Autonome Pfadfinder und innovative Beschichter
Zwei Ausgründungen der TU Chemnitz wurden beim IQ Innovationspreis Mitteldeutschland 2017 mit drei hochdotierten Preisen geehrt
Für ihre PATHFINDER-Technologie zur hochgenauen Fahrzeug-Lokalisierung mittels Satellitennavigation wurde die NAVENTIK GmbH am 21. Juni 2017 mit dem Gesamtpreis des IQ Innovationspreis Mitteldeutschland 2017 ausgezeichnet. Das aus der Technischen Universität Chemnitz ausgegründete Unternehmen erhielt die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung – sowie den Clusterpreis Automotive – im Konzert- und Ballhaus Neue Welt in Zwickau. „Das automatisierte und vernetzte Fahren ist das Zukunftsthema der Automobilbranche und wird im Zusammenspiel mit neuen Antriebstechnologien die weltweite Mobilität effizienter, sicherer und umweltverträglicher machen. Die Innovation der NAVENTIK GmbH bietet das Potenzial, diesem Ziel ein großes Stück näher zu kommen“, begründet Jörn-Heinrich Tobaben, Geschäftsführer der Metropolregion Mitteldeutschland Management GmbH, die Entscheidung der Jury. Ein weiterer der insgesamt fünf mit jeweils 7.500 Euro dotierten Clusterpreise ging an die inca-fiber GmbH, ebenfalls ein Startup der TU Chemnitz. Es siegte in der Kategorie Chemie/Kunststoffe mit einem neuartigen elektrochemischen Verfahren zum Metallisieren von Kohlenstofffasern, die unter anderem für den integrierten Blitzschutz von Flugzeugen und Rotorblättern von Windkraftanlagen zum Einsatz kommen sollen.
NAVENTIK GmbH: Mit hochgenauer Fahrzeug-Lokalisierung in die Selbstständigkeit
Sven Bauer, Robin Streiter, Michael Jüttner und Peter Kalinowski, die vier Gründer der NAVENTIK GmbH, forschten bereits seit fünf Jahren an der Professur für Nachrichtentechnik der TU Chemnitz auf dem Gebiet der Satellitennavigation. Mit ihrer softwarebasierten „PATHFINDER“-Technologie ist eine hochgenaue Fahrzeug-Lokalisierung auch dann möglich, wenn das direkte Signal der Satelliten gestört wird oder die Satellitenkonstellation für eine Messung ungeeignet ist. So stehen auch in Städten jederzeit genaue Positionsdaten zur Verfügung.
Im Januar 2017 gründete das Team sein eigenes Unternehmen. Neben einer Anschubfinanzierung über das Bundesförderprogramm „EXIST-Forschungstransfer“ wurden sie auch durch das Gründernetzwerk SAXEED betreut. Aktuell laufen Forschungsprojekte mit Pilotkunden, um PATHFINDER in deren Entwicklungsumgebungen zu integrieren. 2018 sollen die ersten Lizenzen verkauft werden. Darüber hinaus durchläuft das Chemnitzer Startup gerade das Accelerator-Programm der Deutschen Bahn. Ziel ist es, neue Anwendungsfelder für die Software im Bereich der Schienenfahrzeuge und beim Einsatz von Drohnen zu entwickeln.
inca-fiber GmbH: Hightech-Fasern für intelligente Großserienprodukte
Dem Startup „inca-fiber“ der TU Chemnitz ist es gelungen, das Verfahren zur Kupferbeschichtung von Kohlenstoff-Fasern für industrielle Anforderungen zu revolutionieren. Durch das sehr gleichmäßige Verkupfern in einem automatisierten galvanischen Durchlaufprozess wird das Eigenschaftsspektrum von Kohlenstofffasern maßgeblich erweitert und bietet damit Vorteile bei elektromagnetischer Schirmung, Blitzschutz, thermischer und elektrischer Leitfähigkeit sowie hinsichtlich der Haftvermittlung in hybriden Werkstoffen. Die positiven Ergebnisse der Laborversuche wurden erfolgreich auf eine eigens entwickelte, semi-industrielle Pilotanlage übertragen. Dadurch können nun mit rund 700 Kilogramm/Jahr erstmals ausreichend große Mengen an Kohlenstoff-Fasern bereitgestellt werden, um potentielle Kunden für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit metallisierten Fasern zu beliefern und in deren Prozesskette zu integrieren. Ab 2020 soll die industrielle Produktion starten.
„inca-fiber“ steht für „Innovative Carbon Fiber“. Geleitet wird das Unternehmen von den beiden TU-Absolventen Dr. Falko Böttger-Hiller und Toni Böttger. Maßgeblich betreut wurde das Team in der Anfangsphase durch die Professoren Thomas Lampke, Bernhard Wielage und Uwe Götze. Weitere wichtige Unterstützer sind das Gründernetzwerk SAXEED und die ideentransfer GmbH. Das EXIST-Forschungstransfer-Projekt inca-fiber hat sich aus der Nachwuchsforschergruppe TranS-Ver (Transfer neuartiger Smart Fiber Verbunde in die Sächsische Industrie), die von 2011 bis 2014 an der TU Chemnitz vom Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie durch den Freistaat Sachsen gefördert wurde, entwickelt. Die Aktivitäten der inca-fiber GmbH sind mit Forschungsvorhaben der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik sowie dem Bundesexzellenzcluster MERGE vernetzt.
Stichwort: IQ Innovationspreis Mitteldeutschland
Der IQ Innovationspreis Mitteldeutschland wird von der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland und ihren Partnern in Leipzig, Halle (Saale) und Magdeburg ausgelobt. Der länderübergreifende Wettbewerb fördert neuartige, marktfähige Produkte, Verfahren und Dienstleistungen zur Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit in der Region. Beim diesjährigen Wettbewerb sind 149 Bewerbungen eingegangen, von einer Jury wurden 29 Finalisten ausgewählt. Insgesamt standen 2017 Preisgelder in Höhe von rund 70.000 EUR zur Verfügung. Zusätzlich erhalten alle mitteldeutschen Gewinner eine einjährige Mitgliedschaft in der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland. In dieser Region engagieren sich strukturbestimmende Unternehmen, Städte und Landkreise, Kammern und Verbände sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit dem gemeinsamen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und Vermarktung der traditionsreichen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturregion Mitteldeutschland. Der 14. IQ-Wettbewerb startet am 13. November 2017. www.iq-mitteldeutschland.de
Weitere Informationen zu den preisgekrönten Startups der TU Chemnitz: www.naventik.de, www.inca-fiber.de
Mario Steinebach
21.06.2017