Prävention durch Information
Ein Einblick in die Klassifikation von Substanzgebrauchsstörungen:
Die in vielen Bereichen als „Suchterkrankungen“ bezeichneten Substanzgebrauchsstörungen zeigen sich laut des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders [5. Ausgabe (DSM-5)] dann, wenn eine Person eine Substanz weiterhin konsumiert, auch wenn dadurch erhebliche Probleme auftreten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Person die Kontrolle darüber verliert, wie oft und wie viel von der Substanz konsumiert wird. Auch das Entstehen sozialer Beeinträchtigungen, unter anderem durch eine Vernachlässigung von Pflichten bei der Arbeit oder zu Hause, ist typisch. Weiterhin kann es zu einem riskanten Einsatz, z.B. beim Autofahren, kommen. Bei einer Substanzgebrauchsstörung kommt es häufig auch zu körperlichen Veränderungen im Sinne einer Toleranzentwicklung und von Entzugserscheinungen. Toleranzentwicklung bedeutet, dass sich der Körper an die Substanz gewöhnt, sozusagen mehr „verträgt“. Folglich muss eine größere Menge konsumiert werden, um dieselbe Wirkung wie am Anfang des Substanzgebrauchs zu erzielen. Entzugserscheinungen sind unerwünschte und oft sehr unangenehme körperliche Folgen, wenn eine Substanz nicht mehr eingenommen wird.
Was zählt eigentlich alles zu „Substanzen“ oder „Suchtmitteln“?
Prinzipiell ist darunter jede Substanz zu verstehen, welche die Wahrnehmung, das Denken, Fühlen und Handeln einer Person beeinflusst.
Tatsächlich ist auch Koffein eine sog. psychotrope Substanz. Man kann solche Substanzen in natürlich (z.B. Cannabis), halbsynthetisch (z.B. LSD) und synthetisch (z.B. Crystal Meth) einteilen. Rechtlich gesehen sind einige Substanzen legal und gesellschaftlich anerkannt (Alkohol, Nikotin), auch wenn sie ebenso wie illegale Substanzen (z.B. Kokain) zu einer Substanzgebrauchsstörung führen können. Zudem kann man Substanzen nach ihrer Wirkung in Sedativa (beruhigende Wirkung) / Hypnotika (schlaffördernde Wirkung), Stimulanzien (anregende Wirkung) und Halluzinogene (bewusstseinserweiternde Wirkung) einteilen.
Mechanismen einer Substanzabhängigkeit
Unser Gehirn lernt und passt sich stetig an. Anhand von einfachen Lernprozessen des operanten Konditionierens lässt sich auch die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Abhängigkeit von einer psychotropen Substanz erklären. Wenn eine Substanz eingenommen wird, kommt es zu einem „Kick“ in unserem Belohnungssystem. Das ist ein sehr angenehmer, wünschenswerter Zustand. Diese Verbindung zwischen dem Konsum einer Substanz und dem nachfolgenden angenehmen Gefühl wird von unserem Gehirn erlernt und bei jedem weiteren Konsum verstärkt (sogenannte positive Verstärkung), es bildet sich das Suchtgedächtnis aus. Des Weiteren kann es zur Einnahme von Substanzen kommen, um unangenehmen Zuständen zu entfliehen (sogenannte negative Verstärkung). Das kann zunächst Alltagsstress und eine allgemeine schlechte Stimmung sein. Wenn sich eine Abhängigkeit entwickelt hat, dient der Konsum auch der Vermeidung von Entzugssymptomen.
Natürlich spielen auch weitere Faktoren in der Entwicklung einer Substanzgebrauchsstörung eine Rolle, z.B. die Art der Einnahme, das Suchtpotential der Substanz selbst oder auch situative und persönliche Faktoren.
Körperliche vs. Psychische Abhängigkeit
Wenn sich aufgrund der Toleranzentwicklung körperliche Entzugssymptome (s.o.) entwickelt haben, kann von einer körperlichen Abhängigkeit gesprochen werden. Dies kann beispielsweise bei der Anwendung von abschwellendem Nasenspray auftreten, ohne dass eine psychische Abhängigkeit entsteht. Die Nasenschleimhäute gewöhnen sich schnell an den Wirkstoff des Nasensprays und reagieren beim Absetzen mit Zuschwellen. Um diesen Zustand zu vermeiden, wird das Spray länger und in höherer Dosierung als verordnet weiter genommen und es kann zur Schädigung der Nasenschleimhäute kommen. Es gibt jedoch auch Substanzen, deren Gefahren durch ein hohes Suchtpotential vor allem in der Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit liegen. Dies ist z.B. bei Kokain der Fall, welches nach der meist nasalen Einnahme zu einer pulsartigen Ausschüttung des Belohnungs-Botenstoffes Dopamin mit einhergehender Euphorie beiträgt. Hat sich eine Abhängigkeit entwickelt, entsteht ein starkes Verlangen, die Substanz wieder zu nehmen.
Verhaltenssüchte
Zudem gibt es noch nicht stoffgebundene Süchte. Sogenannte Verhaltenssüchte beschreiben die zwanghafte und exzessive Wiederholung von bestimmten Verhaltensweisen. Zu den Verhaltenssüchten zählen z.B. pathologisches Glücksspiel, Internet-Gaming, exzessives Shopping, exzessives Essverhalten und exzessives Sexualverhalten. Die Ausübung dieser Verhaltensweisen aktiviert dieselben mit Belohnung in Verbindung stehenden Regionen im Gehirn wie der Konsum von Substanzen und führt bei Betroffenen zu einer ähnlichen Symptomatik wie bei einer Substanzabhängigkeit inklusive Kontrollverlust, Toleranzentwicklung, Wiederholungszwang und (eher schwächeren) Entzugserscheinungen. Probleme im sozialen Umfeld und am Arbeitsplatz können unter anderem die Folge sein, wenn eine Verhaltenssucht so viel Raum einnimmt, dass Betroffene den Anforderungen des alltäglichen Lebens nicht mehr gerecht werden.