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Mit neuem Skibelag auf „Goldkurs“

TU Chemnitz entwickelt gemeinsam mit dem Skihersteller GERMINA Sportwelt GmbH einen innovativen Skibelag mit exzellenten Gleiteigenschaften

Für ein geschmeidiges Gleiten über den Schnee ist beim Skifahren der ein bis zwei Millimeter dicke Belag entscheidend – sowohl auf der Urlaubsloipe als auch beim Kampf um Meter und Sekunden im Wintersport. Die Gleitfähigkeit der Laufflächenbeschichtungen der Ski werden insbesondere durch die Härte der Oberfläche, die Höhe der Wachsaufnahme sowie die Beständigkeit der Eigenschaften über einen langen Nutzungszeitraum bestimmt. Diesen Kriterien gerecht zu werden und gleichzeitig eine möglichst wirtschaftliche Produktionsweise zu entwickeln, ist eine Herausforderung, der sich die Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK) der Technischen Universität Chemnitz sowie das in Unterschönau (Thüringen) ansässige Unternehmen GERMINA Sportwelt GmbH gestellt hat. „Herkömmliche Produktionsverfahren für Skibeläge sind aufgrund des erheblichen Zeit- und Energieaufwandes, den sie mit sich bringen, sehr teuer. Hinzu kommen mitunter starke materialbedingte Schwankungen in der Qualität, die durch den pulverförmigen Kunststoff entstehen, der in den Belägen von Ski und Snowboards zum Einsatz kommt und der sich nur schwer gleichmäßig verteilen lässt“, erläutert Matthias Neubert, Mitarbeiter an der Professur SLK. „Durch diese Wechselhaftigkeit werden umfangreiche Produkttests erforderlich, wodurch die Konkurrenzfähigkeit des Produktes am Markt sinkt.“

In nur einem Schritt zum Skibelag

Um dem entgegenzuwirken, wählten die Mitglieder des Projektteams Polyethylene aus Makromolekülen (Moleküle, die aus tausend und mehr Atomen aufgebaut sind) als Ausgangsmaterial für die Beläge und damit Kunststoffe, die im schmelzflüssigen Zustand eine gerade ausreichende Fließfähigkeit für eine Verarbeitung im sogenannten Extrusionsverfahren aufweisen. In diesem Fertigungsverfahren wird der bei circa 270 Grad Celsius erhitzte und dadurch teigartige Kunststoff unter hohem Druck mittels einer schraubenähnlichen Extruder-Schnecke durch formgebende Düsen gepresst, gezielt auf eine aus mehreren Stahlwalzen bestehende Kalanderanlage abgelegt und dort gepresst. Die Vorzüge dieses Verfahrens sind, dass nach dem Abkühlen ein fertiger Belag entsteht und überdies eine kontinuierliche Verarbeitung möglich ist. Dank dieser Tatsache gelang den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Rahmen des Projekts die Herstellung der Laufflächenbeschichtung in nur einem Schritt. Die Zusammensetzung des Materials, die in der Kunststofftechnik als Compoundierung bezeichnet wird, und die Belag-Extrusion sind hier keine getrennten Vorgänge mehr, sondern laufen direkt hintereinander ab. „Dieses Direktverfahren besitzt das Potenzial, die Anlagen-, Personal- und Energiekosten deutlich zu reduzieren und die Effizienz der Produktion auf diese Weise enorm zu steigern“, sagt Neubert.

Feinstverteiltes Wachs und ein Trick beim Kleben

Mit einem speziellen Zusatzstoff gelang es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern überdies, wachsartige Substanzen feinstverteilt und dauerhaft in das Material zu binden. Der Clou dabei: Ist das Wachs bereits im Skibelag enthalten, hat dieser bereits von Werk aus eine Grundgleitfähigkeit. Das bedeutet weniger Vorbereitungszeit für die Wintersportfans und verkürzt gleichzeitig den Herstellungsprozess. Dennoch ist die Materialherstellung nicht ohne Herausforderungen. „Damit die verwendeten Kunststoffe überhaupt im Extrusionsverfahren verarbeitet und die technologischen und wirtschaftlichen Vorteile dieses Vorgehens genutzt werden können, sind eine besonders leistungsfähige Anlage sowie eine Anpassung der Prozessparameter notwendig“, erklärt Neubert. „Hochmolekulare Polyethylene, wie die von uns verwendeten, sind äußerst schmelzfest. Daher ist nicht jede Extrusionsanlage geeignet. Für die Aufbereitung des Kunststoffes müssen die Rahmenbedingungen und der Aufbau der Extruder-Schnecken so angepasst werden, dass sämtliche Hilfsstoffe, die hinzugefügt werden, um die gewünschten Eigenschaften zu erreichen, homogen in der Schmelze verteilt werden, ohne dabei mechanische Eigenschaften des Polymers einzubüßen“, führt der Wissenschaftler weiter aus.

Für die Weiterverarbeitung holte TU-Forscher Florian Tautenhain das thüringische Unternehmen GERMINA mit ins Boot. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Skiherstellers fügten Skibelag und Ski-Kern zusammen – keine ganz einfache Aufgabe, denn in diesem Prozess spielt vor allem eine Eigenschaft eine große Rolle: die Adhäsion. „Aufgrund ihrer geringen Oberflächenenergie gleiten die entwickelten Beschichtung zwar sehr gut auf Schnee, jedoch ist die Benetzung mit Klebstoffen und folglich die Verbindung mit dem Skikern herausfordernd“, erläutert Tautenhain. In Kombination mit ihrer geringen Polarität, die die Ausbildung von Haftungskräften erschwert, seien sie daher deutlich schwieriger zu verkleben als zum Beispiel Metalle. Das Projektteam unterzieht die neuartigen, wachsadditivierten Skibeläge daher einer speziellen Vorbehandlung: Das Material wird zunächst angeraut und dann einer sogenannten Beflammung unterzogen. Dabei wird der Belag über eine Gasflamme gezogen und dessen Oberflächenenergie auf diese Weise erhöht. Anschließend werden die Beläge mithilfe etablierter Technologien auf Skipressen verklebt und dauerhaft mit dem Ski-Kern verbunden.

Kunststoff-Forschung und Skihersteller profitieren voneinander

Neben der Klebetechnik entwickelte GERMINA auch die Prüfvorrichtung, die den Erfolg des von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) geförderten Projektes messbar werden ließ. Die innovative Entwicklung konnte dabei sowohl für Hobby- als auch für Profianwender mit positiven Ergebnissen aufwarten. „Während die besondere Gleitfähigkeit innerhalb des Forschungsvorhabens bereits getestet und bestätigt werden konnte, wird die Dauerstandfestigkeit der Beläge aktuell noch geprüft“, berichtet Sigmar Holland-Moritz, Entwicklungsingenieur bei GERMINA. „Dabei ist deutlich geworden, dass die Schlagzähigkeit der Beläge, also deren Fähigkeit Stoß- und Schlagenergie zu absorbieren, noch gesteigert werden muss, um Schädigungen des Materials durch Fremdkörper im Schnee zu verhindern“, fasst er die bisherigen Testergebnisse zusammen.

Sobald dies behoben ist und sich die Skibeläge auch in Langzeittests bewährt haben, dürften sich nicht nur Wintersportfans über die positiven Effekte der neuartigen Laufflächenbeschichtung freuen. Denn während die verbesserten Gleiteigenschaften für mehr Fahrspaß sorgen, ist mit der Wirtschaftlichkeit der untersuchten Herstellungsverfahren auch die Grundvoraussetzung für eine serielle Produktion erfüllt. Dies könnte kleineren Herstellern einen technischen Vorsprung und damit einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb mit marktbeherrschenden Großunternehmen verschaffen. „Im Idealfall könnten die neue Skibeläge Wintersportler und Skihersteller gleichermaßen auf Goldkurs führen“, sagt Neubert.

Weitere Informationen erteilt Matthias Neubert, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung, Telefon 0371 531-33425, E-Mail matthias.neubert@mb.tu-chemnitz.de

(Autorin: Eva Laurie)

Mario Steinebach
22.01.2020

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