Nachhaltig unterwegs auf Schnee und Asphalt
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bundesexzellenzcluster MERGE entwickeln Long- und Snowboards aus nachwachsenden Rohstoffen
Brett ist nicht gleich Brett, das weiß auch Dr. Jörg Kaufmann von der Professur für Textile Technologien der Technischen Universität Chemnitz. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen erforscht und erprobt er gezielt die Materialeigenschaften von Longboards. Sie haben ein Longboard designt, das nicht nur stabil und marktfähig, sondern vor allem auch nachhaltig ist. „Es besteht aus einem Sandwichaufbau. Der Kern ist aus Furnierholz von einheimischen Hölzern. Die Deckschichten bestehen aus einem besonderen Faser-Kunststoff-Verbund“, erklärt Kaufmann. Dafür seien Flachsfasern in die Matrix eines biobasierten Epoxidharzes eingebracht worden. „Der gesamte Werkstoffverbund weist eine sehr gute CO2-Bilanz auf und ist somit eine Neuheit auf dem Markt“, so Kaufmann weiter. Zwar sind die Forscher kein Herstellerunternehmen von Boards, kooperieren aber mit der 2011 aus der TU Chemnitz ausgegründeten Firma silbaerg GmbH, die sich vorrangig mit der Produktion von Snowboards beschäftigt. Dadurch ergeben sich sowohl neue Forschungsfragen aus der Industrie an die Wissenschaft, als auch wissenschaftlich fundierte Impulse für die Industrie. Dieser Wissenstransfer läuft derart erfolgreich, dass Kaufmann den Koordinator des Bundesexzellenzclusters MERGE, Prof. Dr. Lothar Kroll, für seine Unterstützung zum diesjährigen "future SAX Transferpreis" nominiert hat. "future SAX" ist ein Projekt des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Der Preis ist technologie- und branchenoffen und zielt auf Projekte, die den Fokus auf Gestaltung und Effektivität des Transferprozesses legen.
Die Zusammenarbeit der Chemnitzer Forscher erstreckt sich aber nicht nur auf die Region und den Bereich Strukturleichtbau. Mit Wissenschaftlern der Técnico Lisboa analysieren sie in einem aktuellen Projekt verschiedene Fasern hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften, Kosten und Ökobilanz. So könne später ein Snow- oder Longboard je nach Wunsch des Kunden eher mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, günstigem Preis oder neuester Technologie konfiguriert werden, beschreibt Kaufmann. Unterstützung erfährt das Projekt auch vom Prorektor für Transfer und Weiterbildung, Prof. Dr. Uwe Götze, sowie Dr. Anja Schmidt von der Professur BWL III - Unternehmensrechnung und Controlling der TU Chemnitz, die ebenfalls mit den portugiesischen Kollegen zusammenarbeiten und parallel zum Bundesexzellenzcluster MERGE noch ein DAAD-Austauschprojekt koordinieren.
Im Büro von Dr. Jörg Kaufmann liegen zwei Modelle des aktuellen Longboards, die hauptsächlich zur experimentellen Kennwertermittlung oder für die universitäre Lehre verwendet werden. Sie wurden an der TU Chemnitz in einem Pressverfahren hergestellt, das allerdings für die Großserie noch zu teuer wäre. „Wir betreiben ja Grundlagenforschung“, erklärt Kaufmann, „aber ich könnte mir vorstellen, den Produktionsprozess in der zweiten Förderphase von MERGE zu untersuchen und weiter zu optimieren.“ Bis es soweit ist, möchte die Forschergruppe ihre Ergebnisse zunächst auf der MERGE-Tagung 3rd IMTC im September 2017 präsentieren und forscht auch weiterhin am idealen Brett.
Aktuelle Veröffentlichungen zum nachhaltigen Long- und Snowboard:
Ribeiro, I.; Kaufmann, J.; Schmidt, A.; Peças, P.; Henriques, E.; Götze, U.: Fostering selection of sustainable manufacturing technologies – a case study involving product design, supply chain and life cycle performance. Journal of Cleaner Production 112 (2016), Nr. 4, S. 3306-3319
Kaufmann, J.: New Materials for Sports Equipment Made of Anisotropic Fiber-reinforced Plastics with Stiffness Related Coupling Effect. Procedia Engineering 2015 (2015), Nr. 112, S. 140 - 145. DOI: doi:10.1016/j.proeng.2015.07.189
Weitere Informationen erteilt Dr. Jörg Kaufmann, Professur Textile Technologien, E-Mail joerg.kaufmann@mb.tu-chemnitz.de, Telefon: 0371 531-36473
(Autorin: Jana Mischke)
Mario Steinebach
27.06.2017