-Reichenbrand. Dadurch werden insgesamt 300 Krippen- und Kindergartenplätze neu geschaffen, davon 100 auf dem Campus hinter dem Wohnheim Reichenhainer Straße 35/37. Die Kita des Studentenwerkes soll voraussichtlich im ersten Quartal 2018 fertiggestellt sein. Darüber hinaus wird die Kita auf der Sonnenstraße saniert. Dort sollen 2017 88 Plätze zur Verfügung stehen. Bis Ende 2016 sind durch eine Umrüstung eines alten Gebäudes 136 neue Plätze für Kinder auf der Max-Müller-Straße im Stadtteil Markersdorf entstanden und durch die Eröffnung Anfang diesen Jahres können noch freie Plätze angeboten werden. Aufgrund der steigenden Zahlen an Kindern zielen die perspektivischen Maßnahmen der Stadt Chemnitz in Richtung Aufstockung der Schul- und Hortkapazitäten, die ebenfalls Neu- und Ausbauprojekte nach sich ziehen.
Die Rahmenvereinbarung zur Kooperation zwischen der Stadt Chemnitz und der Technischen Universität Chemnitz besagt, dass sich beide Partner in der Umsetzung gleichstellungsfördernder Maßnahmen unterstützen. Neben der Durchführung von Bildungsangeboten und wissenschaftlicher Projekte in den Kindertagesstätten, sind Betreuungsmöglichkeiten in Nähe der Universitätsstandorte benannt, welche für Angehörige der Universität individuell angepasste Betreuungsmöglichkeiten unterbreiten. Die Kita „Waisenstraße“ im Zentrum der Stadt, der „Krabbelkäfer“ auf der Reichenhainer Straße und die „Sonneninsel“ auf der Augsburger Straße zählen zu den Kooperationseinrichtungen. Aufgrund der vollen Auslastung an Betreuungsplätzen und der hohen Nachfrage, können jedoch diese Kindertagesstätten momentan kein ausreichendes Angebot mehr für TU-Angehörige bereitstellen.
Die Entwicklung der Kinderzahlen in Chemnitz zeigt, dass der Babyboom seit 2015 anhält und die Kita-Suche komplexer wird. Das verlangt ein Umdenken in den Familien: Längere Wartezeiten bei der Betreuungsplatzsuche zu akzeptieren, eine Tagesmutterbetreuung ins Auge zu fassen oder einen angebotenen Betreuungsplatz außerhalb der favorisierten Einrichtungen anzunehmen. Längere Fahrtzeiten, die dadurch entstehen, sind keine Seltenheit mehr. Denkt man zurück, war der wohnortnahe Kindergarten für viele Familien möglich. Dies hat sich verändert. Nur so kann der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz in Chemnitz erfüllt werden, auch wenn er mit den persönlichen Wünschen nicht immer in Einklang zu bringen ist.
Die Veränderungen der Kita-Platz-Suche haben auch im Familienservice der TU Chemnitz zu einer gestiegenen Zahl von Anfragen geführt. Für das Thema Kita-Plätze versteht sich der Familienservice ein Bindeglied zwischen Familien und dem Amt für Jugend und Familie. Er bietet für alle Studierenden und Mitarbeitenden der TU Chemnitz einen Beratungsservice im Bereich Antragstellung und Ämterkontakt an und unterstützt somit beispielsweise bei der Antragstellung für Kita-Plätze. Die Vergabe der Plätze liegt jedoch bei den Kitas selbst. Jede Familie im Stadtgebiet Chemnitz hat gleichberechtigt Anspruch auf Krippen- bzw. Kindergartenplätze. Diesem Grundsatz folgt die Vergabe - somit arbeiten die Kindertagesstätten und Tagesmütter Antragstellungen nach Eingang ab und je nach Anmeldung wird genauso im Amt für Jugend und Familie geprüft und die noch freien Plätze vergeben.
Nach bereits realisierten Vorhaben der Stadt Chemnitz, Neueröffnungen bzw. Aufstockung von Platzkapazitäten in vorhandenen Kitas ist zu spüren, dass Engpässe ausgeglichen werden, jedoch wird weitere Zeit benötigt. Perspektivisch ist aber abzusehen, dass sich das gesamte Betreuungssystem entspannen wird.
Das Thema Kinderbetreuung ist im Familienservice der TU Chemnitz allgegenwärtig. Es ist für die Mitarbeitenden einer der Beratungsbausteine rund um die Themenvielfalt Familie, die im Vordergrund der alltäglichen Arbeit steht. Jeder einzelne Baustein, so auch die Organisation familienorientierter Veranstaltungen, trägt zum Gestalten der familienfreundlichen Hochschule an der TU Chemnitz bei.
Familien-Portal der TU Chemnitz: https://www.tu-chemnitz.de/tu/familie/
(Autorin: Isabell Höfner, Familienservice der TU Chemnitz)
Mario Steinebach
28.04.2017
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