Hand in Hand mit dem Mittelstand
Die Professur Schaltkreis- und Systementwurf der TU Chemnitz und die Agilion GmbH zeigen, wie eine erfolgreiche Kooperation zwischen Forschung und Praxis gelingt
Seit der Gründung im Jahr 2004 ist die Agilion GmbH stetig gewachsen. Die Chemnitzer Firma zählt mittlerweile zu den Weltmarktführern, wenn es um Funkortungssysteme geht. Erfreulich für die Technische Universität Chemnitz: Mitgründer und Geschäftsführer ist Sven Sieber, ein „Eigengewächs“ der TU aus der Fakultät für Informatik. Mit mittelständischen Unternehmen entwickelt er Lösungen zur Indoor-Ortung von Personen, Fahrzeugen, Werkzeugen oder Frachten.
Langjährige Kooperation
Einen wichtigen Anteil am Wachstum der Agilion GmbH hat auch die TU Chemnitz: „Wir pflegen schon seit mehreren Jahren einen engen Kontakt. Die erste offizielle Kooperation mit meiner Professur entstand 2006 mit dem so genannten „Robo-Tool-Projekt“, sagt Dr. Marko Rößler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Schaltkreis- und Systementwurf. Damals handelte es sich um ein Vorhaben zur Entwicklung einer funkbasierten Kontroll- und Steuereinheit für Roboter – ein Thema, für das die Zusammenarbeit von Sieber und Rößler prädestiniert war. Im gleichen Jahr sollten der Informatiker und der Ingenieur wieder für ein langfristiges Projekt kooperieren. Im Rahmen der Initiative „Unternehmen Regionen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte die TU Chemnitz seit 2006 kleine und mittelständische Unternehmen, unter anderem durch die Entwicklung einer generalisierten Steuerplattform zur Verarbeitung von Sensordaten. Nichtsdestotrotz: „Auch die vielen bestehenden persönlichen Kontakte und die Tatsache, dass wir unsere Netzwerke pflegen und stätig ausbauen, hat uns letztendlich immer wieder zusammengebracht“, betonen Rößler und Sieber einstimmig.
Auf den ersten Blick scheint es, als ob sich die Arbeit an der TU Chemnitz und die eines KMU grundsätzlich unterscheiden. Während die Universität viele Freiräume, etwa bei Forschungsvorhaben, genieße und in fachlichen und disziplinären Breite sehr gut aufgestellt sei, agiere ein mittelständisches Unternehmen wie Agilion in einem industriellen Kontext und müsse zuverlässige Produkte für ihre Kunden und Kundinnen realisieren.
Synergien nutzen
Trotzdem bestehen viele Anknüpfungspunkte für Synergieeffekte – von beiden Seiten. „Beispielsweise legen wir am Institut für Informationstechnik nicht nur einen starken Fokus auf Grundlagenforschung, sondern treiben auch viele Projekte nah am Anwender voran“, erklärt TU-Mitarbeiter Rößler. Sieber ergänzt: „Wir als Agilion fokussieren uns bei unseren Forschungsarbeiten auf Technologieareale und Lösungen, die in industriellen Applikationen anwendbar sind. Mit unserer Nähe zur TU profitieren wir von der dortigen Forschung.“
Fernab von Forschungsprojekten zwischen Universitäten und Wirtschaft birgt die Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Institutionen und Unternehmen auch viele Möglichkeiten zur Nachwuchsförderung. „Wir bieten dem wissenschaftlichen Nachwuchs regelmäßig interessante Themen für Abschlussarbeiten. In diesem Rahmen bieten sich natürlich auch Chancen für eine Tätigkeit bei uns nach dem Studium“, sagt Sieber. Doch gerade studentische Abschlussarbeiten gemeinsam mit Unternehmen können manchmal auch problematisch sein: „Die Studierenden sollen ja nicht nur günstige Arbeitskräfte sein, sondern bei diesem wichtigen letzten Schritt der Ingenieursausbildung wirklichen Mehrwert und Innovation schaffen und dabei wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Da ist es grundlegend, wenn man Industriepartner hat, mit denen man enge Kontakte und Vertrauen pflegt“, meint Rößler.
Die Arbeitswelt von morgen mitgestalten
Sowohl Informatiker Sieber, als auch TU-Ingenieur Rößler haben ihren Blick gen Zukunft gerichtet: „Mich interessieren vor allem die Fragen, wie die Arbeitswelt in 20 Jahren aussehen wird und welche Vorteile wir aus zukünftigen Entwicklungen im Bereich Mensch-Maschine-Interaktion erlangen können. Ich denke außerdem, dass der Mensch durch die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung intuitiv mit Maschinen und technischen Systemen in industriellen Prozessen und Logistik interagieren wird“, erklärt Sieber. „Speziell mit Fokus auf Funkortung im Indoor-Bereich sind wir gerade erst am Anfang. Die ganze Thematik wird in Zukunft noch weit mehr Lebenswelten erfassen, zum Beispiel bei der Haus-Automation, aber auch in den Bereichen ‚Virtual‘ und ‚Augmented Reality‘. Für uns steckt da noch sehr viel Forschungspotenzial drin“, ist sich Rößler sicher.
(Autor: Lars Meese)
Matthias Fejes
06.03.2018