Zwischen Europawahl und Ernennung der Europäischen Kommission
Rainer Wieland MdEP, Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, war am 28. Oktober 2014 zu Gast bei den Chemnitzer Europa-Studien
Im Mai 2014 fanden europaweit die achten Direktwahlen zum Europäischen Parlament statt. Diese Wahlen waren gerade für Deutschland von einigen Neuerungen geprägt, etwa was die Anzahl der deutschen Mandate und die Sperrklausel angeht, die das Bundesverfassungsgericht wenige Monate zuvor gekippt hatte. Zudem nominierten die Parteifamilien im Vorfeld der Europawahl erstmals Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten. Damit hatte die Wahl zum Europäischen Parlament mehr Einfluss auf die Zusammensetzung der Europäischen Kommission als je zuvor. Die neue Europäische Kommission um ihren Präsidenten Jean-Claude Juncker soll in wenigen Tagen ihre Arbeit aufnehmen.
Zuvor jedoch mussten alle von Jean-Claude Juncker vorgeschlagenen Kommissare im Europäischen Parlament „auf den Grill“. Das heißt, dass die Politiker sich in den zuständigen Ausschüssen Fragen der Abgeordneten stellen müssen. Überzeugt ein Kandidat dabei gar nicht, kann das Parlament notfalls der gesamten Kommission die Zustimmung verweigern. Mit Rainer Wieland, Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, konnte die Jean-Monnet-Professur für Europäische Integration der TU Chemnitz nun einen Referenten gewinnen, der diesen Prozess mitgesteuert hat. Dass das Europäische Parlament die Kandidaten keineswegs nur „durchgewunken“, sondern intensiv auf persönliche und fachliche Eignung geprüft hat, wertete Wieland in seinem Vortrag als Zeichen der Aufwertung des Europäischen Parlaments, das sich „von einem Debattierclub hin zum vollwertigen Gesetzgeber“ entwickelt habe. Dazu gehöre auch, dass einzelne Kommissions-Personalien noch einmal angepasst werden mussten.
Im Anschluss an seinen Vortrag beantwortete Wieland zahlreiche Fragen der Chemnitzer Studierenden. Im Fokus standen dabei die Auswirkungen der Abschaffung der Sperrklausel in Deutschland, das Vorgehen gegen die zu niedrige Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament und die europäische Position zur aktuellen Entwicklung in der Ukraine. Prof. Niedobitek, der die Diskussion moderierte, freute sich über das rege Interesse der Studierenden: „Es zeigt sich immer wieder, dass es sich lohnt, die in Chemnitz erlernte europarechtliche Theorie mit Erfahrungen aus der politischen Praxis zu kontrastieren. Dabei erlebt man so manche Überraschung.“
Der Kontakt zu Vize-Präsident Wieland wurde über die Europa-Union Deutschland e.V. hergestellt, mit der die Jean-Monnet-Professur die Veranstaltung gemeinsam organisiert hat. Wieland selbst ist Präsident der Europa-Union Deutschland e.V. und lobte vor diesem Hintergrund auch das Engagement der Chemnitzer Studierenden, von denen eine große Zahl Mitglied der Jugendorganisation des Verbandes ist. Die Europa-Union Deutschland e.V. kooperiert auf Projektbasis auch mit weiteren Bereichen der TU Chemnitz, etwa mit der Professur „Soziologie mit dem Schwerpunkt Empirische Sozialforschung“.
Weitere Fragen beantworten Prof. Dr. Matthias Niedobitek, E-Mail matthias.niedobitek@phil.tu-chemnitz.de, und Marcus Hornung, E-Mail marcus.hornung@phil.tu-chemnitz.de.
(Autor: Marcus Hornung)
Mario Steinebach
29.10.2014